Sensitive und spezifische Diagnose im Frühstadium
Lyme Borreliose
Eine neue Möglichkeit, eine Borrelieninfektion bereits kurz nach einem Zeckenbiss sensitiv und spezifisch nachzuweisen, bietet ein spezieller Enzyme-Linked Immuno SPOT (EliSpot)-Assay.
Lyme Borreliose, hervorgerufen durch das Bakterium Borrelia burgdorferi sensu lato, ist die bedeutendste durch Zecken übertragene Infektionserkrankung in Europa. Ein direkter Nachweis der Borrelie als wichtigster Parameter der Infektion ist allerdings nur innerhalb weniger Tage nach einem Zeckenbiss möglich. Die nach der Diagnose der typischen klinischen Symptome üblicherweise durchgeführte serologische Untersuchung ist jedoch in dieser Frühphase wenig aussagekräftig, da bis zu vier Wochen nach dem Zeckenbiss noch keine Antikörper vorhanden sind. Auch später ist das Verfahren keineswegs zuverlässig und weist eine hohe Fehlerquote auf.
Der sogenannte LymeSpot-Assay erlaubt hingegen eine Überwachung der T-Zell-vermittelten Immunantwort und hilft dadurch unklare serologische Befunde abzuklären. Dies gilt insbesondere in frühen Stadien und bei persistierenden Infektionen, wenn die klinischen Symptome nicht mit den Ergebnissen der Serologie übereinstimmen.
Gefahr einer Multisystemerkrankung
Allein in Deutschland wird die Zahl der Neuinfektionen mit Lyme Borreliose durch Bisse des gemeinen Holzbocks (Ixodes ricinus) auf 60 000...100 000 pro Jahr geschätzt. Vor allem Süddeutschland gilt als Hochendemiegebiet. Die Infektion mit dem Bakterium kann zu einer Multisystemerkrankung, also einer chronischen entzündlichen Erkrankung des gesamten Körpers, führen. Anfangs beschränkt sich diese auf eine charakteristische, annähernd kreisförmige Hautrötung um die Bissstelle herum, das Erythema migrans (Stadium I). Im weiteren Verlauf kann die Borreliose Herz, Gelenke, Augen sowie das periphere und das zentrale Nervensystem befallen (auch Neuroborreliose genannt, Stadium II). Da es in Europa bislang keinen geeigneten Impfstoff gegen Borrelien gibt, ist eine unmittelbare Behandlung mit Antibiotika angezeigt, um Spätschäden zu verhindern. Etwa 10 % der Patienten leiden auch nach einer Therapie an Beschwerden und es kommt zur chronischen Lyme Arthritis, Acrodermatitis chronica atrophicans (ACA) oder einer chronischen Encephalomyelitis (Stadium III).
Nach dem Auftreten der typischen Symptome wie Wanderröte oder Gelenkschmerzen, folgt üblicherweise ein zweistufiger diagnostischer Nachweis, der allerdings oft unbefriedigend ist: Zunächst soll ein sensitiver, jedoch wenig spezifischer Enzyme Linked Immunosorbent Assay (ELISA)-Suchtest erste Antikörper nachweisen. Bei fraglichen und positiven Befunden erbringt der Immunoblot eine spezifische Bestätigung und damit die bislang sichersten Ergebnisse. Doch die Serologie kennt viele Ausnahmen und Sonderfälle und korreliert vor allem in der Frühphase – bis zu vier Wochen nach dem Zeckenbiss –, wenn noch keine Antikörper vorhanden sind, und in den späteren Phasen einer Borreliose nicht unbedingt mit den beobachteten Symptomen. Hinzu kommt, dass die serologischen Testsysteme eine hohe Fehlerquote aufweisen.
Schritt in Richtung ideale Diagnostik
Besteht der Verdacht auf eine mögliche Borrelieninfektion, sollte eine ideale Diagnostik diese möglichst früh nach einem Zeckenbiss sowohl sehr sensitiv als auch spezifisch nachweisen. Außerdem sollte sie den Erfolg einer (Antibiotika-)Therapie belegen und, wenn möglich, eine akute von einer erfolgreich therapierten Borreliose unterscheiden können. Bei persistierenden Beschwerden wäre auch eine Aussage über dieses sogenannte „Post-Lyme-Syndrom“ sehr wichtig.
Aufgrund der genannten Nachteile der bisherigen Praxis, hat AID den EliSpot-Assay, eine weit verbreitete Methode zur Überwachung der T-Zell-vermittelten Immunantwort, die sich vor allem in Impfstudien bewährt hat, speziell für Borrelien angepasst und in Zusammenarbeit mit zwei Praxen in Süddeutschland getestet. Dabei werden weiße Blutzellen eines Patienten, darunter auch T-Zellen, mit bestimmten Antigenen – in diesem Fall der Borrelie – konfrontiert. Hatte das Immunsystem mit dem Erreger bereits früher Kontakt, reagiert ein Teil der T-Zellen sehr sensitiv und sofort mit der Freisetzung von bestimmten Stoffen (Zytokinen). Liegt dies allerdings Jahre zurück, benötigen die T-Zellen signifikant länger, um diese Stoffe freizusetzen. Diese Eigenschaft des Immunsystems kann mit dem EliSpot abgebildet werden.
Die T-Zell-Reaktion auf Antigene kann, als zentraler Teil der zellulären Immunantwort, wesentlich mehr Informationen über den Ablauf einer Immunantwort gegenüber dem Erreger liefern als serologische Methoden, die die humorale Immunantwort widerspiegeln. Grund dafür ist die Variabilität in Bezug auf die Anzahl der aktivierten T-Zellen beziehungsweise die Art der ausgeschütteten Zytokine und ihre Dynamik. Dies kann für Fragestellungen in Forschung und Diagnostik genutzt werden, da im EliSpot-Assay auf Ebene der Einzelzellen sehr sensitiv der Zeitpunkt einer Infektion anhand der Freisetzung von Zytokinen bestimmt werden kann. Von Vorteil ist dabei, dass sich die aktivierten T-Zellen in Form von irreversiblen „Spots“ niederschlagen. Dadurch lässt sich die Auswertung relativ einfach automatisieren. Dieser Umstand hat – in Kombination mit kommerziell verfügbaren Antigenen und harmonisierten Protokollen – zu einem hohen Grad an Standardisierung geführt.
Die Zuverlässigkeit von EliSpot-Assays ist inzwischen belegt und die Methode kommt unter anderem in Impfstudien, darunter auch in der Entwicklung von Peptidvakzinen als neue Möglichkeit der Krebstherapie sowie bei immunsupprimierten Patienten zur Beobachtung der T-Zellreaktion auf das Epstein-Barr- oder das Cytomegalo-Virus zur Anwendung.
Vorteile in der Frühphase und beim „Post-Lyme-Syndrom“
Beim Nachweis von Infektionserregern ist die T-Zell-Diagnostik vor allem dann den klassischen Methoden überlegen, wenn ein Krankheitserreger neben akuten Infektionen auch persistierende Infektionen verursachen kann und Latenzphasen hat, in denen er nicht nachzuweisen ist. Wenn der Direktnachweis mittels Anzucht oder PCR scheitert und auch die Serologie die akute Infektion nicht erfasst, kann die T-Zell-Antwort somit weiterführende Informationen liefern. Beispielsweise lässt sich eine latente ebenso wie eine akute Tuberkulose mit einem EliSpot spezifisch nachweisen, wobei eine latente Infektion von einer Immunreaktion, die durch eine frühere BCG-(Bacille Calmette Guérin-)Impfung oder eine NTM-(nicht-Tuberkulose-Mykobakterien-)Infektion hervorgerufen wurde, abgegrenzt werden kann. Diese Anwendung ist insofern übertragbar, als sich auch der Erreger der Borreliose über weite Phasen der Erkrankung nur indirekt über die hervorgerufene Immunreaktion nachweisen lässt. Allerdings ist hier der weitere Krankheitsverlauf nach einer Serokonversion am Beginn der Erkrankung mit den klassischen Labormethoden nicht mehr differenziert zu verfolgen.
Hier ist die T-Zell-Diagnostik in Form des EliSpot klar im Vorteil, da bei einer Infektion bereits nach kurzer Zeit die Anzahl der spezifisch stimulierbaren IFN-γ-freisetzenden T-Zellen als sehr früher Schritt in der Immunantwort auf Erregerantigene ansteigt. Der höhere Arbeitsaufwand steht der Automatisierbarkeit und somit der Routinetauglichkeit gegenüber. Dies macht den Einsatz des LymeSpot als Mittel der Wahl für die Erstdiagnose eher unwahrscheinlich. Seine eigentliche Bedeutung liegt in der Abklärung von unklaren serologischen Befunden in frühen Stadien, vor allem auch im Stadium III einer Borreliose, wenn klinische Symptome und die serologischen Ergebnisse der Westernblot-Analyse nicht übereinstimmen. Bei einem Spender mit mehreren zurückliegenden Zeckenbissen ohne erinnertes Erythema migrans, der zum Teil unter starken Muskel- und Weichteilschmerzen sowie Taubheitsgefühlen in den Extremitäten litt, war es AID möglich, den zeitlichen Krankheitsverlauf mit Spotzahlen und Korrelation zu klinischen Symptomen und Therapie über mehrere Jahre hinweg zu beobachten. Ein Vergleich der Ergebnisse mit den klinischen Daten bestätigte die enge Korrelation der Beschwerden mit einer entsprechend erhöhten Spotzahl und belegt damit klar das Potential der EliSpot-Diagnostik.