HPLC-Tipp
Der HPLC-Tipp
Wieso ist der pH-Wert so wichtig, was bewirkt er eigentlich?
Von Dr. Stavros Kromidas, Saarbrücken
Der Fall
Alle diejenigen, die mit polaren/ionischen bzw. ionisierbaren Analyten zu tun haben, wissen, dass der pH-Wert des Eluenten ein sehr wichtiger Faktor ist. Was bewirkt er jetzt genau?
Hinweis 1:
Mit diesem Thema kann man mindestens ein Tagesseminar bzw. einen 10-seitigen Artikel problemlos füllen. Nachfolgend werden nur einige wenige, grundsätzliche Dinge angesprochen.
Hinweis 2:
Wir beschränken uns auf die RP-HPLC. Bei der Ionenaustausch- und Ionenchromatographie herrschen klare, ,,geordnete" Verhältnisse, es gibt wenig Raum für Gedanken und Fehler.
Die Lösung
Der pH-Wert beeinflusst den Dissoziationszustand von sauren/alkalischen Komponenten sowie der freien Silanolgruppen (Rest-Silanolgruppen) an der Oberfläche der stationären Phase. Das heißt wiederum, dass wir über den pH-Wert die Stärke der Wechselwirkung zwischen Analyt und Phase steuern können – Ergebnis ist eine Beeinflussung der Retentionszeit und der Peakform. Betrachten wir zunächst die Situation bei den Rest-Silanolgruppen. Es herrscht folgendes Gleichgewicht:
SiOH Ü SiO- + H+
Nur wenn eine Silanolgruppe negativ geladen ist, kann sie mit basischen Komponenten stark wechselwirken, dadurch wird die Kinetik der Desorption des basischen Analyten von der stationären Phase verlangsamt. Ergebnis: Starkes Tailing oder sogar irreversible Sorption. Mit einem sauren Eluenten können wir dafür sorgen, dass das Gleichgewicht nach links verschoben wird (Massenwirkungsgesetz!). Ergebnis: Die Silanolgruppen liegen nun undissoziiert vor, sie sind jetzt ,,mild" und lassen unsere Analyten in Ruhe, wir bekommen schöne, symmetrische Peaks. Das ist der Grund, warum in vielen PVs steht: ,,Zugabe von Phosphorsäure oder Phosphatpuffer oder Essigsäure oder Trifluoressigsäure usw." Durch einen sauren Eluenten sorgt man dafür, dass die Peaks symmetrisch eluieren, weil wir die Silanolgruppen harmlos gemacht haben. Wenn wir allerdings stärkere Basen trennen wollen, müssen wir im Neutralen oder gar im Alkalischen arbeiten, denn dort liegen die Basen in neutraler Form vor und können so mit der apolaren RP-Oberfläche wechselwirken. Im Sauren tragen stärkere Basen ja eine negative Ladung und als ionische, polare Species rauschen sie einfach durch die Säule durch. Ergebnis: Basen eluieren im Sauren zwar schön symmetrisch, aber so früh, dass wir sie nicht trennen können.
Kommen wir zurück: Wir müssen bei Basen im Neutralen/Alkalischen arbeiten. Schön, dass wir das wollen, aber wir haben ein kleines Problem: Ab ca. pH-Wert 4...5 lauern die Silanolgruppen, die jetzt negativ geladen sind, und partout mit unseren Basen flirten möchten, sie lassen sie einfach nicht los und wir beobachten häufig ein ekliges Tailing – das ist das berüchtigte ,,chemische Tailing" bei Basen. Wir müssen also den Silanolgruppen etwas attraktives bieten, mit dem sie zufrieden sind und bereit, unsere Basen in Ruhe zu lassen, damit diese ihrerseits ungestört mit den C18-Alkylketten wechselwirken können. Und was gibt es einfacheres, als ihnen eine Base anzubieten?
Das ist der Grund, warum in vielen PVs steht: ,,Zugabe von Triethylamin oder Diethylamin" oder sonst eine Base zum Eluenten oder man verwendet einfach einen alkalischen Puffer. Deswegen ist es durch die Zugabe solcher Zusätze zum Eluenten möglich, auch an älteren, nicht endcappten Materialien (beispielsweise LiChrospher) recht vernünftige Peaks zu bekommen. Dass an solchen Phasen und in solchen Systemen die Robustheit der Methode zu wünschen übrig lässt, sei hier nur am Rande erwähnt.
Das Fazit
Merke:
• Ein saurer Eluent ist genau das Richtige für die Trennung von Säuren (gute Selektivität und gute Peaksymmetrie) und schwachen, organischen Basen (gute Peaksymmetrie, Selektivität?). Bei letzteren kann der organische Charakter ausreichen, so dass es doch zu einer gewissen Wechselwirkung mit der apolaren Phase und somit zu einer gerade ausreichenden Auflösung kommt. Es ist also nicht ganz verkehrt, die Methodenentwicklung mit einem sauren Eluenten zu beginnen.
• Stärkere Basen sind ohne Frage im Neutralen/Alkalischen zu trennen. Hier sind endcappte Phasen die erste Wahl, die ,,geeignete" Base als Zusatz zum Eluenten bzw. die Ionenstärke des Puffers hängt vom pH-Wert des Eluenten, also letzten Endes von der Basizität der Komponente ab. Sehr starke Basen sind im Sauren mittels Ionenpaarreagenzien zu neutralisieren – erst dann kommt es zu einer ,,vernünftigen" Wechselwirkung mit der stationären Phase.