Raman-Spektrometer

Perfekte Kalibrierung von Raman-Spektrometern –

Einfluss auf Reproduzierbarkeit und instrumentenunabhängige Probenidentifikation
Bild 2: Die Banden des Koffeinspektrums in der Region niedriger Wellenzahlen zeigen den Effekt einer Streckung des Spektrums um 15 cm-1. Das Spektrum wurde auf einem DXR Raman-Mikroskop mit 780-nm-Anregungslaser erfasst. Legende: Originalspektrum: blau, gestrecktes Spektrum: rot.

Patricia Henson*)

  1. Raman Produktmanager, Thermo Fisher Scientific.
In den letzten Jahren hat sich die Raman-Spektroskopie von einer ausschließlich in der Forschung eingesetzten Analysemethode zunehmend zu einem anerkannten und leistungsfähigen Werkzeug für die Routine entwickelt. Inzwischen wird sie zahlreich in so unterschiedlichen Bereichen wie der Forensik, Qualitätssicherung, Konservierung von Kunstwerken sowie Defekt- und Schadensanalyse eingesetzt. Daraus ergeben sich neue Anforderungen an die Reproduzierbarkeit und die Stabilität dieser Methode.

Um schnell zu einem Ergebnis zu kommen, wird heute zur erfolgreichen Probenidentifikation die in den letzten Jahren immer umfangreicheren Spektrenbibliotheken genutzt, mit immer komplexeren Suchalgorithmen. Um jedoch experimentelle und Bibliotheksspektren mit einem Höchstmaß an Zuverlässigkeit miteinander korrelieren zu können, ist die konsequente Kalibrierung der für die Spektrenerfassung eingesetzten Raman-Spektrometer essentiell. Für Anwendungen in der Qualitätskontrolle ist es genauso wichtig, dass die auf einem Instrument erfassten Spektren zuverlässig mit auf anderen Instrumenten erfassten Spektren verglichen werden können und Ergebnisse auch dann konstant bleiben, wenn sie über längere Zeiträume gesammelt werden.

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Bei der dispersiven Raman-Spektroskopie gibt es drei Hauptursachen für die Nichtreproduzierbarkeit. Dazu zählen eine nicht ausreichende Kalibrierung der x-Achse (verschobene Wellenzahl) sowie zwei Ursachen für Abweichungen der y-Achse: Zum einen das wellenlängenabhängige Ansprechverhalten des Silizium-CCD-Detektors, zum anderen Schwankungen in der Ausgangsleistung des Anregungslasers. Der folgende Artikel beschäftigt sich mit den Auswirkungen dieser Nichtreproduzierbarkeit und mit Strategien zu deren Verminderung.

Kalibrierung der x-Achse

Einleitung

Eine präzise Kalibrierung der x-Achse ist besonders für die exakte Probenidentifikation mittels Spektrenbibliotheken erforderlich. Einige der in den Bibliotheken enthaltenen Spektren können sich sehr ähneln, so dass bereits geringfügige Verschiebungen der Bandpositionen durch Ungenauigkeiten bei der Kalibrierung eine erfolgreiche Suche verhindern.

Für die Nichtlinearität der Wellenlängendispersion des Detektors gibt es zwei Gründe, die durch das Gitter des Spektrometers verursacht werden. Der erste hängt mit der Sinusfunktion zusammen, welche die Wellenlängendispersion an sich beschreibt, während die zweite Ursache ein Ergebnis von Abbildungsfehlern ist, die bis zu einem gewissen Grad bei allen optischen Spektrometern vorhanden sind. Theoretisch reicht zur Beseitigung der ersten Ursache eine Einzel- oder Zweipunkt-Kalibrierung aus, um die Nichtlinearität auszuschalten. Um aber Abweichungen adäquat zu korrigieren und um Vergleiche von Spektrometer zu Spektrometer zu ermöglichen, ist jedoch eine Mehrpunkt-Kalibrierung erforderlich. Die zweite Ursache der Nichtlinearität liegt in den leichten Schwankungen der Anregungslaserfrequenz, die im Verlauf des Instrumentenbetriebs auftreten.
Die unterschiedlichen Verfahren für die x-Achsen-Kalibrierung hängen vom jeweiligen Anbieter ab und reichen von einer einfachen Einzelpunkt-Kalibrierung bis hin zu komplexen, softwaregesteuerten Mehrpunkt-Kalibrierungsalgorithmen. Idealerweise sollte die Kalibrierung vollautomatisch von der Software vorgenommen werden. Eine Wellenlängen-Kalibrierung sollte mehrere, präzis charakterisierte Linien im Emissionsspektrum einer Neonlichtquelle verwenden, um die Wellenlängennichtlinearität des Spektrometers zu korrigieren. Für die Kalibrierung der Anregungslaserfrequenz eignen sich hingegen mehrere Absorptionsbanden im Raman-Spektrum eines Kalibrierstandards aus Polystyrol.

Kalibrierung und Bibliothekssuchergebnisse

Ein Beispiel für eine erfolgreiche Suche in einer Bibliothek ist in Bild 1 dargestellt. Das Spektrum wurde mit einem Thermo Scientific DXR Raman-Mikroskop (Thermo Fisher Scientific) aufgenommen. Die automatisierte Kalibrierung des Spektrometers erfolgt anhand mehrerer Emissionsbanden im Neonlicht. Die Anregungslaserfrequenz wird anhand mehrerer Banden eines Polystyrolstandards kalibriert. Zur Optimierung der Kalibrierung über das gesamte Raman-Spektrum werden von dem OMNIC Softwarepaket entsprechende Funktionen ermittelt und angewendet. Bild 1 zeigt, dass das Koffeinspektrum eine Übereinstimmung von 99,8 % mit einem Standard-Bibliotheksspektrum aufweist. Die Auswirkungen ungenauer Kalibrierung auf die Ergebnisse einer Bibliothekssuche kann durch eine Verzerrung des Koffeinspektrums demonstriert werden.

Stauchung oder Streckung

Eine scheinbare Streckung oder Stauchung des Spektrums kann dadurch verursacht werden, dass bei der x-Achsen-Kalibrierung eine nicht ausreichende Anzahl weit auseinander liegender Neon-Emissionsbanden benutzt wurde. Folglich kann eine korrekte Dispersion nicht über das ganze Spektrum gewährleistet werden. Bild 2 veranschaulicht die Auswirkungen einer Streckung bei niedrigen Wellenzahlen des Koffeinspektrums. Die Auswirkungen einer Stauchung bzw. Streckung auf die Ergebnisse einer Bibliothekssuche sind in Tabelle 1 aufgeführt. Die Ergebnisse zeigen, dass durch mangelnde Kalibrierung verursachte geringe Verzerrungen es dem Suchalgorithmus immer noch erlauben, die Probe als Koffein zu identifizieren, jedoch mit geringerer Treffergenauigkeit. Größere Verzerrungen führen zu Ungenauigkeiten bei der Bibliothekssuche und Fehlidentifikationen.

Seitliche Verschiebung

Eine seitliche Verschiebung des Spektrums entlang der x-Achse durch mangelhafte Kalibrierung von x-Achse und Laserfrequenz verringert die Qualität der Bibliothekssuche (Tabelle 2). Eine Verschiebung des Koffeinspektrums um 2,5 cm-1 oder weniger erlaubt immer noch eine korrekte Identifizierung, jedoch mit leicht höherer Unsicherheit. Größere Verschiebungen führen wahrscheinlich zu Fehlidentifikationen von Proben.

Kalibrierung der y-Achse

Intensitätskorrektur

Erfolgreiche Bibliothekssuchvorgänge hängen auch von der akkuraten Kompensation wellenlängenabhängiger Unterschiede des Detektoransprechverhaltens ab. Dies ist besonders beim Einsatz von Lasern mit einer Anregungswellenlänge von 780 oder 785 nm äußerst kritisch, da das nach oben verschobene Wellenzahlenende des Raman-Spektrums in den Bereich des Wellenlängenspektrums fällt, in dem die Ansprechzeit des Silizium-CCD-Sensors rapide abfällt. Bei der Intensitätskorrektur muss eine standardisierte Lichtquelle zum Einsatz kommen, damit pixelweise Abweichungen des CCD-Sensors korrigiert werden können und das Abfallen in der Ansprechzeit des Silizium-CCD-Sensors bei längeren Wellenlängen ausgeglichen werden kann.

Die Notwendigkeit einer Intensitätskorrektur wird im C-H-Streckschwingungsbereich (2800...3200 cm-1) der mit einer Anregungslaser-Wellenlänge von 780 nm erfassten Koffeinspektren (siehe Bild 3) offensichtlich. Zur Probenidentifikation oder zu Zwecken der Qualitätssicherung werden Referenzspektren möglicherweise entweder bei kürzeren Anregungswellenlängen oder mit FT-Raman-Spektroskopie aufgenommen. Bei beiden Verfahren tritt keine Wellenlängenabhängigkeit des Detektors auf und die fehlende Intensitätskorrektur (Bild 3b) hat eine merkliche Auswirkung. Jede Methode, die auf einen Vergleich zwischen Bandenmaxima beruht, wird durch den nach unten und oben verschobenen Wellenzahlbereich des Spektrums negativ beeinflusst.

Mangelnde Intensitätskorrektur beeinträchtigt außerdem die Ergebnisse von Bibliothekssuchvorgängen. Die Übereinstimmung zwischen dem intensitätskorrigierten Spektrum und dem Koffeinspektrum der Bibliothek beträgt 98,5 %. Bei fehlender Intensitätskorrektur fällt die Trefferwahrscheinlichkeit auf 94,3 %.

Laserleistung

Die Intensität des Raman-Signals ist proportional zur Leistung des Anregungslasers. Es wurde jedoch beobachtet, dass auch bei neuen Lasern mit nominal identischen Leistungsspezifikationen ziemlich starke Schwankungen der abgegebenen Laserleistung auftreten können. Mit zunehmendem Alter des Lasers verringert sich die Leistungsabgabe erheblich, was zu noch stärkeren Schwankungen der Raman-Signalintensität von Instrument zu Instrument und von Laser zu Laser beiträgt.

Bei den meisten der handelsüblichen Instrumente gibt es keinen Versuch, diese Ursache für Nichtreproduzierbarkeit zu beheben. Im Lieferumfang der Instrumente ist daher meist ein Satz von Graufiltern (Neutral Density Filter) enthalten, die zur Verminderung der Laserintensität an der Probe in den Laserstrahl geschoben werden können. Dadurch kann man jedoch nur einen Prozentsatz der Gesamtleistung nutzen. Zudem ist eine Kontrolle der tatsächlich abgegebenen Leistung nicht möglich. Zu diesem Zweck verfügen das Thermo Scientific DXR Raman-Mikroskop und das DXR SmartRaman-Spektrometer über eine integrierte Laserleistungsregelung. Diese Vorrichtung nutzt einen variablen Graufilter und einen kalibrierten Leistungsmesser zur Messung und Anpassung der an die Probe abgegebenen Leistung, so dass die Gesamtleistungsmenge in mW festgelegt werden kann. Dadurch kann das Instrument eine reproduzierbare Laserleistung abgeben und Schwankungen von Laser zu Laser ausgleichen. Da die Leistungsregelung so eingestellt ist, dass die abgegebene Leistung etwas unterhalb der vom Hersteller angegebenen maximalen Laserleistung begrenzt wird, wird sichergestellt, dass das Instrument über die gesamte Lebensdauer des Lasers auf reproduzierbare Weise die maximal spezifizierte Laserleistung abgibt. Dies wird in Bild 4 veranschaulicht.

Schlussfolgerungen

Mit der Einführung bedienerfreundlicher automatisierter Instrumente wird die Raman-Spektroskopie immer schneller als wertvolles Analysewerkzeug akzeptiert. Dieses Verfahren eignet sich besonders für die Identifizierung von Verbindungen, da inzwischen zahlreiche umfangreiche und vielfältige Raman-Spektrenbibliotheken verfügbar sind. In der Vergangenheit glaubte man, dass sich die Durchführung erfolgreich korrelierter Suchvorgänge für Spektren, die auf anderen Instrumenten erfasst wurden, als schwierig erweisen würde. Die Ergebnisse in diesem Artikel zeigen jedoch, dass sich – obwohl Verzerrungen durch mangelnde Kalibrierung die Bibliothekssuche beeinträchtigen können – die routinemäßige Probenidentifikation durch Bibliothekssuche durchsetzen wird. Dies setzt jedoch eine konsequente Kalibrierung von Raman-Spektrometern mithilfe von Mehrpunkt-Kalibrierungsverfahren voraus.

Zu anderen Ursachen für eine Nichtreproduzierbarkeit zählen auch ein mangelnder Ausgleich des wellenlängenabhängigen Ansprechverhaltens des Silizium-CCD-Detektors sowie ein fehlender Ausgleich der Schwankungen bei der Leistungsabgabe des Lasers. Durch die Behebung all dieser in diesem Artikel dargelegten Ursachen kann die Raman-Spektroskopie binnen kurzer Zeit ihren Platz als Routineverfahren in der Qualitätskontrolle finden.

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