Probenmanagement für Labor und Biobank

Dr. Stephanie Konle,

Anpassung erwünscht: Modulares Programm sorgt für mehr Flexibilität

Genervt von Insellösungen, suboptimalen Arbeitsabläufen und Papierbergen im Labor, haben ein Chemiker und eine Software-Entwicklerin ein Start-up gegründet und wollen mit ihrem modularen Programm „Rabbitfish“ die Flexibilität im Forschungslabor erhöhen.

Anpassen wie ein Chamäleon ... lässt sich das Modul von Informeleon. (Bild: Pixabay_CCO)

Das ist die Geschichte von einem, der sich nicht mit digitalen Insellösungen und unnötigen Papierbergen abfinden wollte: Timo Schüler, Gründer von Informeleon, hat während seiner Ausbildung und bei seinen Forschungstätigkeiten intensiv in Laboren gearbeitet und diverse Arbeitsabläufe und Organisationsformen kennengelernt. Dabei wurde der – für seine Dissertation mit dem Preis der Johannes Gutenberg-Universität ausgezeichnete – Chemiker frühzeitig in IT und Programmierung eingeweiht, wollte sich aber mit den unflexiblen Gegebenheiten bei der Nutzung von Laborgeräten und Daten und mit unzusammenhängenden Einzelfallregelungen auf Dauer nicht zufriedengeben. So entstand der Wunsch solche Zustände mit einer durchgängigen Softwarelösung zu verbessern. Doch auch in der Zusammenarbeit mit einem großen Softwareanbieter stieß Schüler – und auch seine damalige Kollegin und spätere Mitarbeiterin Aline Crummenauer – immer wieder an Grenzen: Beiden fehlten u. a. eine flexible Architektur bei den Programmen und die Möglichkeit, Abläufe frei zu gestalten bzw. individuelle Lösungen umzusetzen. Das wollten sie ändern.

Gründung auf der grünen Wiese
Die Gründung „auf der grünen Wiese“ im August 2016 war die pragmatische Antwort auf die unflexible IT-Landschaft im Laborbereich und speziell im Zusammenhang mit Biobanken. Ursprünglich mit dem Ziel gestartet, Anbieter für aufeinander abgestimmte Hard- u. Software im Segment kleiner Biobanken zu werden, konzentrierten sich Schüler und Chefentwicklerin Crummenauer schon bald auf die Entwicklung einer möglichst flexiblen Software – im Sinne eines Best-practice-Systems, das die Labor- u. Biobankprozesse komplett abdecken sollte.

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Bild 1: Das Dashboard von Rabbitfish. (Bild: Informeleon)

Prio 1: Lagerverwaltung
Auf der Suche nach einer besseren Softwarelösung sollte etwas ganz Neues geschaffen werden. Den jungen Gründern war schnell klar, dass es keine starre Lösung werden durfte – denn genau da bestand ja das Hauptproblem der existierenden Systeme. Wie aber schafft man eine flexible Lösung? Es gibt laut Schüler in der IT-Entwicklung mehrere Ansätze dazu: Bei der Entwicklung eines neuen Systems …

… hat man (zum Glück) keinen Bezug mehr zu einem alten Kern, der einem gewissermaßen die nachfolgenden Programmierschritte und die ganze Architektur der Umsetzung weitgehend vorschreibt, sondern ist in der Gestaltung der Architektur völlig frei.

… kann man sich dazu entschließen, so wenig Festprogrammierung wie nötig zu verwenden, und daher ist es dann sehr einfach z. B. zusätzliche Felder oder Funktionen in der Form zu integrieren, dass die gesamte Lösung trotzdem genauso lauffähig und kongruent bleibt.

… wählt man eine Architektur aus, die der gelebten Praxis und den Anforderungen z. B. in Labor und Biobank möglichst weit entgegenkommt.

… gibt man mit einer modularen Struktur seinen Anwendern die Möglichkeit, schnell und reibungslos Erweiterungen am System durchzuführen ohne Umbrüche zu verursachen. (Denn nichts ändert sich so schnell wie die Organisation von Abläufen oder die Aufgaben selbst.)

Bild 2: Lagerort und Probenmanagement. (Bild: Informeleon)

Als Erstes ging das Team das Thema Lagerverwaltung an, weil es hier großen Bedarf an Verbesserung wahrgenommen hatte. Bald setzte sich der Wunsch durch, etwas neues, eigenes zu entwickeln, das den oben genannten vier Punkten so nahe wie möglich kommt. Der Grundgedanke für „Rabbitfish“ (s. Kasten) war geboren.

Flexibles, modular aufgebautes Best-practice-System
Das Programm Rabbitfish ist ein Programm zur LIMS-Datenverwaltung speziell für Biobanken mit den Modulen Probenmanagement, Lagerortverwaltung, Studien- und Projektverwaltung und Probandenverwaltung. Am Beispiel der Lagerverwaltung demonstriert das Start-up, dass alle Anforderungen an ein flexibles System umgesetzt wurden. Da Kernabläufe gemäß den vorherrschenden Normen und Zertifizierungen festgelegt sind, ist Informeleon laut Schüler mit Rabbitfish eine Gradwanderung gelungen: Trotz fester Qualitätsrichtlinien, Regelungen und Normen hat das Team ein Best-practice-System geschaffen, das trotzdem genügend Raum für individuelle Wünsche zulässt. Die Lagerverwaltung deckt z. B. die Hauptfunktionen „Proben einfrieren, wiederfinden und verschieben“ ab. Dabei werden vorkonfigurierte Lagerorte angeboten, die die Anwender dann nur mit ihren Daten füllen müssen – sowohl über die Anbindung von Scannern als auch über Drag & Drop am Bildschirm.

System Lagerverwaltung: neue Anforderungen nach Implementierung
Mit jeder Realisierung ergaben sich sehr schnell neue, durchaus sinnvolle Anforderungen. Informeleon fasste diese in kompakte Arbeitsabschnitte zusammen und integrierte sie modular in das bestehende System – gut zu erkennen am Rabbitfish-Modul „Probenverwaltung“: Die Maxime von Rabbitfish entspricht den o. g. Entwicklungsansätzen – also bei Zugrundelegung aller gültigen Regeln und Normen ein frei ausbaubares System zu schaffen, dass allen wichtigen Anforderungen der AnwenderInnen in der Praxis gerecht wird. Zugrunde liegt nach wie vor das Prinzip, dass die Abbildung des Arbeitsablaufes frei ist. Rabbitfish ist nicht an das klassische Workflow-Management angepasst, sondern es passt sich umgekehrt den bewährten Abläufen im Detail an. In der Standard-Konfiguration ist der übliche Ablauf von der Probennahme über die (Prä-) Prozessierung wie Zentrifugation oder Aliquotierung bis hin zur Einlagerung bereits vorhanden. Der Vorteil liege in der Flexibilität, so Schüler, denn so seien auch unvorhersehbare Prozessschritte implementierbar, könnten nachvollzogen und dokumentiert werden. (Das Probenmodul in Aktion: https://rabbitfish.de/funktionen/abnahme-modul-2/)

Präprozessierungsschritte, die u. a. unterstützt werden, sind:

  • externe und interne Proben-Annahme;
  • Zentrifugation;
  • Aliquotierung (manuell und automatisiert);
  • Umetikettierung;
  • Zwischenlagerung;
  • Probenzusammenführung und Isolation;
  • Hinzufügen von eigenen oder besonderen Prozessierungsschritten möglich.

Labor ist nicht gleich Labor
Bei der Entwicklung von Rabbitfish stand und steht immer die Nähe zu den Anwendern im Vordergrund – denn Labor ist nicht gleich Labor, so die Erfahrung des Teams. Dieser Grundgedanke zieht sich wie ein roter Faden durch alle Module hindurch. Das Programm ist durch seine logische Struktur intuitiv bedienbar, dabei werden um der leichten Bedienbarkeit Willen manchmal auch unkonventionelle Wege beschritten. Der modulare Aufbau und die leichte Erweiterbarkeit mit Feldern, Formularen, neuen Geräten und Funktionen als Grundlage für Flexibilität schafft eine hohe Akzeptanz der Anwender/Innen, um das System vom ersten Moment an spontan und intensiv zu nutzen. Die Nutzer finden dort genau das, was sie brauchen – ohne Ballast. Lange Wartezeiten, z. B. nach Bestätigen eines Suchlaufs über viele tausende Proben hinweg, entfallen, weil schnelle Datenbanken und schnelle Webtechnologie verwendet werden.

Die Möglichkeiten, die der Anwender mit Rabbitfish hat, erschöpfen sich nicht im Probenmanagement oder am PC-Arbeitsplatz; eine Rabbitfish-App für Tablets und Smartphones lässt sich nahtlos in die Systemlandschaft integrieren. Damit ist die Verfolgung der Proben direkt im Labor möglich.

Die weiteren Module
Neben dem Modul Probenmanagement hebt Schüler den Einsatz des Studienmoduls hervor: Hiermit könne jede Art von Entität zu Projekten und/oder Studien zusammengefügt werden – auch noch nachträglich. Eng damit verknüpft ist die Studien- oder Projektverwaltung. Auch diese kann durch Rabbitfish übernommen oder unterstützt werden. Die Daten lassen sich (auch nachträglich noch) zusammenfügen, Proben können einfach in neue Projekte oder Studien verschoben werden. Eine Besonderheit des Systems ist, dass man sowohl Projekte in Studien organisieren kann oder Studien in Projekten – beides kann im System abgebildet werden.

Erweitert werden kann Rabbitfish obendrein durch ein umfangreiches Projektmanagement-Tool, mit dem man den Verlauf eines Projektes immer im Blick hat. Hiermit können Nachrichten an die Mitarbeiter gesendet – und ihnen auch Aufgaben zugewiesen werden.

Aktuell in Arbeit befindet sich ein Accounting-Modul, um den Kreis auch in Hinsicht der Abrechnung der ganzen Vorgänge zu schließen. Weiterhin ist in den kommenden Wochen eine Rabbitfish-Community-Plattform geplant, auf der sich Anwender und Interessenten austauschen können.

Um das Produkt in einer Grundversion auch kleinen Teams und Doktoranden in Laboren und Biobanken verfügbar zu machen, plant Informeleon eine Community-Version, die man auf dieser eigens dafür vorgesehenen Plattform herunterladen kann. Details dazu und zu anstehenden Messen, auf denen das Unternehmen präsent ist, finden Interessierte auf http://www.rabbitfish.de. sk


Warum „Rabbitfish“?
Wie der Wolpertinger ist der Rabbit Fish eine Chimäre, ein Phantasiegebilde. Zusammengesetzt aus zwei sehr weit entfernten Spezies soll dieses Sinnbild auf die Bandbreite hinweisen, die mit dem Programm abgedeckt werden kann. Auch die IT-Architektur-Ansätze, die laut Timo Schüler bisher noch nicht im Biobank-Markt genutzt wurden, sind – wie der Wolpertinger – etwas, das noch niemand so gesehen hat.


Die aktuelle EDV-Landschaft in den Laboren
LIMS: Laut Einschätzung von Informeleon gibt es sehr umfassende, aber auch sehr mächtige LIMS-Tools mit vielfältigen Funktionen, daher mit langer Anlaufzeit bis zur fehlerfreien Anwendung. Die Tools benötigen häufig eine umfangreiche und daher kostenintensive IT-Infrastruktur, wie leistungsfähige Datenbankserver, Serverumgebungen mit Client/Server-Programmen, die über Netzwerke mit hohen Bandbreiten kommunizieren müssen; z. T. wird auch bereits Internet-Technologie genutzt. Nicht alles, was dort enthalten ist, kann auch direkt im Arbeitsablauf so genutzt werden. Es muss um das LIMS herum neu organisiert werden oder das LIMS wird an die Erfordernisse angepasst – was oft einen hohen Aufwand bedeutet. Der Anlern- und Zeitbedarf ist hoch und es entstehen zusätzliche Kosten durch erforderliche Schulungen.

Die Akzeptanz der AnwenderInnen ist besonders am Anfang schwer zu erlangen, weil die Vielzahl der neuen Bedienungsschritte die MitarbeiterInnen im Alltag überfordern können – besonders weil die Arbeitsgeschwindigkeit und der Durchsatz im Labor trotz der vielen neuen Arbeitsschritte aufrechterhalten bleiben sollen. Lange Zeiträume zwischen Planung und Einführung auf Grund der Komplexität sind die Regel. LIMS-Systeme werden zwar mit hohem Aufwand auf die Erfordernisse eines Labors angepasst, dann aber lassen sie sich oft nur mit großem Aufwand an neu entstandene Gegebenheiten anpassen. Insgesamt ist der Implementierungsaufwand wegen der Vielschichtigkeit der Systeme als kostenintensiv zu bewerten.

Suboptimale Eigengewächse: Ganz im Gegensatz dazu trifft man häufig auch eigens geschaffene Tabellen- oder Datenbanksysteme auf Basis gängiger Office-Tools an. So lobenswert der hilfreiche Ansatz von KollegenInnen im Labor dabei auch sein mag – gegen die Nachteile solcher Systeme wie langsamer Datendurchsatz bei hohen Datenmengen, schlechte oder keine Synchronisierbarkeit der Datentabellen zwischen mehreren Usern, hohe Fehleranfälligkeit durch unbeabsichtigtes Löschen von Formeln in Tabellenfeldern, fehlende Versionierung oder fehlende Plausibilitätskontrollen von Einträgen in Datenfeldern, kommen auch solche gut gemeinten Ansätze nicht an – auch wenn die Idee dahinter noch so gut ist.

Systeme aus individueller Entwicklung: Im Markt gibt es auch Anbieter, die ursprünglich aus anderen Bereichen, wie z. B. ERP-Systemen kommen und sich auch auf die Entwicklung von Laborsoftware verstehen. Dabei gibt es netzwerkbasierte- oder auch Cloud-Anwendungen und die Möglichkeit, an bestehende Softwaresysteme anzuknüpfen. Dies ist aber nur dann ohne extra Schnittstellenprogrammierung möglich, wenn diese über die notwendigen Datenschnittstellen verfügen. Außerdem muss bei solchen Projekten auch strategisch darüber nachgedacht werden, wie erhaltenswert eine bestehende Softwarelösung ist, die auf alten IT-Standards basiert, besonders, wenn man sich das steigende Datenvolumen bei zunehmender Digitalisierung und die jetzt oft schon langen Bearbeitungszeiten digitaler Vorgänge wie Suchläufe etc. vor Augen führt.

Informeleon erstellt ebenfalls individuelle LIMS; dabei ist aus der Erfahrung mit optimierten Abläufen im Sinne von „Best practice“ das modular aufgebaute System Rabbitfish entstanden. Diese Module enthalten bereits die wesentlichen bewährten Abläufe, können jedoch schnell erweitert und von den Anwendern leicht angepasst werden.

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