Fachbeitrag
Effiziente Informationsgewinnung
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Dipl.-Ing. Martina Walzer*)
- Siemens AG, Ber. Automation and Drives, Karlsruhe, http://www.siemens.com/chemical.
Sichere Verfahren, optimale Materialausbeute, bestmögliche Reststoffverwertung und optimaler Energieeinsatz – unter diesen Anforderungen entwickeln die Mitarbeiter verfahrenstechnischer Labors Prozesse und Verfahren. Gilt es hier doch, die Einstellungen und Parameter zu erarbeiten, um eine Synthese in den großtechnischen Produktionsmaßstab zu überführen. Zugeschnittene und flexible leittechnische Installationen unterstützen durch fortschrittliches Informationsmanagement wirkungsvoll, fundiertes Wissen über die Machbarkeit, Effizienz und Wirtschaftlichkeit schneller zu erarbeiten. Die Verkürzung der Time-to-Market sichert letztendlich den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens.
Mehr Versuche pro Zeit mit vollständiger Informationsgewinnung bei gleichzeitig signifikant reduzierten Entwicklungszeiten für Produkte – in diesem Spannungsfeld finden sich viele Forschungs- und verfahrenstechnische Entwicklungslaboratorien in den Prozess-Industrien heute wieder. Erfolgreich ist die Forschung und Entwicklung immer dort, wo es möglich ist, Basisinnovationen in praktikable Anwendungen zu überführen. Werden doch hier genau die Verfahren entwickelt, um ein Produkt möglichst optimal – zum Beispiel hinsichtlich der erforderlichen Menge an Eingangsstoffen oder der notwendigen Energie – herzustellen.
Nachhaltige Forschungsergebnisse
Hinzu kommt die Anforderung, dass im Produktionsverfahren möglichst wenige und weitgehend umweltverträgliche Reststoffe erzeugt werden, da deren Entsorgung unter Umständen problematisch sein kann. „Nachhaltige Verfahren erfordern oftmals den Einsatz innovativer Hilfsstoffe, wie z.B. besonderer Enzyme oder neuartiger Katalysatoren. Mit deren Hilfe werden Reaktionen möglich, mit denen aus einfachen Ausgangsstoffen wertvolle Produkte erzeugt werden“, erklärt Prof. Dr. Michael Bruns, Leiter des Geschäftsgebietes Prozessautomatisierung bei Siemens im Bereich Automation and Drives. „Um innovative Prozesswege zu finden und zuverlässige Informationen über deren Machbarkeit und Effizienz zu erhalten, sind zahlreiche Versuche und Versuchsreihen notwendig. Diese liefern dann die notwendigen Daten, um das optimale Produktionsverfahren zu ermitteln – und das hinsichtlich aller wichtigen Randbedingungen, wie Produktqualität, ausreichende Robustheit des Verfahrens, Kosteneffizienz und Umweltverträglichkeit.“
Konsistente Datenerfassung, -auswertung, und -archivierung sowie die Datenübertragung zu anderen, speziellen Applikationen spielen dabei eine entscheidende Rolle. Die gewonnenen Informationen geben nicht nur Aufschluss über das Verhalten von Prozessen aus technischer Sicht, so dass mit optimalen Mengen an Eingangsstoffen das maximale Ergebnis an Ausgangsprodukten erzielt wird.
Diese Informationen bilden die Basis für das gesamte Entwicklungsprojekt über alle involvierten Geschäftsprozesse hinaus, von der Schätzung der Investitions- und Betriebskosten über die Identifikation eines geeigneten Produktionsstandortes bis zur Prüfung der Versorgungskapazität an Einsatzstoffen, um nur einige wenige zu nennen. Informationsgewinnung heißt daher nichts anderes, als Werte aufzunehmen, zu dokumentieren und zu archivieren, um sie später für weiterführende Auswertungen zur Verfügung zu stellen.
„Neben der Erarbeitung von Informationen ist Sicherheit im Labor ein anderes, wichtiges Themenfeld, welches verstärkte Aufmerksamkeit erfordert“, so Bruns weiter. „Aber im Gegensatz zur Produktion steht im Labor naturgemäß noch kein vollständiges Wissen über die eingesetzten Stoffe, ihre Eigenschaften und somit über das Stoffverhalten zur Verfügung. So übernehmen Labormitarbeiter bislang die wichtige Aufgabe der Versuchsüberwachung, um Prozesse bei unvorhergesehenem Verhalten in einen sicheren Zustand zu überführen. Auch hier kann die Prozessleittechnik zu wesentlichen Vorteilen verhelfen.“
Entlastung der Labormitarbeiter
Vollständiges Informationsmanagement bei sicherer Fahrweise und Stabilität der Prozesse – um diese Anforderungen zu erfüllen, haben sich leittechnische Installationen mit Simatic PCS7 in der Produktion schon seit vielen Jahren bewährt. Die Automatisierung von Laborarbeitsplätzen stellt jedoch noch weitere, besondere Anforderungen wie z. B. größtmögliche Flexibilität. Das Leitsystem muss so einfach zu handhaben sein, dass beispielsweise das Zufügen einer neuen Messstelle keine Leittechnikspezialisten erfordert.
Speziell zugeschnitten für die Anforderungen im Labor stellt Siemens Automation and Drives Simatic PCS7 Lab bereit. Basierend auf den bewährten Standardkomponenten der Familie ermöglicht der dezentrale Aufbau in stabilen Gehäusen einen flexiblen Einsatz an wechselnden Einsatzorten. Die integrierte Leittechnik sorgt für Sicherheit durch zuverlässige Überwachung und lückenlose Protokollierung der Ereignisse. Somit müssen Mitarbeiter nicht mehr selbst kontinuierlich die Versuche beobachten. Bereits in der Verfahrensentwicklung führt dies zu deutlichen Rentabilitäts- wie auch Qualitätsverbesserungen.
Herzstück des Systems ist die Verarbeitungsstation, basierend auf der robusten Simatic PCS7 Box. In diesem kompakten Gerät sind die Funktionalitäten für Automatisierung, Bedienung und Beobachtung sowie Engineering vereint.
Modulare, vorkonfigurierte Lösung
Die Ein-/Ausgabestation bietet vorkonfiguriert eine Anzahl an Kanälen (analog, binär) sowie serielle Schnittstellen, zum Beispiel zum Anschluss von Laborwaagen. „Die einzelnen Kanäle sind hier als steckbare Verbindungen ausgeführt. Diese vereinfachen den Aufbau des Laborsets wesentlich, da der Verdrahtungsaufwand für die Geräte nicht mehr von elektrotechnischem Fachpersonal ausgeführt werden muss“, erläutert Miguel-Angel Fernandez, Leiter des Competence Centers Chemie von Automation and Drives. „Wir bieten eine Standardkonfiguration mit einer Auswahl an E/A-Komponenten an, die jedoch modifiziert beziehungsweise ergänzt werden kann. So ist die Flexibilität des Systems für die jeweilige Anwendung gewährleistet.“
Für die Projektierung des Systems stehen die sog. Equipment Modul (EM) Templates bereit. Dies sind vorgefertigte Lösungsvorschläge für die wichtigsten – in Labors gängigen – Vorgänge wie Dosieren, Temperieren, Inertisieren und andere mehr. Ein EM ist eine abgeschlossene verfahrenstechnische Einheit; mit ihr wird eine Aufgabenstellung für eine verfahrenstechnische (Teil-)Aufgabe umgesetzt.
Fortlaufende Optimierungen nutzen
Die Wiederverwendung bewährter Lösungen reduziert zum einen die benötigte Zeit zur Entwicklung der Applikationen und steigert zum anderen deren Qualität, da diese spezifisch über die Zeit verfeinert werden. Die in Versuchsreihen ermittelten Werte erlauben Aussagen über die Qualität der Reaktion. Notwendigerweise müssen hier jedoch Werte verlässlich, vollständig und in vergleichbarer Form vorliegen.
Simatic PCS7 Lab ermöglicht den Datenexport in die Microsoft-Office-Welt – also zum Beispiel nach Microsoft Excel oder Access – so dass Versuchsreihen optimiert, automatisiert und damit vergleichbar ausgewertet werden können. Entsprechend ist die Weiterverarbeitung in anderen, spezialisierten Anwendungen möglich.
Die Automatisierung von Versuchen bringt neben der vereinfachten Datenerfassung noch mit sich, dass Versuche besser reproduzierbar werden. Eine durchgängige Dokumentation der Versuchsparameter sowie des steuerungstechnischen Programms sorgt dafür, dass Messreihen problemlos wiederholt bzw. erweitert werden können.
Das Laborsystem arbeitet mit Standard-Systemsoftware, was Erweiterungen ohne Kompatibilitätsbruch ermöglicht. Es lässt sich sowohl stand-alone als auch im Anlagenverbund betreiben, so dass die Labors auf Wunsch problemlos ganzheitlich in das Anlagennetzwerk integriert werden können, so dass effektiver Informationsaustausch möglich wird.
Informationen und Wissen sichern
Überhaupt spielt die effektive Zusammenarbeit zwischen einzelnen Wissenschaftlern und Verfahreningenieuren eine wichtige Rolle in der Forschung und Verfahrensentwicklung. Um dieses Zusammenwirken wirkungsvoll zu unterstützen, bietet sich der Einsatz eines elektronischen Laborjournals (ELN) an. Die lückenlose Dokumentation von Experimenten – ob erfolgreich verlaufen oder nicht – hilft mit, Versuchswiederholungen zu vermeiden und so Ergebnisse schneller zu gewinnen. Durch Erstellung und Verwaltung der Dokumente und zugehöriger Versuchsdaten in elektronischer Form entstehen signifikante Vorteile:
• Forschungsergebnisse stehen innerhalb von Unternehmen Standort übergreifend zur Verfügung, so dass redundante Versuchsreihen aufgrund fehlender Information vermieden werden können – ein nicht unerheblicher Kostenvorteil.
- Papiergebundene Aufzeichnungen werden abgelöst, was zeitaufwendiges Suchen nach Notizen vermeidet; eine fälschungssichere Ablage mit elektronischer Signatur sichert den Schutz des geistigen Eigentums.
- Zentrale Ablage der experimentell gewonnenen Daten gewährleistet deren saubere Rückverfolgbarkeit; die Speicherung der Daten mit Zeitstempel ist besonders für eine eventuelle Patenterteilung wichtig, da hier eine vollständige Dokumentation notwendig ist.
Die ELN-Funktionalität ist wesentlicher Bestandteil der Simatic IT R&D Suite; die Software unterstützt wirkungsvoll das übergreifende Management der experimentell ermittelten Daten sowie die Versuchsplanung. Die Prozesswerte können auf Anforderung in das Protokoll übertragen werden und stehen dort für weitere Verarbeitungs- und Analyseschritte bereit. So werden Ablese- und Übertragungsfehler vermieden, was die Qualität der Daten deutlich verbessert.
Forschungsergebnisse wirtschaftlich übertragen
Effiziente Forschung und Verfahrensentwicklung und die Übertragbarkeit von Applikationen sind aber nur Teilaspekte, die den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens unterstützen. Anwender fordern heute von moderner Automatisierungstechnik auch, dass sie sich skalierbar an alle Anlagengrößen anpassen lässt. Damit leistet sie einen signifikanten Beitrag, die Kosten über den gesamten Lebenszyklus der Anlage optimal zu gestalten. Weiterhin muss das System flexibel sein, um den monetären Einsatz bei Änderungen oder Erweiterungen berechenbar zu halten. Mit anderen Worten ausgedrückt, heißt das, die Anwender prozessleittechnischer Systeme verlangen nach Kalkulationssicherheit und langfristiger Investitionssicherheit, um heute im globalen Wettbewerbsumfeld weiterhin bestehen zu können.
Das Portfolio des skalierbaren und flexiblen Prozessleitsystems Simatic PCS7 erlaubt es, Anlagen in jeder Größe innerhalb der gleichen Systemfamilie zu realisieren. Diese Eigenschaft ermöglicht es, die im Labor erarbeiteten Lösungen im Scale-up der Anlage ohne Systembruch weiter zu verwenden.
Mit Totally Integrated Automation (TIA) bietet Siemens ein lückenloses Angebot aufeinander abgestimmter Produkte, Systeme und Lösungen für die verfahrenstechnischen Branchen – von der Feldebene über die Produktionsleitebene bis zur Anbindung an die ERP-Ebene. Dies verbessert die Wettbewerbsfähigkeit der Anwender durch die gesteigerte Verfügbarkeit seiner Anlage, die verbesserte Qualität der hergestellten Produkte und durch die Möglichkeit, auf neue Marktanforderungen schnell und flexibel reagieren zu können.
Das Laborsystem Simatic PCS7 Lab
In der Standardkonfiguration bestehend aus:
- Verarbeitungsstation:
Simatic PCS7 als Komplettsystem mit Automatisierungssystem (AS), Operator System (OS) und Engineering-System (ES)
- Ein-/Ausgabe-Station:
8 x Analogeingabe (AI) 0(4)..20 mA
8 x Analogeingabe (AI) 0..10 V
4 x PT100-Messungen
8 x Analogausgabe 0(4)..20 mA
16 x Digitaleingang
16 x Digitalausgang
2 x serielle Schnittstelle (RS 232)