Von wegen trivial!

Reinstwasser in der TOC-Spurenanalytik

Mit der Qualität des Reinstwassers steht und fällt die Qualität der Produkte, die mit seiner Verwendung hergestellt werden. Die Arzneibücher geben Nachweisgrenzen des TOC in Reinstwasser vor. Dabei ist die Dualität des Reinstwassers zu beachten: Es ist Betriebsmittel, aber zugleich auch Probe, die keinen Blindwert enthält. Zusätzlich müssen sich die Anwender weiterer möglicher Verunreinigungsquellen bewusst sein.

In vielen Bereichen der Industrie wird reinstes Wasser benötigt, etwa bei der Herstellung von elektronischen Bauteilen in der Halbleiterindustrie oder in Kraftwerken im Wasser-Dampf-Kreislauf. In beiden Fällen können Verunreinigungen Schäden an Komponenten wie Anlagen hervorrufen.

Einer der größten Bereiche, in dem Reinstwasser verwendet wird, ist die Pharmaindustrie. In den Arzneibüchern sind Anforderungen an verschiedene Reinstwässer definiert. So kennt die Europäische Pharmakopoea unterschiedliche Reinstwässer, die für verschiedene Zwecke genutzt werden: etwa zur Herstellung von Arzneimitteln sowie zur Reinigung der dafür benutzten Geräte und Apparaturen oder für Injektionszwecke. Jedes Reinstwasser muss eigene Anforderungen erfüllen und verschiedene Grenzwerte unterschreiten. Eine Anforderung müssen sie alle einhalten: die Verunreinigung durch organische Kohlenstoffverbindungen darf nicht größer sein als 500 µg/l.

Um die Verunreinigung von Reinstwasser durch organische Substanzen zu bestimmen, nutzt man den Paramater TOC (Total Organic Carbon = gesamter organischer Kohlenstoff). Dabei wird die Wasserprobe mit einer Säure versetzt, um die anorganischen Kohlenstoffkomponenten wie Carbonate und Hydrogencarbonate zu zersetzen. Ein Luftstrom treibt das bei der Zersetzung entstehende CO2aus. Anschließend wird die Probe oxidiert, um die organischen Substanzen in Kohlendioxid zu überführen. Ein CO2-selektiver IR-Detektor erfasst die Menge an entstandenem Kohlendioxid.

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Die Bestimmung des TOC gemäß Pharmakopoea
Es haben sich in der TOC-Analytik zwei Oxidationsverfahren etabliert. Zum einen die katalytische Verbrennungsoxidation, bei der ein Aliquot der Probe auf einen heißen Katalysator injiziert wird. Die TOC-L-Systeme von Shimadzu arbeiten hier mit einer platinierten Watte, auf die große Volumina bis zu 2000 µl aufgebracht werden können.

Das andere Oxidationsverfahren nutzt die Oxidationskraft der OH-Radikale. Diese entstehen in Anwesenheit von Persulfationen und UV-Bestrahlung. Die TOC-V-Systeme von Shimadzu verfügen über einen großen Reaktor, in dem bis zu 20,4 ml Probe oxidiert werden kann. Der Vorteil dieser Methode liegt darin, dass geringste Nachweisgrenzen (0,5 µg/l) und höchste Reproduzierbarkeiten im kleinsten ppb-Bereich erzielt werden können.

Die Europäische Pharmakopoea (EP) beschreibt in Kapitel 2.2.44 die Bestimmung des TOC. Darin ist dem Anwender die Wahl des Oxidationsverfahrens freigestellt. Die Bestimmung kann mittels katalytischer Verbrennungsoxidation oder über UV-Oxidation erfolgen. Darüber hinaus werden in der EP 2.2.44 verschiedene Anforderungen an die TOC-Analysatoren gestellt. So muss beispielsweise ein verwendetes TOC-System den anorganischen vom organischen Kohlenstoff unterscheiden oder trennen können.

Außerdem muss das Gerät einem Systemeignungstest unterzogen werden. Dabei wird die Oxidation eines leicht oxidierbaren Stoffes (Saccharose) mit der einer schwer oxidierbaren Substanz (Benzochinon) in Beziehung gesetzt. Darüber hinaus schreibt die Europäische Pharmakopoea vor, dass mit dem gewählten Verfahren eine Nachweisgrenze von mindestens 50 µg/l TOC erreicht werden muss.

Die TOC-Bestimmung in Reinstwasser ist keinesfalls trivial und stellt besondere Herausforderungen an den Anwender. Grundsätzlich gilt: Es gibt kein TOC-freies Wasser. Selbst wenn die verschiedenen Aufbereitungsverfahren reinstes Wasser erzeugen, sind immer noch geringste Mengen von organischen Kohlenstoffverbindungen vorhanden. Wird das Wasser dem Herstellungsprozess entzogen und sozusagen 2frisch gezapft2, beginnt sofort der Anreicherungsprozess.

Die Dualität des Reinstwassers
Bei der Kontrolle dieser Reinstwässer muss sich der Anwender über die Dualität des Reinstwassers bewusst sein. Zum einen dient es als Betriebsmittel zur Herstellung von Standardlösungen oder Reagenzien. Die Analysatoren werden damit gereinigt und gespült. In diesen Wässern befindet sich bereits organischer Kohlenstoff, der miterfasst wird.

Zum anderen ist Reinstwasser die zu analysierende Probe, die keinen Blindwert enthält. Alle enthaltenen Kohlenstoffverbindungen sind Bestandteil des TOC-Gehalts der Probe. Diese Dualität führt zwangsläufig zu dem Problem, den Blindwert des Wassers mit zu erfassen, um ihn im TOC-Ergebnis zu berücksichtigen.

Eine mathematische Möglichkeit, die bei der TOC-Bestimmung von Reinstwasser verwendet wird, ist die Nullpunktverschiebung. Durch den Blindwert in den verwendeten Standard-Lösungen liegt der Y-Achsenabschnitt der Kalibriergeraden meist im positiven Bereich. Je kleiner der Messbereich, desto größer der Einfluss des Blindwerts auf die Kalibrierung. Bei der Nullpunktverschiebung erfolgt eine Parallelverschiebung der Geraden durch den Null/Null-Punkt. Dabei wird der Blindwert der Standardlösungen im TOC-Gehalt der Probe berücksichtigt.

Verunreinigungen aus der Umgebung
Neben den Blindwerten aus dem verwendeten Reinstwasser und den Reagenzien können Verunreinigungen aus der Umgebung hinzukommen. Diese sind oft zufällig und weder stabil noch eindeutig bestimmbar. Sie stammen aus den Verunreinigungen in Probeflaschen oder kommen aus der Laborumgebung.

Ein Versuch soll diesen Verunreinigungsprozess veranschaulichen. Dazu wurde ein Reinstwasser aus einer Flasche (HPLC-Reinstwasser) analysiert. Die TOC-Spezifikation des Wassers lag bei <5 µg/l. Ein Aliquot der Probe wurde entnommen und analysiert. Die Flasche wurde wieder fest verschlossen.

Bereits der erste Analysenwert entsprach nicht den Spezifikationen, sondern wies einen deutlich höheren TOC-Gehalt von 25 µg/l auf. Dieser Versuch wurde innerhalb von 3 h einige Male wiederholt. In diesem Zeitraum stieg der TOC-Gehalt bis über das Dreifache vom Anfangswert.

Fazit
Solche Versuche lassen sich leicht nachstellen und können Anhaltspunkte geben, in wie weit sich die Arbeitsumgebung auf die Verunreinigung von Reinstwässer auswirkt. Denn Quellen für organischen Kohlenstoffeintrag existieren im Labor zuhauf. Nicht nur Lösemittel spielen hier eine Rolle, auch der Anwender bringt durch seine Anwesenheit einen Kohlenstoffeintrag mit. Wichtig ist, dass sich jeder Anwender dieser Verunreinigung bewusst wird und entsprechende Maßnahmen zur Minderung und zur Erfassung des Blindwerts ergreift.

Sascha Hupach
Shimadzu Deutschland GmbH
Albert-Hahn-Str. 6-10
47269 Duisburg
E-Mail: info@shimadzu.de.

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