Chip-basierter Nachweis von Krankheitserregern
Chip-basierter Nachweis von Krankheitserregern
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Bettina Rudolph*, Robert Kretschmer**, Matthias Urban*, Martha Schwarz**, Karina Weber*, Robert Möller*)
- Institut für Photonische Technologien, Albert-Einstein-Straße 9, 07745 Jena. E-Mail: [email protected].
- für Physikalische Chemie, FSU Jena, Helmholtzweg 4, 07743 Jena.
Die Grundlage des neuartigen Nachweisverfahrens bildet ein elektrisch auslesbarer Biochip. Dieser besteht aus einer planaren Glasoberfläche, auf der Mikroelektrodenstrukturen aus Gold aufgebracht sind. Durch die spezielle Anordnung von Elektroden und Gegenelektroden entstehen Elektrodenspalte, die die Reaktionsorte und somit die Messpunkte des Chips darstellen.
Die Strukturierung der Oberfläche erfolgt durch ein kostengünstiges Siebdruckverfahren. Spezifische Fängermoleküle werden auf dem elektrischen Biochip, wie auf einem Microarray, an definierten Orten (Elektrodenspalten) immobilisiert und gehen spezifische Wechselwirkungen mit dem gesuchten Zielmolekül ein. Diese spezifische Wechselwirkung wird durch eine Enzym-induzierte lokalisierte Silberabscheidungsreaktion im Elektrodenspalt detektiert. Die entstandenen Silbernanopartikel bilden eine sehr robuste, leitfähige Schicht, die den Elektrodenspalt überbrückt und eine elektrische Auswertung durch die Zunahme der Leitfähigkeit mittels einer einfachen Gleichstrommessung ermöglicht.
Identifizierung aufgrund von Sequenzunterschieden
Für den bioanalytischen Nachweis müssen die Oberflächen der Chips biofunktionalisiert werden. Dazu wird die Glasoberfläche im ersten Schritt unter Verwendung des Organosilans 3-Glycidyloxypropyltrimethoxysilan mit Epoxygruppen funktionalisiert. Über die Epoxymodifizierung können in einem zweiten Schritt aminomodifizierte Biomoleküle stabil auf der Oberfläche des Substrates immobilisiert werden. Für den Nachweis von DNA-Sequenzen werden einzelsträngige DNA-Moleküle, die an ihrem 5’-Ende mit einer Aminogruppe modifiziert sind, im Elektrodenspalt immobilisiert. Das Aufbringen der Fängersequenzen auf dem elektrisch auslesbaren Chip erfolgt mittels eines NanoPlotters (Nano-Plotter NP2.1 von GeSiM) in einem berührungslosen Verfahren.
Für den Chip-basierten DNA-Nachweis wird das genetische Material des Erregers mittels einer PCR amplifiziert. Während dieser Reaktion wird die DNA-Zielsequenz mit Biotin markiert (Einbau biotinylierter Primer oder Nukleotide). Eine relevante Zielsequenz für den Nachweis von Mikroorganismen ist beispielsweise die ITS-(internal transcribed spacer-)Region. Diese variable Region innerhalb des ansonsten hochkonservierten ribosomalen DNA-Operons gilt als geeigneter genetischer Marker in der molekularen Taxonomie. Durch den Einsatz von Primerpaaren, die die ITS-Region flankieren, kann eine Vielzahl von PCR-Produkten erzeugt werden, die anschließend aufgrund ihrer Sequenzunterschiede auf dem Chip analysiert werden können. Auf dem Chip werden deshalb unterschiedliche Fängersequenzen immobilisert, mit denen eine Identifizierung verschiedener Mikroorganismen möglich ist.
Nach der Hybridisierung der Biotin-markierten Zielsequenz mit der komplementären Fängersequenz, die im Elektrodenspalt des elektrisch auslesbaren Biochips immobilisiert ist, wird eine Streptavidin-gekoppelte Meerrettichperoxidase an den DNA-Doppelstrang gebunden. Das gebundene Enzym induziert nun die lokale Abscheidung von Silbernanopartikeln im Elektrodenspalt und es kommt zur Ausbildung einer elektrisch leitfähigen Silberschicht und zur Überbrückung des Elektrodenspalts, welches mit einer einfachen elektrischen Leitfähigkeitsmessung detektiert werden kann. Da sich auf einem Chip viele Elektrodenspalte befinden, welche jeweils mit spezifischen Fängermolekülen modifiziert sind, können anhand der Leitfähigkeitsänderung der einzelnen Messpunkte Rückschlüsse auf die in der Probe enthaltenen DNA-Moleküle gezogen werden (Bild 1). Im Gegensatz zu anderen angewandten Detektionsverfahren von biomolekularen Wechselwirkungen auf Biochips, die meist auf der Markierung mit Fluoreszenzmarkern und einer optischen Auswertung beruhen, benötigt diese Technologie nur wenige kostengünstige und robuste Komponenten für die Auswertung der Biochips. Dadurch eignet sie sich besonders für die Entwicklung kleiner Analysensysteme für die Vor-Ort-Analyse von Proben.
Mikrofluidische Durchflusskammer
Der Einsatz bioanalytischer Vor-Ort-Applikationen erfordert eine einfache und robuste Instrumentierung. Im Gegensatz zu Laborbedingungen mit hochspezialisierter Hochdurchsatzausrüstung verlangen Vor-Ort-Anwendungen in erster Linie eine integrierte Instrumentierung. Daher wurde der gesamte Prozess der Chip-basierten Detektion in eine Durchflusskammer mit thermischen, mikrofluidischen und elektronischen Komponenten integriert, in der sowohl die nasschemischen Prozessschritte wie die Hybridisierung und Signalverstärkung als auch die elektrische Auslesung erfolgen kann.
Die aktuelle Version der am IPHT entwickelten Durchflusskammer ist aus drei Ebenen aufgebaut. Im Aluminiumdeckel der Kammer befindet sich das Temperaturmanagement. Dabei erfolgt die Regulierung der Temperatur durch einen PID-Controller in Kombination mit einer Polyimid-Heizfolie und einem Pt100-Sensor, die während des Nachweises auf die Unterseite des Chips gepresst werden. In die mittlere Ebene aus Polycarbonat sind ein mikrofluidisches System und Komponenten für die elektrische Kontaktierung eingebettet. Für die Realisierung mikrofluidischer Strukturen werden spezielle PDMS-Dichtungen angefertigt, die mit Halbkanälen und mikrofluidischen Verbindungen für den Ein- und Auslass der Reagenzien versehen sind. Die Platzierung des Chips auf die strukturierte PDMS-Dichtung führt zur Ausbildung eines mikrofluidischen Kanalsystems, welches die Leitung aller Reaktionslösungen über die Messpunkte des Chips ermöglicht. Um das mikrofluidische System ist die Kontaktierung für die elektrische Auslesung des Biochips angeordnet. Die Integration der elektrischen Kontaktierung in die Durchflusskammer ermöglicht die parallele online Messung aller Elektrodenspalte durch die Ausleseeinheit während der Silberabscheidung. Die Bodenplatte aus Aluminium enthält PDMS-Dichtungen mit Kanalstrukturen, über deren Verbindungen zu PTFE-Schläuchen der Ein- und Auslass aller Lösungen erfolgt. In den Deckel und die Bodenplatte sind zusätzlich Magnete integriert, die einen gleichbleibenden Anpressdruck aufbauen und die Kammer dicht verschließen, sowie zusätzlich eine optimale Kontaktierung des Biochips für die elektrische Auslesung vermitteln. Die drei Ebenen der Durchflusskammer lassen sich wie ein Sandwich öffnen. So können Chip und Dichtungen nach der Analyse leicht erneuert und Kreuzkontaminationen verhindert werden (Bild 2).
Flüssigkeitsmanagement
Neben der Miniaturisierung des Nachweissystems wird auch eine Automatisierung des Chip-basierten Nachweisverfahrens verfolgt. So wurde für das Flüssigkeitsmanagement eine separat bedienbare Peristaltikpumpe mit Schrittmotor entwickelt. Unter Verwendung dieses Pumpenmoduls lassen sich die Flussrate und Flussrichtung der Reagenzien an die Anforderungen der einzelnen Prozessschritte anpassen und steuern. Während der Analyse werden z.B. die Bindungsschritte in einem Intervallmodus durchgeführt. Dies ermöglicht eine Verringerung der benötigten Probenvolumina. Zudem wird gleichzeitig die Sensitivität des Nachweisverfahrens erhöht, da die Bewegung der Probenlösungen über den Chip die Diffusionslimitation der Interaktion Fänger-Ziel-Molekül überwindet und somit die Bindungseffizienz steigert. Im Gegensatz zu den Anbindungsschritten werden die Waschschritte und die Silberabscheidung unter kontinuierlichem Fluss durchgeführt, so dass dadurch eine permanente Zufuhr frischer Lösung gewährleistet ist.
Die Kombination von Miniaturisierung und Automatisierung des Systems führt zu einer Reduktion der Probenvolumina und des Reagenzienbedarfs sowie zu einer signifikanten Verringerung der Analysezeit. In diesem Zusammenhang wird unter Verwendung des entwickelten Systems ein höherer Durchsatz ermöglicht, so dass die experimentellen Untersuchungen beschleunigt werden.
Ausblick
Das Potenzial der elektrischen Chip-basierten Detektion konnte anhand der taxonomischen Unterscheidung von zehn verschiedenen Kitasatospora-Arten auf einem Chip gezeigt werden. In derzeitigen Projekten werden, basierend auf dem Verfahren des elektrisch auslesbaren Biochips, weitere Chip-gestützte Verfahren für die Detektion und Diskriminierung verschiedener relevanter Pflanzenpathogene wie z.B. Phytophthora, einem weit verbreiteten Schadorganismus von Zier- und Kulturpflanzen und gefährlichen Tierseuchenerregern wie z.B. dem Maul und Klauenseuche-Virus entwickelt.
Ein weiteres Ziel der Jenaer BioChip-Initiative ist die Entwicklung eines miniaturisierten und automatisierten Aufbaus, der alle für eine bioanalytische Nachweiskette benötigten Komponenten von der Probenvorbereitung bis zur Chipanalyse enthält. Mit Hilfe von Partnern wird aktuell an der Entwicklung entsprechender Module für den Einsatz in der Probenaufarbeitung und Nukleinsäureamplifikation gearbeitet.
Fazit
Die schnelle Identifizierung von Mikroorganismen spielt in vielen Bereichen der modernen Analytik eine Rolle. Am IPHT Jena wurde ein neuartiges Chip-basiertes Verfahren zum Nachweis von Biomolekülen mittels elektrischer Detektion biomolekularer Wechselwirkungen entwickelt. Mit dieser Methode sind viele der nachgefragten Ziele für die Herstellung eines Nachweissystems für den Vor-Ort-Einsatz umsetzbar. Die Technologie eines elektrisch auslesbaren Biochips stellt ein einfaches, robustes und kostengünstiges Nachweisverfahren mit hoher Flexibilität und Sensitivität dar. Die Integration des Biochips in ein schnelles, tragbares Komplettanalysesystem, mit welchem eine Probe auf unterschiedliche Inhalte getestet werden kann, führt zur Realisierung eines On-Site-fähigen Biochipsystems.
Literatur
- Seise, B. et al., Engineering in Life Sciences (2011) doi:10.1002/elsc.201000046.
- Schüler, T. et al., Biosensors and Bioelectronics (2009) 25: 15-21.
- Günther, S. et al., Journal of Microbiological Methods (2006) 65(2):226-236.