Flüssigchromatographie in der zweiten Dimension

Von der UHPLC zur LCxLC

Effektive Steigerungen der Peak-Kapazität in der UHPLC erfordern den Vorstoß in eine zusätzliche chromatographische Dimension. Die zweidimensionale LC und deren Weiterentwicklung zur "Comprehensive LC" (LCxLC) etablierten sich bereits zu den Trenntechniken mit den höchsten Peak-Kapazitäten. Wenn die Teilchengröße in der Ultra-Hochdruckflüssigkeitschromatographie UHPLC zur Verbesserung der Trennleistung immer kleiner werden soll, setzt der enorm ansteigende Gegendruck dieser Strategie rasch ein physikalisches Ende. Im Streben nach immer noch mehr Peak-Kapazität zeigt sich die zweidimensionale LC erfolgreich.
Bild 1: Serielles Heart-Cutting (2D-LC) zur Auftrennung von zwei co-eluierenden Peak-Gruppen (erste Säule; 1D) auf einer zweiten Säule (2D) unterschiedlicher Phasenselektivität (rot/blau bzw. gelb/grün) mittels Dual-Loop-Schaltventil-Konfiguration (rechts). © Agilent Technologies

2D-LC – Heart-Cutting

Die einfachste Form der 2D-LC ist das "Herausschneiden" einer Fraktion einer LC-Säule mittels Säulenschaltventils und Umlenkung auf eine zweite Säule orthogonaler Trennselektivität. Der Transfer eines z. B. unaufgelösten Peaks in Form eines relativ kleinen Elutionsbereiches der 1. Dimension auf die 2. Trennsäule wird als Heart-Cutting (2D-LC) bezeichnet und ist in der Routine für wenig komplexe Proben bereits gut etabliert.

Die Hauptaufgabe der Heart-Cutting-2D-LC ist es, einen unaufgelösten Peak, der aus mehreren Substanzen mit sehr ähnlichen Eigenschaften besteht, in einer einzigen Fraktion auf die zweite Säule zu transferieren. Die zweite Dimension soll dann die Co-Eluierenden mittels unterschiedlicher Trennmechanismen in die Einzelkomponenten auftrennen (Bild 1 unten).

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Im Prinzip kann das Heart-Cutting im Lauf eines Chromatogramms auch wiederholt durchgeführt werden. Aber nur, wenn die Zeit zwischen zwei Schnitten für die vollständige Elution auf der 2. Säule ausreicht. Treten im Chromatogramm der 1. Dimension aber an verschiedenen Stellen mehrere Co-Elutionen mit den Zielkomponenten auf, ist die Trennung auf der 2. Säule meist nicht mehr schnell genug für die übliche 2D-LC. Es kann dann zu Überlappungen der Schnitte kommen.

Das ist im dargestellten Beispiel mit Cut #1 und #2 der Fall. Durch den Zeitbedarf der grau dargestellten Gradientenelution gehen die zwei Peaks dazwischen (orange und gelb) für die 2. Dimension verloren. Ein optionaler Detektor ("1D-detector" im Schaltschema Bild 1) nach der 1. Säule würde die zwei Peaks erfassen.

mLC-LC – Multiple-Heart-Cutting

Für diejenigen Fälle, wo die Abstände zwischen den Peakpaaren zu gering für jeweils vollständige 2D-Auftrennungen sind, wurde die sog. Multiple-Heart-Cutting-Technik mLC-LC entwickelt (Bild 2). Sie ermöglicht eine größere Flexibilität und die Anwendung längerer Zykluszeiten bzw. längerer Säulen. Für das Multiple-Heart-Cutting werden meist zwei Multi-Port-Schaltventile, die jeweils mit mehreren Proben-Loops ausgestattet sind, über ein Mehrwegeventil miteinander gekoppelt. Bild 2 zeigt rechts ein Beispiel für die Zusammenschaltung von solchen Spezialventilen mit z. B. insgesamt zwölf Proben-Loops (jeweils 40 µl Fassungsvermögen).

Der Unterschied zum klassischen Heart-Cut ist, dass bei der mLC-LC die Loops beider Ventile wechselweise zum "Parken" der koeluierenden Peakgruppen genutzt werden können (Deck A bzw. B). Die herausgeschnittenen Fraktionen werden quasi zwischengespeichert und dann seriell in der 2. Dimension aufgetrennt. Das bedeutet mehr Freiheit bei der Säulengeometrie und den Flussraten beider Dimensionen und begünstigt die Optimierung der Trennbedingungen.

Im Gegensatz zur 2D-LC in Bild 1 können nun die dort "übersehenen" Substanzen (orange, gelb und blau) auch in der 2. Dimension analysiert werden. Selbst die drei überlappenden Peaks der Detailvergrößerung werden durch drei Cuts in der mLC-LC erfasst.

Vielfach wird das Heart-Cutting und auch das Multiple-Heart-Cutting zur Überprüfung der Peak-Reinheit bei Target-Analysen genutzt, bei welchen das Auflösungsvermögen der eindimensionalen (U)HPLC nicht ausreicht.

LCxLC – Comprehensive LC

Bild 2: Multiple-Heart-Cutting (mLC-LC) mittels spezieller Kombination von Multi-Port-Schaltventilen mit 2-mal sechs Proben-Loops zur Separierung von mehreren Peakgruppen aus einem 1D-Chromatogramm. © Agilent Technologies

Im Gegensatz zur Heart-Cutting-LC, die nur einen kleinen Anteil des Elutionsvolumens der ersten Säule in die zweite Dimension transferiert, wird bei der "Comprehensive LC" die gesamte Probe, oder zumindest ein umfassender und zusammenhängender Elutionsbereich, zwei unterschiedlichen Trennmechanismen unterworfen. Wie die Bezeichnung "comprehensive" (engl.; dt.: umfassend) schon sagt, geht es um die vollständige Erfassung aller Komponenten. Die Technik wird daher primär bei sehr komplexen Gemischen eingesetzt und beschränkt sich nicht auf bestimmte Zielanalyten. Die speziellen Aufgabenstellungen der LCxLC rechtfertigen daher auch den technischen Mehraufwand bei der 2D-Chromatographie und den Einsatz meist hochauflösender, schnell scannender Massenspektrometer als Detektor.

In der LCxLC werden zwei unterschiedliche Säulen über ein spezielles Multi-Port-Schaltventil (Modulator) miteinander verbunden und damit das Säuleneluat der ersten Dimension, permanent in kleine Volumenfraktionen aufgeteilt (Bild 3). Diese werden wechselweise in einer von zwei gleichen Loops gesammelt und dann sofort auf die zweite Säule injiziert. Dies passiert in einem sich ständig wiederholenden alternierenden Zyklus.

Während das Eluat der 1. Dimension die Probenloop L-1 befüllt (Bild 3 oben; blau), spült die Pumpe der 2. Dimension den Inhalt der Schleife L-2 (rot) auf die 2. Trennsäule. Nach dessen recht schneller Chromatographie wird das Modulator-Ventil in die andere Position geschaltet (Bild 3 unten). Dadurch wird nun der Inhalt der Loop L-1 in die 2. Dimension transferiert (rot), während gleichzeitig die Probenschleife L-2 aus der 1. Dimension befüllt wird (blau).

Ein typisches LCxLC-System funktioniert mit einer niedrigen Flussrate in der 1. Dimension und hohem Fluss in der 2. Dimension, da die Analysenzyklen von Säule 2 sehr kurz sein müssen. Erst die UHPLC hat die dafür notwendige Geschwindigkeit in die zweite Dimension gebracht.

Die Größe der Loops hängt vom Volumen der mobilen Phase ab, die pro Modulationsperiode übertragen werden soll, und dieses wird u. a. wiederum von den Säulendimensionen und Flussraten beider Dimensionen bestimmt. Dabei kann der Inhalt eines Loops nur auf die zweite Säule aufgegeben werden, wenn das vorherige Probenaliquot komplett aus der zweiten Dimension herauseluiert ist. Während für die Analysenzeit der ersten Säule praktisch kaum Einschränkungen bestehen, ist es in der zweiten Dimension unbedingt erforderlich, die Elution innerhalb der Modulationsperiode vollständig abzuschließen.

Bei der Comprehensive LCxLC ist eine sehr schnelle Chromatographie in der zweiten Säule daher Voraussetzung. Deshalb kommen dafür praktisch nur kurze Säulen mit kleinen Teilchen und schnellen Gradienten in Frage. Die Gradientenelution ist oft notwendig, um der Neigung zur Bandenverbreiterung mit rasch ansteigender Elutionsstärke entgegenzuwirken. Als Nachteil muss in Kauf genommen werden, dass die dafür notwendige Re-Äquilibrierung den zeitlichen Spielraum für die Chromatographie einengt.

Im Gegensatz zu Heart-Cutting und mLC-LC ist die Gesamtanalysenzeit der LCxLC meist nur geringfügig höher als die Analysenzeit der ersten Dimension.

Orthogonal und kompatibel

Von ganz entscheidender Bedeutung ist die Orthogonalität der beiden Trennphasen. Nur bei hoher Orthogonalität kann die Peak-Kapazität multiplikativ aus beiden Dimensionen gewonnen werden.

Bild 3: Comprehensive LCxLC, bei der das gesamte Eluat der ersten Dimension in Fraktionen aufgeteilt, auf die zweite Dimension transferiert und vollständig zweidimensional analysiert wird (oben Mitte: Ventil-Konfiguration mit zwei Loops; rechts oben: 2D-Darstellung in der Vogelperspektive). © Agilent Technologies

Üblicherweise stehen folgende Phasentypen für Kombinationen zur Verfügung: NP Normalphasen; RP Reversed Phase (Umkehrphasen; z. B. C18); HILIC Hydrophilic Interaction Liquid Chromatography; SEC Size Exclusion Chromatographie (Größenausschluss); IEX Ion Exchange Chromatographie (Ionenaustausch) und AC Affinity Chromatography (Affinität).

Bei allem Streben nach Orthogonalität darf die notwendige Kompatibilität der Laufmittel zwischen den zwei Dimensionen nicht vernachlässigt werden. Dabei ergibt sich meist ein Zielkonflikt, da stark unterschiedliche Trennmechanismen wie NP und RP (NP = Normalphase; RP = Reversed Phase) hinsichtlich der Laufmittel oft nicht kompatibel sind. Obwohl RP mit RP als Kombination definitionsgemäß nur eine geringe Orthogonalität "zustande" bringt, lassen sich schon mit unterschiedlichen pH-Werten bei bestimmten Applikationen trotzdem ausreichende 2D-Trenneffekte erzielen. Und bei Kompatibilität und Anwendbarkeit kommen Vorteile einer RP/RP-Kombination am besten zum Tragen.

In Bild 4 werden mögliche Phasen-Kombinationen in erster Linie zur Abschätzung von Orthogonalität und Laufmittelkompatibilität gegenübergestellt. Die Comprehensive LCxLC kann dann erfolgreiche Trennungen bringen, wenn ein möglichst hohes Maß an Orthogonalität erreicht wird und gleichzeitig ein Mindestmaß an Kompatibilität der Laufmittel gewährleistet ist.

Die Komplexität der Hardwarekonfiguration und vor allem des Optimierungsaufwands nimmt von der Heart-Cutting-Technik über das Multiple-Heart-Cutting hin zur Comprehensive LCxLC zu. Dies betrifft insbesondere folgende Parameter, die in der aufgeführten Reihenfolge für eine erfolgreiche Durchführung der entsprechenden Technik immer wichtiger werden:

  • Kompatibilität der Eluenten zwischen beiden Dimensionen
  • Orthogonalität der LC-Phasen zwischen beiden Dimensionen
  • Dimensionierung der beiden Säulen
  • Optimierung der beiden Flussraten und deren Verhältnis
  • Optimierung und Zeitbedarf des Gradienten in der 2. Dimension (inkl. Re-Äquilibrierung)
  • Transferzeit bzw. Modulationsdauer
  • Volumen der Proben-Loops
  • Interface-Design (Multi-Port-Schaltventile, Auswahl und Konfiguration)
  • Effekt der Lösungsmittelstärke des transferierten Probenanteils auf der 2. Dimension

Nähere Informationen mit Guidelines und praktischen Hilfestellungen zur LCxLC finden sich z. B. in [1], [2] und [3].

Zukunftspotenzial

Die zweidimensionale LCxLC kann die Trennleistung im Idealfall durch Multiplikation der Peak-Kapazitäten beider Dimensionen in sehr große Höhen steigern. Selbst mit modernen Hochleistungstrennsäulen, unter Ultrahochdruckbedingungen und stundenlanger Chromatographie kann die Peak-Kapazität mit eindimensionaler Trennung kaum über 1 000 gehoben werden [4]. Mit der LCxLC-Technik hingegen ist es schon gelungen, eine Peak-Kapazität von 2 100 innerhalb von 60 Minuten zu erreichen [5]. Sie gilt als die aussichtsreichste, derzeit realisierbare Technik zur wesentlichen Steigerung der Peak-Kapazitäten.

Bild 4: Darstellung der Orthogonalität und Lösungsmittel-Kompatibilität von verschiedenen HPLC-Phasen und deren Eignung in der jeweiligen Kombination (zu den Abkürzungen s. Artikel). © Agilent Technologies (Udo Huber)

Im Moment zeichnet sich mit der kommerziellen Verfügbarkeit von Comprehensive-2D-LC-Systemen ein Boom dieser Technik ab. Die LCxLC bedarf allerdings einer verbesserten Modulationstechnik, da hier noch mit Probenverdünnung und Bandenverbreiterung beim Schaltvorgang (Modulation) zu kämpfen ist. Leider fehlt ihr ein hocheffektiver Aufkonzentrierungsmechanismus, wie ihn die GCxGC mit der thermischen Modulation (Cryofokussierung) hat.

Neuere Entwicklungen zeigen aber, dass aktive Modulationstechniken die Probleme lindern können [6]. Ein Beispiel dafür ist die sog. Active Solvent Modulation ASM, für die es bereits erhältliche Ventilkonfigurationen gibt. Auch die Stationary Phase Assisted Modulation SPAM [7] ist eine ausbaufähige, aktive Variante. Im Gegensatz zur passiven Modulation, bei welcher das Eluat der 1. Dimension einfach in die Sample Loop läuft und nur gesammelt wird, kann es mit SPAM in einer kleinen Patrone mit stationärer Phase, die auch als Trap verstanden werden kann, angereichert werden.

Neue Ansätze bei der Software bzw. deren Weiterentwicklung für die Visualisierung und Quantifizierung der Comprehensive LC sind notwendig und im Gange.

Mit weiter verbesserten Detaillösungen, komfortablerer Software und deren Unterstützung bei der Optimierung der zahlreichen Einzelparameter z. B. durch Computer-Simulation [8] kann auch die LCxLC den Durchbruch in die Routineanalytik schaffen.


Literatur

[1] P.W. Carr and D.R. Stoll:"Two-Dimensional Liquid Chromatography; Principles, Practical Implementation and Applications" (Agilent 5991-2359E), 2015; www.agilent.com/cs/library/primers/Public/5991-2359EN.pdf
[2] B.W.J. Pirok, A.F.G. Gargano, and P.J. Schoenmakers: "Optimizing separations in online comprehensive two-dimensional liquid chromatography"; J. Sep. Sci. 41(1), 68–98; 2018
[3] B.W.J. Pirok, P. J. Schoenmakers: "Practical Approaches to Overcome the Challenges of Comprehensive Two-Dimensional Liquid Chromatography"; LCGC Europe Volume 31 Number 5; 2018
[4] P.J. Eugster et al., "Peak capacity optimisation for high resolution peptide profiling in complex mixtures by liquid chromatography coupled to time-of-flight mass spectrometry: Application to the Conus consors cone snail venom", J Chromatogr A, 1259, 187–199; 2012
[5] D.R. Stoll et al., "Fast, comprehensive online two-dimensional high performance liquid chromatography through the use of high temperature ultra-fast gradient elution reversed-phase liquid chromatography", J Chromatogr A, 1122 123–137; 2006
[6] D.R. Stoll, K. Shoykhet, P. Petersson, and S. Buckenmaier: "Active Solvent Modulation: A Valve-Based Approach To Improve Separation Compatibility in Two-Dimensional Liquid Chromatography", Anal. Chem. 89(17), 9260–9267; 2017
[7] Rudy J. Vonk, Andrea F. G. Gargano, Ekaterina Davydova, Henk L. Dekker, Sebastiaan Eeltink, Leo J. de Koning, and Peter J. Schoenmakers: "Comprehensive Two-Dimensional Liquid Chromatography with Stationary-Phase-Assisted Modulation Coupled to High-Resolution Mass Spectrometry Applied to Proteome Analysis of Saccharomyces cerevisiae"; Analytical Chemistry 2015 87 (10), 5387-5394; 2015
[8]B.W.J. Pirok, S. Pous-Torres, C. Ortiz-Bolsico, G. Vivó-Truyols, and P.J. Schoenmakers: "Program for the interpretive optimization of two-dimensional resolution"; J. Chromatogr. A 1450, 29–37; 2016

AUTOR
Wolfgang Brodacz

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