Zwei Werte – zwei Methoden – gleiche Zielsetzung
TOC und CSB in der Abwasseranalytik
Der Autor von Shimadzu beschreibt die Summenparameter CSB und TOC, mit denen Wasser auf Kontamination durch organische Stoffe geprüft wird, und vergleicht die beiden Methoden.
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Laut verschiedenen statistischen Quellen verbraucht jeder Mensch eine virtuelle Wassermenge von 4 000 bis 5 000 Litern pro Tag – darin sind jegliche Wassermengen eingerechnet, vom privaten bis hin zum industriellen Bedarf. Tatsächlich wird Wasser im eigentlichen Sinne aber überhaupt nicht verbraucht – weder verschwindet es, noch wird es ab- oder umgebaut. Es befindet sich in einem unendlichen Stoffkreislauf. Ein Großteil des Wassers wird beim „Verbrauch“ allerdings verunreinigt. Anschließend muss es gereinigt und aufbereitet werden, um wieder als Frischwasser zur Verfügung zu stehen.
Abwasseraufbereitung und -kontrolle
Das Wasserhaushaltsgesetz (Anhang 2 – § 54 „Begriffsbestimmungen für die Abwasserbeseitigung“) definiert, was Abwasser ist: „das durch häuslichen, gewerblichen, landwirtschaftlichen oder sonstigen Gebrauch in seinen Eigenschaften veränderte Wasser und das bei Trockenwetter damit zusammen abfließende Wasser (Schmutzwasser) sowie das von Niederschlägen aus dem Bereich von bebauten oder befestigten Flächen gesammelt abfließende Wasser (Niederschlagswasser)“. Dazu zählt auch das aus Anlagen zum Behandeln, Lagern und Ablagern von Abfällen austretende und gesammelte Wasser.
Um Abwässer zu reinigen, werden Abwasserreinigungsanlagen (kurz: ARA) verschiedenster Art eingesetzt. Sie sind oftmals „mehrstufig“ – also mit unterschiedlichen Reinigungsstufen ausgestattet. So unterschiedlich der Ansatz, so einheitlich das Ziel: möglichst viele Kontaminanten aus dem Wasser zu eliminieren, um es schließlich wieder als Frischwasser zu nutzen. Das kann auch über die Zufuhr etwa in Fließgewässer geschehen.
Zur Kontrolle des Verunreinigungsgrads der anfallenden Abwässer sowie der Reinigungsleistung einer ARA werden unterschiedliche Analysentechniken eingesetzt: zum Beispiel spektroskopische oder auch photometrische Methoden etwa zur Bestimmung von Schwermetallen, aber auch physikalische Kenngrößen wie der pH-Wert oder die elektrische Leitfähigkeit werden gemessen.
Die größte chemische Stoffgruppe sind die organischen Verbindungen: Laut Schätzung von Wikipedia waren 2012 rund 40 Millionen organische Verbindungen bekannt. In nahezu jedem Abwasser stellen organische Verbindungen eine ungewollte Verunreinigung dar. Um die organische Kontamination eines Abwassers zu prüfen, stehen verschiedene Parameter zur Verfügung. Die beiden wichtigsten Summenparameter sind der CSB und der TOC. Sie konkurrieren seit Jahrzehnten.
CSB – der chemische Sauerstoffbedarf
Der CSB gibt an, welche Menge an Sauerstoff nötig ist, um alle oxidierbaren Stoffe im Wasser zu oxidieren. Dazu wird eine Teilprobe des Abwassers unter Zugabe von quecksilberhaltiger Schwefelsäure mit einer definierten Menge eines Oxidationsmittels (Kaliumdichromat) versetzt und bei hohen Temperaturen unter Rückfluss erhitzt. Bei der Reaktion wird Chrom(VI) zu Cr3+ reduziert. Nach dem Reaktionsvorgang wird der überschüssige, also nicht verbrauchte Anteil an Dichromat-Ionen bestimmt. Dies geschieht z. B. mittels Titration oder durch photometrische Bestimmung. Aus dem verbrauchten Dichromat-Anteil ergibt sich die Sauerstoffmenge, die zur Oxidation der oxidierbaren Stoffe in der untersuchten Probe benötigt würde, also dem CSB.
TOC – Total Organic Carbon
Der TOC gibt die Menge an Kohlenstoff an, die aus organischen Substanzen stammt. Dazu wird eine Teilprobe des Abwassers zunächst mit einer Mineralsäure (zumeist HCl) versetzt, um anorganische Kohlenstoffverbindungen, wie Carbonate oder Hydrogencarbonate zu eliminieren. Die angesäuerte Probe wird mit einem Spülgas gestrippt, um das entstehende Kohlenstoffdioxid zu entfernen. Anschließend wird ein Aliquot (z. B. 10 – 2 000 µl) auf einen heißen Katalysator gegeben und im sauerstoffhaltigen Gasstrom verbrannt. Die organischen Verbindungen werden zu CO2 oxidiert und mit einem Trägergas zu einem NDIR-Detektor transportiert und erfasst.
CSB versus TOC
Beide Summenparameter sind seit Jahrzehnten etabliert. Seit mindestens Mitte der 1990er Jahre existieren Überlegungen, bei der Abwasserbewertung den CSB-Wert durch den TOC-Wert zu ersetzen. Warum?
Die Bestimmung des CSB ist wesentlich langwieriger und aufwendiger – sie ist zweistufig (Oxidation und anschließende Bestimmung des überschüssigen Cr(VI)) und dauert nach entsprechenden Normen mehr als 120 Minuten. Es könnte auch passieren, dass so viel an oxidierbarer Substanz in der Probe enthalten ist, dass die gesamte Stoffportion des Oxidiermittels verbraucht wird. Dann muss ein neuer Ansatz mit geringerem Probenansatz oder mit höherem Anteil an Chromat angesetzt werden. Zudem werden neben den organischen Verbindungen auch zahlreiche andere Verbindungen oxidiert, die damit den Messwert beeinflussen können, etwa Nitrite, Bromide, Iodide, Metallionen oder Schwefelverbindungen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Umweltverträglichkeit der verwendeten Substanzen: Die eingesetzten Chemikalien (quecksilberhaltige Schwefelsäure und Cr (VI)) sind wegen ihrer mangelnden Umweltverträglichkeit seit langem in der Kritik.
Die Bestimmung des TOC hingegen dauert nur wenige Minuten, und es wird neben einem Analysator lediglich eine z. B. 1-molare Salzsäure verwendet. Somit ist die TOC-Bestimmung schnell und einfach und benötigt keine umweltschädlichen Chemikalien. Moderne Analysatoren analysieren vollautomatisch, wie z. B. Geräte der TOC-L-Serie von Shimadzu. Sowohl die Probenaufarbeitung, Kalibrierung als auch die Verdünnung von Proben und Standards erfolgt automatisch. Die organische Substanz wird bei 680 °C auf einem Platinkatalysator oxidiert. Damit steht eine recht einfache, schnelle und umweltfreundliche Methode zur Verfügung, die sowohl zur Bestimmung des TOC im Labor eingesetzt werden kann als auch online zur Bestimmung des TOC als Prozessparameter eingesetzt werden kann.
Abwasserverordnung
Die Anforderungen an das Einleiten von Abwasser sind in der Abwasserverordnung (AbwV) formuliert. Hier findet man die Ansprüche etwa an die ARA, Betreiberpflichten, aber auch die Anforderungen an die Abwasser-Überwachung, sogar je nach Herkunftsbereich bzw. Industriezweig. Neben den Allgemeinen Beschreibungen enthält die AbwV insgesamt 57 Anhänge, die spezielle Anforderungen an die jeweiligen Herkunftsbereiche enthalten. Es beginnt mit Anhang 1 „Häusliches und kommunales Abwasser“ bis hin zu Anhang 57 „Wollwäschereien“. In den jeweiligen Anhängen sind auch die entsprechenden Überwachungsparameter, Anforderungen an die Analytik und die Kontrollhäufigkeit beschrieben.
Bereits seit langem enthält die AbwV eine „Einhalte-Fiktion“, die der Annäherung des CSB-Ersatz Vorschub leisten soll. Im Absatz 3 des § 6 „Einhaltung der Anforderungen“ heißt es: „Ein nach dieser Verordnung einzuhaltender (…) Wert für den Chemischen Sauerstoffbedarf (CSB) gilt (…) auch als eingehalten, wenn der vierfache gemessene Wert des gesamten organisch gebundenen Kohlenstoffs (TOC) (…) diesen Wert nicht überschreitet.“ Dies hat sich in Praxis längst etabliert: Der TOC-Wert eines Wassers wird gemessen und mit einem Faktor zu einem fiktiven CSB-Wert umgerechnet. Nicht wenige Anwender und Anwenderinnen nutzen hierfür nicht den vorgegebenen Faktor „vier“, sondern arbeiten mit empirischen, eigenen Faktoren.
In den letzten Jahren gab es verschiedene Novellierungen der AbwV, die u. a. der Umsetzung von EU-Schlussfolgerungen über die besten verfügbaren Techniken (BVT) dienten. Bereits in der 10. Novellierung der AbwV war zu lesen:
„… Die Kurzzeitanforderung an den Parameter chemischer Sauerstoffbedarf (CSB) wird durch eine Anforderung an den Parameter gesamter organisch gebundener Kohlenstoff (TOC) ergänzt. Dies dient der Vorbereitung zur Umstellung des Parameters CSB auf den Parameter TOC. Die Analytik des Parameters CSB erfordert den Einsatz giftiger Substanzen (z. B. Quecksilber und Chrom VI), deren Emissionen in die Gewässer EU-weit zu minimieren sind. Aus Umwelt- und Arbeitsschutzgründen ist daher der insoweit unproblematische und einfacher zu bestimmende Parameter TOC zu bevorzugen. (…) Die Ersetzung des CSB durch TOC spiegelt den Stand der Technik wider. Aufgrund der Abgaberelevanz des Parameters CSB wird die Umstellung allerdings erst erfolgen, sobald die derzeit in Vorbereitung befindliche Änderung des Abwasserabgabengesetzes und somit die Umstellung des Parameters CSB auf den Parameter TOC als abgaberelevanter Parameter in Kraft tritt. (…)“
Zurzeit erfährt die AbwV die inzwischen 12. Novellierung. Und in immer mehr Anlagen ist der TOC als relevanter, zu bestimmender Parameter zu finden: Anhang 13 – Herstellung von Holzspanplatten, Holzfaserplatten oder Holzfasermatten; Anhang 19 – Zellstofferzeugung; Anhang 22 – Chemische Industrie; Anhang 28 – Herstellung von Papier, Karton oder Pappe; Anhang 33 – Wäsche von Abgasen aus der Verbrennung von Abfällen; Anhang 38 – Textilherstellung, Textilveredlung; Anhang 39 – Nichteisenmetallerzeugung; Anhang 45 – Erdölverarbeitung und Anhang 47 – Wäsche von Rauchgasen aus Feuerungsanlagen.
Die Anforderungen an die Analysentechnik zur Bestimmung des TOC bleibt in der AbwV nicht unerwähnt – auch hier gibt es Vorgaben, die eingehalten werden müssen. So wird hier ein System verwendet, das nach der katalytischen Verbrennungsoxidation bei mindestens 670 °C arbeitet. Die Bestimmung erfolgt nach DIN EN 1484 (H3). Auch spezielle Kontrollmessungen werden vorgeschrieben, wie der Partikelgängigkeitstest.
Fazit
Der CSB wird in der Abwasserverordnung mehr und mehr durch den TOC ersetzt. Das geschieht vor allem durch Vorgaben der EU, die die beste verfügbare Technik (BVT) für viele Einsatzbereiche fordern. Die Bestimmung des CSB ist nicht nur zeitraubender und aufwendiger – die eingesetzten Chemikalien sind auch giftig und umweltkritisch. Der TOC-Wert hingegen ist ein recht schnell zu bestimmender Parameter, bei dem keine giftigen Chemikalien eingesetzt werden.
AUTOR
Sascha Hupach
Shimadzu Deutschland GmbH, Duisburg
[email protected]
www.shimadzu.de