Das vernetzte Labor

Konnektivität durch Digitalisierung

Der Autor beschreibt, welche Möglichkeiten die Digitalisierung für eine übergreifende Konnektivität mit Hilfe eines Laboratory Execution Systems (LES) in Laboren bietet.

Effizienter, produktiver und ressourcenschonender – die Digitalisierung und die damit einhergehenden Vorteile sind längst den Laboren dieser Welt bekannt. Software-Lösungen wie LIMS oder ELN sind inzwischen weit verbreitet. Doch um die gesamte Konnektivität abzu- decken, also für ein „Connected Lab“, müssen alle notwendigen Geräte und Sensoren, unabhängig vom Hersteller, verknüpft und alle Daten zentral erfasst werden.

Die manuelle Dateneingabe zu Proben, Experimenten, Laborabläufen oder Instrumenten nimmt einen großen Teil der Arbeitszeit der Laboranten ein. Eine Studie von CrowdFlower [1] zeigte zudem, dass Data Scientists bis zu 60 Prozent ihrer Zeit damit verbringen, Daten zu formatieren und zu bereinigen. Dies ist notwendig, damit die Daten analysiert und genutzt werden können. Ein erheblicher Mehraufwand, der sich durch digitale Lösungen reduzieren ließe. Auf dem Markt existieren bereits viele Produkte für die Digitalisierung von Laboren und neue Softwarelösungen, auch Geräte werden in einem rasanten Tempo entwickelt. Folglich haben Unternehmen oft Schwierigkeiten, mit den Entwicklungen Schritt zu halten.

Viele Unternehmen haben zwar bereits mit der Digitalisierung ihrer Labore begonnen und beispielsweise ein elektronisches Laborbuch (Electronic Lab Notebook/ELN) oder einen digitalen Genehmigungsprozess implementiert. Auch Laborinformationsmanagementsysteme (LIMS) brachte die Digitalisierung in Laboren voran. Doch dies sind nur einzelne Teile des komplexen Puzzles der vollständig vernetzten Laborumgebung. Denn die zum Teil weiterhin manuell durchgeführte Eingabe durch Laborpersonal birgt die Gefahr menschlicher Fehler.

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Um dies zu optimieren, haben viele moderne LIMS-Anbieter Funktionen in ihre Software integriert, um Daten von Geräten für eine effizientere Verarbeitung zu extrahieren. Dennoch bleibt die Zusammenführung aus verschiedenen Instrumenten eine Herausforderung, da ein LIMS nicht in der Lage ist, Geräte zu überwachen oder die Datenübertragung zu automatisieren.

Übergreifende Konnektivität

Das übergeordnete Ziel der Digitalisierung im Labor ist es, das Personal zum Leiter des Experiments zu machen. Wie bei einem Orchester soll der Laborant nicht mehr als einzelner Musiker, sondern als Dirigent fungieren. Dies ermöglicht ihm, den Überblick über alle Komponenten zu behalten und diese zu steuern. Denn unabhängig von Funktion und Hersteller ist alles miteinander verknüpft. Dafür ist ein Laboratory Execution System (LES) nötig, welches einen zentralen Betriebspunkt bietet, um Geräte zu überwachen und zu automatisieren. Durch eine übergreifende Konnektivität ist es Laboren möglich, Skalierbarkeit zu erhöhen, indem sie eine reibungslose Transformation von Prozessen und eine schnelle Implementierung neuer Geräte bzw. Sensoren erfolgen kann.

Ein LES kann mit einem Betriebssystem eines Computers verglichen werden, das Prozesse, Speicher, Software und Hardware steuert. Es visualisiert diese Elemente über eine benutzerfreundliche Oberfläche. In ähnlicher Weise steuert ein LES die gesamten Daten, Geräte und Prozesse eines Labors und visualisiert sie dann in Workflows, was Wissenschaftlern einen besseren Überblick über ihre Projekte gibt. Darüber hinaus verbindet ein solches Betriebssystem alle Hardwareelemente. Zu einem Computerbetriebssystem kann beispielsweise ein Drucker als Hardwareelement hinzugefügt werden, während sich in ein LES leicht ein weiteres Messgerät integrieren lässt.

Mit der Verknüpfung aller notwendigen Ressourcen findet eine Verschiebung der Rollen und Verantwortlichkeiten im neuen vernetzten System statt. Das Laborpersonal orchestriert seine Experimente und kann sich so verstärkt auf den Wissenstransfer im Team konzentrieren. Die Einsparung der manuellen Eingabe reduziert nicht nur die aufzuwendende Zeit, sondern auch potenzielle menschliche Fehler.

Ein LES lässt sich mit der bereits bestehenden Infrastruktur verbinden und kann in weiteren Schritten flexibel erweitert werden. Eine umfassende Konnektivität kann im Laborbetrieb zu mehr Leistung und Flexibilität führen. Bereits vor der Implementierung werden die Konnektivitätsziele und die damit verbundenen individuellen Forschungsanforderungen bestimmt. So kann ein einzigartiges, genau auf individuelle Bedürfnisse zugeschnittenes LES entstehen. Wenn ein Labor beispielsweise auf die Lagerung wertvoller Proben mittels Kühlmethoden angewiesen ist, ist es wichtig, dass die gewählte Lösung in der Lage ist, Sensoren in ihr angeschlossenes Gerätenetzwerk zu integrieren.

Auch verschiedene Umgebungsbedingungen können mittels eines LES über automatisierte Sensoren überwacht, protokolliert und dann automatisch an eine Dokumentationsplattform übertragen werden. Dies stellt nicht nur die genaue Erfassung der Daten sicher, sondern es werden auch zeitaufwändige Arbeiten, die das Laborpersonal belasten, übernommen. So werden die Metadaten automatisch mit einem Zeitstempel versehen und mit den Daten des Experiments verknüpft. Mit diesen Informationen können Wissenschaftler ihre Experimente reproduzieren und Inkonsistenzen oder Probleme mit einer Reagenzcharge leicht zurückverfolgen.

Der klassische „People-connected“-Laboransatz. © Labforward

Idealerweise kann solch ein System den Gerätestatus wiedergeben und auch mögliche Fehler prognostizieren und intervenieren. Das technische Personal erhält umgehend eine Benachrichtigung mit einem Fehlercode. Darüber hinaus wird beim Starten eines Workflows oder bei der Buchung eines Instruments eine Benachrichtigung gesendet, um das Personal über ein mögliches Problem zu informieren.

Aus Puzzleteilen zum Gesamtsystem – Connected Lab

Der auf das Lab-Betriebssystem ausgerichtete Smart-Lab-Ansatz. © Labforward

Der heterogene Ansatz eines LES soll den Wissenschaftler nicht ersetzen, sondern Digitalisierung nutzen, um Potenziale für Forschung und Innovationen freizusetzen. Durch die Implementierung eines LES wird die manuelle Datenverwaltung drastisch reduziert und damit verbundene Fehler vermieden. Da die meisten Prozesse im Labor reproduzierbar sein müssen, kann das durch eine zentrale Verwaltung und Analyse aller Daten und die Automatisierung aller Schritte erreicht werden. In einem „Connected Lab“ kann die innovative und kreative Kraft der Mitarbeiter mit der analytischen Leistung und Automatisierung digitaler Lösungen bestmöglich miteinander verknüpft werden.

In nicht allzu ferner Zukunft könnten auch maschinelles Lernen und Künstliche Intelligenz verstärkt Einsatz finden, um etwa bestimmte Einflussfaktoren eines Experiments, wie die optimalen Umweltparameter, vorherzusagen. Darüber hinaus könnte die Implementierung von KI-basierter Software eine umfassendere Sicht auf Datensätze bieten. Mehrdimensionale Datensätze könnten so auf nuancierte Muster hin analysiert werden, die für den Menschen nur schwer zu erkennen sind.

Das Laborpersonal bleibt der wichtigste Teil des gesamten „Systems“, aber die Last der Organisation, Informationsspeicherung, Forschungsdokumentation und des Wissenstransfers liegt in einem funktionierenden „Connected Lab“ nicht mehr allein auf seinen Schultern.

Literatur:
[1] CrowdFlower „2016 Data Science Report”, https://visit.appen.com/rs/416-ZBE142/images/CrowdFlower_DataScienceReport_2016.pdf

AUTOR
Dr. Dennis Fink
Labforward GmbH, Berlin
contact@labforward.io
www.labforward.io

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