Fachbeitrag
Napoleon starb nicht an Arsen prominence TOX.I.S. – Automatisierte Gift- und Drogenanalytik
Dr. Björn-Thoralf Erxleben*)
Giftmord – der Alptraum aller Rechtsmediziner. Da die Opfer äußerlich unauffällig wirken, bleiben nämlich viele Morde mit giftigen Substanzen unerkannt. Schon zur Zeit der Pharaonen bediente man sich des Giftanschlags, wie auch heute noch die Geheimdienste. Gerüchte um den Tod nicht nur bekannter Zeitgenossen flammen immer wieder auf...
Dank der sich stetig weiterentwickelnden Analytik wird auch das bisher nicht nachweisbare Gift mit einem Mal sichtbar. So steigt die Wahrscheinlichkeit, den Täter früher oder später zu überführen. Gleichzeitig werden künftige Generationen in der Lage sein, Zweifel an merkwürdigen Todesfällen auszuräumen, etwa auch an in unserer Zeit immer genannten Namen wie Mozart oder Napoleon, der übrigens nachweislich an Magenkrebs verstarb.
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Doch was ist Gift, wie definiert es sich? Auf Paracelsus geht zurück, allein die Dosis mache das Gift. Er beschrieb damit das eigentliche Problem, dass man bei Gift immer über eine Vielzahl möglicher Stoffe in unterschiedlichsten Konzentrationen sprechen muss. Für den Analytiker bedeutet das im Einzelfall, für den Nachweis einer Gifteinwirkung eine ganze Reihe von Methoden einsetzen zu müssen, um eine unbekannte Substanz zweifelsfrei zu identifizieren.
In der Praxis steht gerade bei akuten Vergiftungsfällen nur ein enges Zeitfenster zur Verfügung, um eine Erfolg versprechende Therapie schnellstmöglich zu beginnen. Außerdem sind die Mengen an Proben zumeist begrenzt, so dass mit vergleichsweise geringen Volumina gearbeitet werden muss.
Zeit ist Leben: Extraktion ist entscheidend
Der neben der Analytik schwierigste und entscheidende Teil der Arbeit ist die Extraktion des betreffenden Stoffes aus einer biologischen Matrix heraus. Die universelle Methode gibt es hierfür nicht. Unterschiedliche chemische Strukturklassen, Wirkmechanismen und Konzentrationen erlauben meist nur Kompromisslösungen, die sich im praktischen Einsatz durchaus bewährt haben. Je nach Ergebnis eines Pre-Screenings und der verfügbaren Probenmatrix kann dann die optimale Methode für die Untersuchung ausgewählt werden. Auf Grund des Zeitfaktors verbieten sich für eine derartige Analyse aufwändige Methoden, die mehrere Schritte umfassen.
Arzneiwirkstoffe Hauptursache für Vergiftungen
Arsen & Co. als klassische Gifte mal beiseite gelassen – die überwiegende Mehrzahl von akuten Vergiftungen heutzutage basiert auf Medikamentenwirkstoffen, illegalen Drogen und Inhaltsstoffen von Pflanzen und Pilzen. Für diese Problematik kombiniert das prominence TOX.I.S. eine Online-Probenvorbereitung für Urin-Proben mit einer flüssigchromatographischen Trennung mit Photodiodenarray-Detektor. Dieses HPLC-System (Bild 1) besteht aus drei Pumpen und erlaubt somit, parallel zur chromatographischen Trennung die Extraktionssäule zu spülen und zu konditionieren, um ohne Zeitverzug die nächste Analyse starten zu können.
Die Temperierung des Trennsystems und eine komplexe Ventilschaltung sichern den hohen Automatisierungsgrad und sorgen gleichsam für reproduzierbare Ergebnisse. Die optimierte Flusslinie reduziert das Totvolumen und verbessert die Schaltzeiten. Für die Trennung wurde aus drei Gründen eine isokratische Elution gewählt: Um schnellstmöglich aus einem „Stand-by“ einsatzbereit zu sein; um das System zu vereinfachen; um existierende Bibliotheken für die Substanzidentifizierung nutzen zu können. Die Identifizierung der einzelnen Peaks erfolgt über einen PDA-Spektrenvergleich mit einer UV-Spektrenbibliothek.
Analyse innerhalb von 40 min
Urin als Probenmaterial hat den Vorteil, dass vergleichsweise hohe Konzentrationen der betreffenden Substanzen vorliegen, was eine Identifizierung erleichtert. Andererseits sind einzelne Verbindungen nur über deren Metaboliten zu identifizieren und Rückschlüsse über die tatsächlich aufgenommene bzw. die aktive Konzentration nicht möglich. Für die Analyse wird der Urin zentrifugiert, mit internem Standard versetzt und anschließend für die Analyse in den automatischen Probengeber gestellt. Im ersten Schritt wird die Urinprobe auf die Extraktionssäule gespült, dabei werden die Eiweißbestandteile und größere Moleküle abgetrennt. Nach Spülschritten wird die Probe eluiert und auf das analytische Trennsäulensystem überführt. Für Säulenschaltung, -konfiguration und Methode ist ein Patent angemeldet. Die Analyse einer Probe inklusive Probenvorbereitung dauert 40 min. Nach erfolgter Trennung werden die Peaks entsprechend ihrer relativen Retentionszeit und nach Bibliotheksvergleich identifiziert. Der anschließend erstellte Report gibt dann tabellarisch über die Peaks, deren Spektren und deren Identifizierung Auskunft.
Reproduzierbarkeit und Qualitätskontrolle sind für die Nutzung des Systems von entscheidender Bedeutung. Ein Check-Standard sollte täglich als Systemtest und zur Überprüfung der Funktionsweise vermessen werden. Er deckt gleichermaßen die Probenvorbereitung und die chromatographische Trennung ab, da sich am Retentionsverhalten erkennen lässt, ob eine Säule ausgetauscht werden muss. In der Praxis ist es vorteilhaft, dass die Probenvorbereitungsphase im Chromatogramm enthalten ist, da eventuelle Störungen und Unregelmäßigkeiten in diesem Schritt sofort auffallen.
Auch Blut als Probenserum möglich
Das System gestattet durch eine Auswahl der Trennsäule auch Blutproben (Serum) zu vermessen. Dabei ist eine Probenaufarbeitung mittels Flüssig-Flüssig-Extraktion voranzustellen, die allerdings andere Trennsäulen nutzt, die der geänderten Matrix Rechnung tragen. Vorteil der Serumanalyse ist, dass eine quantitative Aussage zur aufgenommenen Wirkstoffmenge möglich ist. Nach erfolgreichem Abschluss der Entwicklung und Test in der täglichen Routine, steht prominence TOX.I.S. bereit, um sich anderenorts zu bewähren.
HPLC mit Photo-Diodenarray-Detektor 178
Toxikologische Analyse 179
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