Genomforschung

Hafer-Genom entschlüsselt

Forschenden gelang es, das gesamte Erbgut von Hafer zu sequenzieren und umfassend zu charakterisieren. Im Vergleich zu anderen Getreidearten und zum Menschen ist das Hafer-Genom sehr komplex. Warum Hafer als gesünder gilt und weniger Allergien und Unverträglichkeiten auslöst als andere Getreide, dem sind Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen von Helmholtz Munich, der Universität Lund und dem Verbund „ScanOats“ auf genetischer Ebene nachgegangen.

© Olof Olsson

„Hafer ist ein Trendfood – und genetisch betrachtet ein kompliziertes Getreide“, sagt Manuel Spannagl von Helmholtz Munich. Gemeinsam mit Kollegen und Kolleginnen aus Schweden sequenzierte und analysierte er über sechs Jahre hinweg das Hafer-Genom und identifizierte die Gesamtheit der Gene des Getreides. Die Komplexität des Hafer-Genoms ergibt sich zum einen aus seiner Größe: Hafer besitzt sechs Chromosomensätze mit insgesamt mehr als 80.000 Genen, der Mensch nur zwei Chromosomensätze mit etwa 20.000 Genen. Zum anderen ist die Anordnung der Gene deutlich „unsortierter“ als bei anderen Getreidearten mit vielen Gen-Verdopplungen und Umstrukturierungen zwischen den einzelnen Chromosomen. Im Rahmen eines internationalen Forschungsprojekts haben die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen das gesamte Hafer-Genom sequenziert und analysiert.

Positiven Gesundheitsaspekten des Hafers
Mit dem Wissen über die Genomsequenz können wir besser verstehen, welche Gene für welche Eigenschaften verantwortlich sind. Im Fall von Hafer interessierte die Forschenden insbesondere, warum er im Vergleich zu Getreidesorten wie Weizen oder Roggen weniger Allergien und Unverträglichkeiten auslöst. Sie fanden heraus, dass Hafer weniger solcher Proteine besitzt, die etwa dem Gluten im Weizen entsprechen. Diese Proteine stehen in einem direkten Zusammenhang mit Zöliakie und Weizenunverträglichkeiten. „Damit konnten wir auf genomischer Ebene bestätigen, dass Hafer in seiner reinen Form für eine glutenfreie Ernährung geeignet ist“, sagt Nadia Kamal von Helmholtz Munich. Im Vergleich zu anderen Getreiden enthält Hafer außerdem einen viel höheren Anteil an sogenannten Beta-Glucanen. Diese Ballaststoffe tragen zu einem niedrigen Cholesterinwert im Blut bei und haben einen positiven Einfluss bei Stoffwechselerkrankungen wie Typ-2-Diabetes. Dank der Sequenzierung wissen die Forschenden nun, welche Gene für die gesundheitsfördernden Beta-Glucane verantwortlich sind. 

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Haferanbau und Agrarwissenschaften
Hafer ist nicht nur auf Grund seiner gesundheitlichen Vorteile interessant, der Anbau erfordert im Vergleich zu anderen Getreiden auch weniger Behandlungen mit Insektiziden, Fungiziden oder Düngemitteln. Und Hafer weist auch auf marginalen Böden gute Erträge auf. Die neuen Erkenntnisse über das Hafer-Genom könnten auch im Agrarbereich genutzt werden. „Wir haben das Potenzial für neue und zielgerichtete Züchtungen geschaffen“, sagt Nick Sirijovski von der Universität Lund und ScanOats. „Denn wir verstehen nun besser, welche Hafersorten untereinander kompatibel sind. Jetzt können wir Eigenschaften kombinieren für ein noch günstigeres Gesundheitsprofil, höhere Erträge, bessere Resistenzen gegen Schädlinge und Trockenheit und vor allem in Vorbereitung auf den Klimawandel.“

Zu den genannten Personen
Dr. Manuel Spannagl ist Wissenschaftler am Environmental Health Center von Helmholtz Munich und Leiter der Studie auf deutscher Seite. In seinem Team arbeitete Dr. Nadia Kamal als Erstautorin an der Studie mit. Auf schwedischer Seite forschte Dr. Nick Sirijovski von der Universität Lund und dem Verbund ScanOats maßgeblich an dem Sequenzierungsprojekt.

Originalpublikation

Kamal, N. et al.: The mosaic oat genome gives insights into a uniquely healthy cereal crop. Nature (2022); DOI: 10.1038/s41586-022-04732-y

Quelle: Helmholtz Zentrum München
Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt

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