Der HPLC-Tipp

LC/MS-Kontaminationen: DMSO aus der Transfer-Kapillare

Die LC/MS-Kopplung hält immer schneller Einzug in viele Labors. Diesmal geht Klaus Illig auf tägliche Probleme ein und zeigt Lösungen auf.

Bild 1: Simuliertes (+)-ESI-Massenspektrum. Anmerkung: Die Massenspektren wurden mit der Software Gnuplot simuliert, akkurate Massen und Isotopenverhältnisse wurden einer aktuellen Zusammenfassung des NIST entnommen.

Der Fall
Die eigentlich gutmütige und ausgesprochen robuste HRAM-LC/MS-Kombination wurde einmal etwas „schmutzigeren“ Proben ausgesetzt, konkret: biologischen Matrices (von Ratten-Fäzes bis Menschen-Blut und Leber-Extrakten war alles dabei). Nachdem die Messungen der Studie abgeschlossen waren, wurde der Einlassbereich des MS vorsorglich sorgfältig gereinigt. Erste Tests mit der üblichen Kalibrierlösung zeigten keine Auffälligkeiten und das Gerät wurde für die weitere Nutzung als tauglich eingestuft. Bei der nächsten Studie mit einer höheren Flussrate zeigte sich aber ein sehr deutliches Hintergrundsignal mit m/z 157 über die gesamte Laufzeit des positiv-ESI-LC/MS-Chromatogramms.

Interpretation der Daten
Zunächst fällt hier das (im Vergleich zu einer reinen Kohlenwasserstoff-Verbindung) erhöhte Massendefizit von etwa -0,16 Da auf. Ein Blick auf das 13C-Signal der +1- Isotopenfeinstruktur mit etwa 4 % Intensität lässt uns auf vier C-Atome im Molekül schließen. Das Signal links davon sowie das ausgeprägte Signal bei den +2-Isotopen deuten auf zwei Atome Schwefel im Molekül hin. Die zwei kleinen anderen Signale könnten für zwei Atome Sauerstoff sprechen. Damit hätten wir ja fast schon die Summenformel. Also lassen wir mal die Software aus dem gemessenen akkuraten m/z-Wert die Summenformel berechnen. Das sollte ja bei so einer geringen Masse recht eindeutig ausfallen.

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Bild 2: Zoom +1-Isotope.

Die Software in Default-Einstellung präsentiert für das Ion als beste Summenformel C4H5O3N4. Akkurate Masse passt mit 0,5 mDa Abweichung ganz gut, aber wir waren uns doch recht sicher, dass zwei Schwefel-Atome enthalten sind, oder? In der Tat sind die Default-Werte der Software für den Ring-/Doppelbindungsequivalent-Filter für dieses Molekül zu klein gesetzt. Die Mindestgrenze wird herabgesetzt und schon sehen wir die richtige Summenformel: C4H13O2S2. Wir haben es hier also höchstwahrscheinlich mit dem [2M+H]+-Ion von DMSO zu tun. Zur Absicherung scannen wir auch den Bereich kleiner m/z 100 und sehen einen entsprechendes [M+H]+-Signal des Übeltäters. Woher kommt nun die Kontamination?

Die Lösung
Die Kontamination wurde jetzt höchstwahrscheinlich identifiziert, leider haben wird noch immer nicht die Quelle herausgefunden. Das ist ein guter Zeitpunkt, um die Historie der Laufmittel und Proben näher zu ergründen und auch das Gewissen der Kollegen zu erforschen. Aber nein, DMSO wurde schon längere Zeit nicht verwendet. Auf „Gut Glück“ probiert man schnell seine einfach zu überprüfenden üblichen Verdächtigen aus. Ein bisschen Fließmittel von der vorherigen Studie war noch vorhanden, zeigte aber jetzt ebenso das gleiche Problem (Vorsicht: Nur geringfügige Intensitäts-Änderungen bei Kontaminations-Problemen können sehr leicht in die Irre führen).

Am Fließmittel lag es also nicht und auch eine neue Säule brachte keine nennenswerte Besserung. Also sieht man sich systematisch an, was inzwischen geändert wurde: Der Sprayer wurde ordentlich gespült, das Inlet-Gehäuse gereinigt und die Ion-Transfer-Kapillare gegen eine brandneue getauscht. Gemäß dem LC/MS-Grundsatz, bei merkwürdigen Phänomenen erstmal zu reinigen, wurden der Sprüher und das Gehäuse erneut gesäubert, aber das Kontaminationssignal war noch immer ohne signifikante Veränderung zu beobachten.

Viel bleibt jetzt nicht mehr übrig; als nächstes hat man die anscheinend blitzblanke neue Transfer-Kapillare (die ja sehr sorgfältig aus der Originalverpackung entnommen wurde) gegen die vorherige ausgetauscht: Das DMSO-Signal war weg! Nach Reinigung der neuen Kapillare nach Herstellervorschrift war auch hier die Kontamination nicht mehr zu beobachten.

Bild 3: Zoom +2-Isotope.

Das Fazit
Man darf auch dem Hersteller nicht blind vertrauen – weder bei Software noch bei Hardware! Sich selbst sollte man aber noch weniger vertrauen und ein ordentliches Gerätelogbuch führen – auch mit Informationen, die aus GxP-Gründen nicht unbedingt zwingend sind (eine Transferkapillare hat keine Seriennummer …).

Ein schneller Test mit Kalibrierlösung bei 3–10 µl/min sagt nicht alles aus, auch wenn Service-Techniker damit gerne die gute Performance des Gerätes demonstrieren. Prüfen Sie regelmäßig ihr Gesamt-System unter realen Bedingungen; spätestens vor Reparaturen oder Wartungsarbeiten sollte man noch – wenn irgendwie möglich – sinnvolle Vergleichsmessungen machen.

Manchmal ist es wirklich sehr hilfreich, auf ein älteres Fließmittel oder eine ältere Probe zurückgreifen zu können, um mögliche Fehlerquellen auszuschließen. Leider kann es hier oft zu einem Konflikt mit geltenden Vorschriften kommen.

AUTOR
Klaus Illig

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