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Artikel und Hintergründe zum Thema

Chemikalien-Exposition

Humanbiomonitoring für 7-Hydroxycitronellal

7-Hydroxycitronellal ist ein in unserer Gesellschaft weit verbreiteter Duftstoff, der in vielen Produkten des alltäglichen Gebrauchs eingesetzt wird. Zwischen 10 und 50 % der Hygieneprodukte enthalten 7-Hydroxycitronellal [1-3]. Um die Exposition des Menschen mit 7-Hydroxycitronellal beurteilen zu können, wurde eine UPLC-MS/MS-Methode entwickelt mit deren Hilfe die zuvor identifizierten Metaboliten des 7-Hydroxycitronellals im Urin quantitativ bestimmt werden können.

7-Hydroxycitronellal ist ein Duftstoff, der nach Flieder, Lilien und Maiglöckchen riecht. Vor allem Hautcremes, Duschgele, Parfüms und Waschmittel enthalten die Chemikalie. (Bild: Fotolia / Barbara Pheby)

7-Hydroxycitronellal ist ein Duftstoff, der nach Flieder, Lilien und Maiglöckchen riecht und sich daher gut für den Einsatz in Hygieneprodukten eignet. Vor allem Hautcremes, Duschgele, Parfüms und Waschmittel enthalten die Chemikalie. Allerdings ist die zugelassene Konzentration je nach Produkt auf 0,1–3,6 % beschränkt, da 7-Hydroxycitronellal als Kontaktallergen gilt, das in höheren Konzentrationen Hautirritationen hervorrufen kann [1, 2]. Die tatsächliche Belastung der Allgemeinbevölkerung durch den Duftstoff konnte allerdings bislang nicht untersucht werden.

Daher wurde 7-Hydroxycitronellal 2015 für die Entwicklung einer Humanbiomonitoring-(HBM-)Methode im Rahmen eines Kooperationsprojekts zwischen dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) und dem Verband der Chemischen Industrie e.V. (VCI) ausgewählt. Die Kooperation wurde 2010 gestartet und soll zur Entwicklung von bis zu 50 HBM-Methoden bis 2020 führen. Ausgewählt werden hierbei Chemikalien, die vermehrt von Menschen aufgenommen werden können und/oder eine besondere Gesundheitsrelevanz haben könnten [4].

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Auch international existieren Projekte, die den Aufbau von HBM-Methoden fördern und umfangreiche Bevölkerungsstudien zur Belastung mit Chemikalien durchführen. So wurden in den USA bereits 1967 erste HBM-Untersuchungen der Bevölkerung auf Blei durchgeführt. 1990 wurden die HBM-Untersuchungen des Center for Disease Control and Prevention (CDC) im Rahmen des National Health and Nutrition Examination Survey (NHANES) deutlich ausgeweitet [5]. Auch die EU arbeitet seit 2009 im Consortium to Perform Human Biomonitoring on a European Scale (COPHES) an neuen HBM-Methoden und untersucht die Belastung der Allgemeinbevölkerung mit beispielsweise Quecksilber oder Bisphenol A [6].

Humanbiomonitoring-Plattform auf europäischer Ebene schaffen
2017 wurde mit der European Humanbiomonitoring Initiative (HBM4EU) ein neues Projekt ins Leben gerufen, an dem insgesamt 28 hauptsächlich der EU angehörende Länder mitwirken. Ziel der Projekte ist es, einen Überblick über die Exposition der Allgemeinbevölkerung oder bestimmten Gruppen der Bevölkerung mit Chemikalien, die vermehrt in der Umwelt auftreten, erfassen zu können bzw. bereits vorhandene Methoden zu harmonisieren und somit eine robuste Humanbiomonitoring-Plattform auf europäischer Ebene zu schaffen [7].

Bild 1: Postulierter Metabolismus des 7-Hydroxycitronellal. Nur die unkonjugierten Formen sind gezeigt.

Im Humanbiomonitoring werden menschliche Körperflüssigkeiten und -gewebe auf ihre Belastung mit Schadstoffen untersucht [8]. Eine der am häufigsten verwendeten Matrices ist dabei Urin, da dieser in ausreichend großem Volumen und vor allem ohne invasiven Eingriff gesammelt werden kann. Chemikalien wie 7-Hydroxycitronellal werden nach Aufnahme im Körper metabolisiert, so dass eine Analytik des Stoffes selbst nicht zielführend ist. Um die vorher unbekannten Metaboliten des Duftstoffes identifizieren zu können, wurde im Rahmen unserer Untersuchungen fünf Probanden 7-Hydroxcitronellal je einmal oral und dermal appliziert und die Urinfraktionen der nächsten 48 h vollständig gesammelt und analysiert. Dabei konnten zwei Metaboliten, die 7-Hydroxycitronellylsäure und der entsprechende Alkohol, 7-Hydroxycitronellol, identifiziert und quantifiziert werden (Bild 1).

Da die gemessenen 7-Hydroxycitronellol-Konzentrationen ca. 1000-fach niedriger sind als die der 7-Hydroxycitronellylsäure und somit der Alkohol nur in sehr hoch belasteten Proben (wie die Proben der durchgeführten Metabolismusstudie) messbar sind, wurde in der finalen analytischen Methode nur die 7-Hydroxycitronellylsäure als Biomarker für die Exposition berücksichtigt.

Vor der Extraktion: Enzymatische Spaltung
Viele über den Urin ausgeschiedene Stoffe, wie auch die 7-Hydroxycitronellylsäure, werden (teilweise) vorher im Körper glucoronidiert oder sulfatiert (allgemein: konjugiert), um die Löslichkeit im Urin zu erhöhen. Diese sogenannten Phase-II-Metaboliten werden vor Beginn der Probenextraktion mit Hilfe der Enzyme ß-Glucoronidase und Arylsulfatase gespalten, um so die Gesamtheit des Metaboliten (konjugiert + unkonjugiert) bestimmen zu können. Um die effektive Spaltung durch die Enzyme zu gewährleisten, wird zuvor der pH-Wert mit Hilfe eines Acetatpuffers auf 5,1 eingestellt und die Proben anschließend bei 37 °C über 3 h inkubiert.

Bild 2: Normierte 7-Hydroxycitronellylkonzetrationen der 40 Probenurine aus der Allgemeinbevölkerung

Flüssig-flüssig-Extraktion
Nach der enzymatischen Spaltung erfolgt die eigentliche Probenextraktion. Dazu wird die Probe mit Phosphorsäure angesäuert und 7-Hydroxy-citronellylsäure anschließend mit Hilfe einer Flüssig-flüssig-Extraktion mit Dichlormethan extrahiert. Nach Zentrifugation wird die organische Phase isoliert, verdampft und der Rückstand wird in einer Methanol/Wasser-Mischung wieder aufgenommen. Das so erhaltene Extrakt wird zur Analyse in ein UPLC-MS/MS-System injiziert.

Chromatographie mit C18-UPLC
Um die aufgearbeitete Probe nach Injektion analysieren zu können, wird der Analyt mittels einer C18-UPLC-Säule (stationäre Phase) und einem Gradienten bestehend aus Wasser mit 0,1 % Ameisensäure und Acetonitril mit 0,1 % Ameisensäure (mobile Phase) von störenden Matrixbestandteilen abgetrennt und anschließend über ein Triple-Quadrupol-Massenspektrometer (MS/MS) detektiert. Triple-Quadrupole sind hierfür als Analysatoren besonders gut geeignet, da wegen der komplexen Probenmatrix eine spezifische Detektion erforderlich ist, die durch Verwendung von zwei Massenfragmenten des Analyten (Übergang von Mutter- auf Tochtermassenfragment) im MS/MS-System gegeben ist. Darüber hinaus verfügt der MS/MS-Detektor über die erforderliche Linearität des Signals über einen weiten Konzentrationsbereich.

Messung von 40 Realproben
Um die praktische Anwendung der Methode zu testen, wurden nach erfolgter Validierung der Methode 40 Urinproben von Freiwilligen im Alter zwischen 18 und 83 Jahren analysiert. In allen Proben konnte 7-Hydroxycitronellylsäure quantifiziert werden (Bild 2). Es kann also von einer gewissen Grundbelastung der Bevölkerung mit 7-Hydroxycitronellal ausgegangen werden. Gleichzeitig kann geschlussfolgert werden, dass die Methode sensitiv genug ist, um die Level der 7-Hydroxycitronellylsäure in Urinproben der Normalbevölkerung erfassen zu können. Um die unterschiedlichen Verdünnungen des Urins miteinbeziehen zu können, wurde der Kreatiningehalt der Proben mit Hilfe einer photometrischen Methode bestimmt und die Konzentrationen an 7-Hydroxycitronellylsäure auf den Kreatiningehalt normiert.

Fazit
Die entwickelte HBM-Methode erlaubt die quantitative Bestimmung von 7-Hydroxycitronellylsäure, dem Hauptmetaboliten des 7-Hydroxycitronellals, mit ausreichender Empfindlichkeit. Nach erfolgter enzymatischer Spaltung erfolgt eine Flüssig-flüssig-Extraktion und anschließende Analyse mit Hilfe von UPLC-MS/MS. Anhand der erhaltenen Werte können Rückschlüsse über die aufgenommene Menge 7-Hydroxycitronellal im Menschen gezogen werden.

Originalpublikationen
Stoeckelhuber M, Krnac D, Pluym N, Scherer M, Leibold E, Scherer G (2017) A validated UPLC–MS/MS method for biomonitoring the exposure to the fragrance 7-hydroxycitronellal. Journal of Chromatography B 1068-1069 (Supplement C):261-267. doi:https://doi.org/10.1016/j.jchromb.2017.10.040.

Stoeckelhuber M, Krnac D, Pluym N, Scherer M, Peschel O, Leibold E, Scherer G (2017) Human metabolism and excretion kinetics of the fragrance 7-hydroxycitronellal after a single oral or dermal dosage. International Journal of Hygiene and Environmental Health. doi:https://doi.org/10.1016/j.ijheh.2017.10.015.

Referenzen
[1] Scientific Commitee on Consumer Safety (SCCS) (2012) Opinion on Fragrance allergens in cosmetic products.

[2] Buckley DA (2007) Fragrance ingredient labelling in products on sale in the U.K. The British journal of dermatology 157 (2):295-300. doi:10.1111/j.1365-2133.2007.08018.x.
[3] Rastogi SC, Johansen JD, Frosch P, Menne T, Bruze M, Lepoittevin JP, Dreier B, Andersen KE, White IR (1998) Deodorants on the European market: quantitative chemical analysis of 21 fragrances. Contact Dermatitis 38 (1):29-35. doi:10.1111/j.1600-0536.1998.tb05633.x.
[4] Kolossa-Gehring M, Fiddicke U, Leng G, Angerer J, Wolz B (2016) New human biomonitoring methods for chemicals of concern-the German approach to enhance relevance. Int J Hyg Environ Health. doi:10.1016/j.ijheh.2016.10.012
[5] Stokstad E (2004) Pollution Gets Personal. Science 304 (5679):1892-1894. doi:10.1126/science.304.5679.1892.
[6] COPHES. (2012). http://www.eu-hbm.info/cophes. Accessed 08.02.2018 2018
[7] Umweltbundesamt (2017) Human-Biomonitoring in Europa. https://www.umweltbundesamt.de/themen/gesundheit/belastung-des-menschen-ermitteln/human-biomonitoring-in-europa#textpart-2. Accessed 20.02.2018 2018
[8] Umweltbundesamt (2017) Human-Biomonitoring. https://www.umweltbundesamt.de/themen/gesundheit/belastung-des-menschen-ermitteln/humanbiomonitoring. Accessed 01.02.2018.

AUTOREN
Markus Stöckelhuber
Dr. Nikola Pluym
Dr. Max Scherer
Prof. Dr. Gerhard Scherer
ABF Analytisch-biologisches Forschungslabor GmbH, Planegg
E-Mail: gerhard.scherer@abf-lab.com
http://www.abf-lab.com

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