Internet-Schaufenster

Web-Controlling im B2B-Umfeld – Teil 2

Was kann man wirklich messen?

Dr. Torsten Beyer, ANALYTIK NEWS (www.analytik-news.de)

Ging es im Teil 1 um die Frage „Was darf man wirklich messen?“, beschäftigt sich Teil 2 mit dem Problem „Was kann man wirklich messen?“. Die Quintessenz aus beiden Teilen finden Sie am Ende (d. Red.).

Interpretation der Daten

Nach so vielen Möglichkeiten und Fallstricken, die die erhobenen Zahlen verfälschen können, und einer kurzen Beleuchtung der datenschutzrechtlichen Probleme wollen wir uns nun mit der Interpretation der erhobenen Daten aus Sicht eines Werbetreibenden anhand eines praktischen Beispiels beschäftigen. Wenn ein Anbieter von Laborgeräten eine Anzeige für ein neues Produkt bei einem oder mehreren Online-Portalen schaltet, dann will er natürlich wissen, was ihm das konkret bringt. Messgrößen sind hier die Laufzeit und die Kosten der Anzeige, die resultierenden Anfragen und die erzielten Erlöse. Leider sind für den Werbetreibenden im B2B-Umfeld hier in der Regel nur die Anzeigenkosten und die Laufzeit exakt zu bestimmen. Das liegt an verschiedenen Faktoren:

1. Derjenige, der eine Anzeige für ein Gerät liest (z.B. ein Labormitarbeiter), entscheidet nicht unbedingt selbst über dessen Anschaffung. Er wird die Information an einen Vorgesetzten oder den Einkauf weitergeben, der dann ein Angebot einholt. Dass der Kontakt ursprünglich über eine Anzeige auf der Webseite X hergestellt wurde, geht dabei oft verloren.

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2. Selbst wenn der für die Anschaffung des Geräts Verantwortliche die Anzeige liest, wird er nur in Ausnahmefällen ein Kontaktformular unterhalb der Anzeige auf der Webseite X ausfüllen, das den Kontakt eindeutig zuordnen würde. Am Wahrscheinlichsten ist dies, wenn er noch keinen Ansprechpartner bei dem Anbieter kennt oder das Ausfüllen des Formulars durch einen Login mit Adressspeicherung relativ einfach gestaltet ist. Alternativ informiert er sich direkt auf der Homepage des Anbieters, greift zum Telefon, schreibt ein Fax, kontaktiert den ihm bekannten Außendienstmitarbeiter des Anbieters, fragt ein Angebot bei einem oder mehreren Laborfachhändlern an oder besucht das Unternehmen auf der nächsten Messe. Bis zu einer Bestellung kann viel Zeit vergehen, manchmal Monate oder sogar Jahre. Und auch hier geht die Zuordnung des Kontakts zur Webseite X oft verloren.

3. Die bei einem Online-Medium erfragten Zugriffszahlen auf eine Anzeige („PageImpressions“) sind für den Werbetreibenden nicht überprüfbar und können durch automatisierte Zugriffe oder „Irrläufer“ aus Suchmaschinenrecherchen, die eigentlich etwas ganz anderes suchen, mehr oder weniger stark verfälscht sein. Die Zahl der Seitenabrufe einer Anzeige bei mehreren Medien sind daher nur schwer direkt vergleichbar, je nachdem, welche Filter eingesetzt werden. Dennoch sind es nützliche Kennzahlen, um verschiedene eigene Anzeigen beim gleichen Online-Medium zu vergleichen. Eigene Zählpixel in den Anzeigen wären für einen objektiven Vergleich verschiedener Medien zwar sinnvoll, aber datenschutzrechtlich wieder problematisch.

Diese drei Punkte zeigen deutlich auf, dass es in der Regel unmöglich ist, den Erfolg einer Online-Anzeige für ein Laborprodukt exakt zu messen, egal welch ausgeklügelte Tracking-Mechanismen man auch einsetzt. Es gibt aber viele Kunden, die Online-Werbung exakt so bewerten nach dem Motto „Ich habe auf Portal X für 1000 Euro Werbung geschaltet, aber nachweislich nur für 300 Euro Umsatz erzeugt, also war die Kampagne nicht erfolgreich“. Eine solche Aussage ist aber nur gerechtfertigt, wenn man Online-Kampagnen macht, die das Feedback wirklich vollständig messen können.

Kann man Resonanz 100%ig messen?

Nein, aber fast! Bleiben wir hier wieder bei dem Beispiel des Labormitarbeiters. Er sieht in einer Anzeige eine Krawatte mit Chemiemotiven, die er einem Kollegen zum Geburtstag schenken will. Er entscheidet spontan, die Krawatte zu kaufen, in dem er den Link anklickt und die Krawatte direkt bestellt. Nutzt der Shop nun entsprechende Tracking-Mechanismen, so kann er eine Bestellung direkt mit einer bestimmten Werbemaßnahme korrelieren. Aber auch bei diesem Szenario gibt es Streuverluste, wenn er sich die Krawatte anschaut, sich die Shop-Adresse merkt oder speichert und die Bestellung erst ein paar Tage später macht und Cookies löscht oder einen anderen PC dafür nutzt. Um dies auszuschließen, dürfte es den entsprechenden Bestell-Link nur in der Werbeanzeige, aber nicht irgendwo auf der Webseite geben. Dann könnte man exakt messen.

Wenn wir dieses Szenario auf das erste Beispiel des Laborgeräteanbieters anwenden, würde das bedeuten: In einer Werbeanzeige wird auf ein Laborgerät ohne Angabe des Herstellers hingewiesen und Interessenten werden gezwungen, ein Online-Formular unterhalb der Anzeige auszufüllen, um weitere Details zu erfahren. Dabei ist es verboten, diese Details an andere (z.B. andere Abteilungen, Firmenstandorte etc.) weiterzugeben. Bestellungen darf nur der Interessent selbst über einen nur ihm bekannten Bestelllink machen. Die Kontaktdaten werden vom Laborgerätehersteller für mehrere Jahre gespeichert und jede Bestellung des Geräts den so gewonnen Kontaktdaten zugeordnet.

Jeder Leser wird zustimmen, dass ein solches Szenario nie vorkommen wird, da es einerseits absolut kundenunfreundlich und nicht umsetzbar wäre. Als Online-Medium sollte man es den Nutzern möglichst einfach machen, mit dem Anbieter in Kontakt zu treten und mehre Kontaktwege anbieten (Mail, Telefon, Fax, Link zur Homepage). Wenn man beistimmte Kontaktformen (z.B. ein Formular) zwingend vorschriebt, läuft man sogar als Werbetreibender Gefahr, Anfragen zu verlieren und das will ja eigentlich niemand.

Tipps für sinnvolles Web-Controlling

Was kann ein Werbetreibender Sinnvolles tun, um Online-Werbung zu bewerten? Zum einen kann er die Resonanz der gleichen Anzeige bei unterschiedlichen Online-Medien relativ zueinander vergleichen oder mehrere eigenen Anzeigen beim gleichen Medium. Mögliche Messgrößen hierfür sind die Zahl der Seitenabrufe der Anzeige bei den einzelnen Medien (mit den oben genannten Einschränkungen), die Anzahl der ausgefüllten Kontaktformulare und die Anzahl der Klicks auf Links zur eigenen Firmen-Homepage innerhalb des Anzeigentexts, die der Anbieter aus seinen eigenen Server-Logfiles ermitteln kann („Referrer“). Außerdem sollte er bei jeder Kontaktanfrage, die er über die unterschiedlichen Kanäle erhält (Mail, Fax, Messe etc.) immer nachfragen, wie ein Interessent ursprünglich auf ein Gerät aufmerksam wurde, um die oben beschriebenen Streuverluste zu reduzieren. Da die Kosten der Maßnahmen bekannt sind, kann man so relative Vergleiche des Werbeerfolges zwischen verschiedenen Online-Medien anstellen. Gut nachvollziehbar sind die ursprünglichen Kontakte beispielsweise bei Seminaren, wo das oft in den Bewertungsfragebögen ermittelt wird, oder bei Stellenanzeigen, da sich Bewerbungen oft auf die Quelle beziehen, wo sie die Anzeige gelesen haben. Bei Laborprodukten ist es wie oben beschrieben weitaus schwieriger.

Um einzelne Maßnahmen genauer zu quantifizieren, helfen spezielle Tracking-Links in Werbeanzeigen in Kombination mit auf der eigenen Webseite eingesetzten Analysetools wie das schon erwähnte Google Analytics®, um konkret das Feedback auf Anzeigen zu messen. Oder man erstellt spezielle „Landing Pages“ auf der eigenen Homepage, die dort nirgendwo verlinkt sind. Es gibt auch Werbetreibende, die individuelle Kontaktformulare auf ihrer eigenen Homepage bereitstellen, die beispielsweise Anforderungsmöglichkeiten für Prospektmaterial oder die Anforderung eines telefonischen Rückrufs ermöglichen. Hier kann man dann selbst die Zugriffe auf das Formular und die tatsächlich abgeschickten Anfragen einfach ermitteln. Allerdings entgehen einem auch hier Anfragen per Telefon oder Fax.

Noch einfacher ist es, einen Link innerhalb einer Anzeige bei Portal X wie folgt individuell zu maskieren: „www.herstellerseite.de/produkt_a.html?portal_x“. Eine Erweiterung um einen solchen Parameter ist immer möglich und leicht in der eigenen Serverstatistik identifizierbar. Viele Werbetreibenden bitten auch die Online-Medien, diese Links zu zählen. Das ist zwar technisch möglich, aber man vergibt damit die Chance nachzuverfolgen, was ein solcher Besucher auf der eigenen Webseite macht. Außerdem ist der Wahrheitsgehalt solcher Angaben wie oben beschrieben für den Werbetreibenden nicht verifizierbar. Sinn macht dies eigentlich nur bei Werbeanzeigen in E-Mail-Newslettern, da hier die „Referrer“ oft nicht übermittelt werden.

Online-Medien im Spannungsfeld

Wenn man die vielen hier aufgezeigten Möglichkeiten des Web-Controllings sieht, versteht man sicher auch das Spannungsfeld, in dem sich Online-Medien bewegen. Die Leser wollen sich unverbindlich über Produkte und Dienstleistungen informieren, die Werbekunden wollen möglichst viele (persönliche) Daten der Leser einer Anzeige gewinnen, um daraus letztlich möglichst hohe Erträge zu erzielen.

Wir von ANALYTIK NEWS haben hier ganz klare Richtlinien: Jeder Kunde sollte selbst Tools wie Google Analytics, Cookies, Tracking-Links etc. einsetzen, um auf seiner eigenen Webseite den Erfolg von Werbemaßnahmen auf unserem Portal zu messen. Wir beraten ihn gerne dabei und helfen ihm bei der dafür erforderlichen Optimierung seiner Anzeigen. Er erhält auch gerne die Zugriffszahlen auf seine Anzeigen, die Zahl der übermittelten Anfragen über das Kontaktformular oder die Klickrate seiner Banner. Es ist für uns aber völlig ausgeschlossen, IP-Adressen von Interessenten, die sich eine Anzeige auf unserer Homepage oder den Newsletter angesehen haben, an Werbekunden weiterzugeben oder sogar Adressdaten, die der Nutzer nicht selbst per Kontaktformular an den Werbetreibenden übermittelt. Alles andere verstößt nach unserer Ansicht gegen deutsches Recht und ist nicht im Sinne des Nutzers, der sich dann vielleicht wundert, warum er Post oder Anrufe erhält, nur weil er sich ein Gerät auf unserer Seite angesehen hat. Notfalls verzichten wir auf Aufträge, wenn Werbekunden die Weitergabe dieser Daten zur Bedingung für die Schaltung von Anzeigen machen.

Wie andere Medien im In- und Ausland damit umgehen, ist sicher eine interessante Frage. Der Schutz persönlicher Daten ist in Deutschland sicher strenger geregelt als im angelsächsischen Raum. Man sollte sich als Nutzer immer die entsprechenden Datenschutzerklärungen auf den Webseiten ansehen oder konkret nachfragen, was genau weitergegeben wird. Verstöße in Deutschland kann man dem jeweiligen Datenschutzbeauftragten seines Bundeslandes melden, im Ausland hat man da leider wenig Handhabe. Letztlich sollte man solche Angebote einfach meiden.

Fazit

Werbetreibende sollten sich generell davon lösen, Online-Anzeigen nur an direkten Verkäufen zu messen, es sei denn, man macht Kampagnen, die ein zuverlässiges Controlling gestatten. Dafür sind die Beschaffungsprozesse im B2B-Umfeld leider oft viel zu komplex und langwierig und laufen über zu viele Stationen. Außerdem tut man damit jedem Online-Medium Unrecht, weil die ursprünglichen Impulse für eine Anschaffung in vielen Fällen verloren gehen, Henry Ford lässt grüßen. Es kommt auch niemand auf die Idee, Printwerbung so zu bewerten. Im B2C-Umfeld dagegen lässt sich Resonanz viel zuverlässiger messen.

Für Online-Medien gilt es immer auch Rücksicht auf die Datenschutzgesetze zu nehmen. Nicht alles, was technisch machbar ist, ist auch rechtlich zulässig. Internetnutzer sind heute sehr sensibel für solche Verstöße. Im Extremfall kaufen Sie bei anderen Anbietern oder meiden bestimmte Online-Medien, die zu freizügig Daten weitergeben oder zu viele persönliche Daten erheben.

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