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Der HPLC-Tipp im Mai

Unterschiede zwischen isokratischen und Gradiententrennungen

Dr. Stavros Kromidas, Saarbrücken

Unterschiede zwischen isokratischen und Gradiententrennungen


Der Fall
Wir wissen alle, was der Unterschied zwischen isokratischen und Gradiententrennungen ist: Bei isokratischen Trennungen bleibt die Zusammensetzung des Eluenten während der Gesamttrennung konstant, bei Gradiententrennungen erhöht sich permanent die Elutionsstärke. So nimmt beispielsweise bei RP-Trennungen vom Anfang bis zum Ende des Laufs der MeOH- bzw. ACN-Anteil der mobilen Phase zu – die Wechselwirkungen zwischen Eluent und stationärer Phase nehmen ebenfalls zu – und die Peaks werden nach vorne „geschoben“. So weit so gut. Wo liegen nun aus praktischer Sicht die Unterschiede zwischen beiden Trennmodi?

Die Lösung
Der Unterschiede gibt es zu Genüge, nachfolgend die Wichtigsten inklusive kurzer Kommentierung:
 Peakform: Bei isokratischen Trennungen nimmt die Peakbreite mit zunehmender Retentionszeit stets zu. Dadurch, dass beim Gradienten die Peaks nach vorne geschoben werden, ergibt sich im Vergleich zu isokratischen Trennungen eine bessere Peakform, die Peaks sind auch im hinteren Teil des Chromatogramms schmal.
 Totvolumina, Packungsqualität: Totvolumina in der Apparatur führen bei isokratischen Trennungen vor allem bei kleinen Säulen/Teilchen und frühen Peaks zu Peakverbreiterungen. Totvolumina und/oder eine eventuell schlechte Packungsqualität bei Gradiententrennungen dagegen sind nicht so tragisch. Halten wir zunächst folgendes fest: 1. Bei Gradiententrennungen ergeben sich mehr oder weniger schmale Peaks (siehe weiter oben). 2. Es ist ein offenes Geheimnis, dass bei der Verwendung von ≤ 50 mm ≤ 3 mm ≤ 2-µm-Säulen auch an modernen Geräten ohne nachträgliche Optimierung der Apparatur sich ein Effizienzverlust (Abnahme der Bodenzahl) von ca. 20…40 % ergibt. Aber sogleich die Entwarnung: Aufgrund der schmalen Peaks bei Gradienten macht sich dieser Effizienzverlust bei nicht so schwierigen Trennungen jedoch eher selten bemerkbar. Und aus Anwendersicht ist es unwichtig, ob die Peakbreite 4 oder 6 s beträgt und ob die Bodenzahl der frühen Peaks 2000 oder eben 1400 ist – solange die Auflösung ausreichend ist. Vereinfacht gesagt: Es ist so, dass der Großteil der Anwender weniger als 30…40 Peaks trennen muss, d.h. das „Herauskitzeln“ der letzten Böden ist gar nicht nötig. Die sich üblicherweise ergebende „schöne“ Peakform suggeriert eine optimale Trennung, man weiß gar nicht, dass hier ein enormer Verlust an Trennleistung vorliegt, aber das ist nicht so schlimm, es klappt ja und aus pragmatischer Sicht ist genau das, was zählt…
 Basislinie: Unruhige Basislinie und Drift sind beim Gradienten fast normal, mobile Phasen mit mehr als ca. vier Bestandteilen bereiten in der Routine oft Probleme, Abhilfe: Besorgen Sie sich die bestmögliche Mischkammer für Ihre Anlage – nerven Sie ruhig diesbezüglich den Hersteller, wenn Sie Eluenten mit stark unterschiedlichen Viskositäten und/oder unterschiedlicher Konstitution mischen müssen. Und – sehr wichtig! – mischen Sie vor, in der Routine eine sinnvolle Praxis.
 Fluss: Bei isokratischen Trennungen ändern sich durch eine Flussänderung die Bodenzahl (Peakform), die Retentionszeit und auch die Auflösung, letztere allerdings in der Regel nicht so dramatisch. (Nebenbei: Bei konzentrationsabhängigen Detektoren natürlich auch die Peakfläche.) Im Falle einer Flussänderung beim Gradienten herrschen aber in der Säule nach der gleichen Zeit x andere Wechselwirkungen, auch das Gradientenvolumen ändert sich. Das heißt konkret, hier müsste man gegebenenfalls zusätzlich mit Folgendem rechnen: Änderung der Selektivität, der Auflösung und der Elutionsreihenfolge – und manchmal fallen diese Änderungen vorne und hinten im Chromatogramm unterschiedlich aus.
 Lebensdauer der Säule: Beim Gradienten ändert sich während des Laufs die Eluentenzusammensetzung, dadurch die Viskosität, dadurch der Druck. Das bedeutet: Während der Trennung herrscht in der Säule ein Druckgradient, was für die Packungsqualität sicherlich nicht von Vorteil ist. Wir haben zwar beim Gradienten den positiven Effekt, dass durch den hohen organischen Anteil am Ende des Gradienten die Säule gespült wird. Doch kann der permanente Druckwechsel zur Entstehung von Kanälen und Totvolumina in der Säule führen, die Lebensdauer der Säule bei Gradiententrennungen ist in der Regel geringer als bei isokratischen.
 Methodentransfer: Vorausgesetzt, es liegen keine technische Fehler vor und die Methode ist robust, erwarten wir beim Transfer von isokratischen Methoden „nur“ eine Änderung der Peakform (unterschiedliche Totvolumina der zwei Anlagen) und eventuell der Signale (Unterschiede beim Detektor/der Lampe/des Interface). Beim Gradienten kommt hinzu ein eventuell unterschiedliches Verweil- oder Verzögerungsvolumen („dwell“ oder „delay volume“): Volumen von der Mischkammer bis zur Säule. Und jener Unterschied kann dramatische Folgen haben: Änderung der Selektivität, der Auflösung, der Peakform, der Elutionsreihenfolge – de facto kann sich alles ändern.

Das Fazit
Geht es um eine Routinemethode mit nicht mehr als ca. 5…7 zu trennenden Peaks und steht die Robustheit im Vordergrund, würde ich bei der Methodenentwickung als Ziel eine isokratische Methode anvisieren. Muss es doch eine Gradientenmethode sein? Nutzen Sie dann im Falle vom Methodentransfer die Möglichkeit der Emulation bei modernen Geräten (elektronischer „Angleich“ unterschiedlicher Verweilvolumina zweier Geräte), und für die Routine gilt: Mischen Sie vor!

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© by Stavros Kromidas

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