Partikelcharakterisierung
Mikroplastikanalytik mit Raman-Mikrospektroskopie
Forschende der Technischen Universität München (TUM) haben eine automatisierte Analysemethode entwickelt, mit der sich Kunststoffpartikel identifizieren und quantifizieren lassen.
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Mikroplastik ist in der Umwelt allgegenwärtig. Die winzigen Teilchen mit einer Größe von unter fünf Millimetern können außerdem Schad- und Giftstoffe aufnehmen und transportieren. „Wir benötigen dringend Analysemethoden, die Auskunft geben über die Größe, Konzentration und Zusammensetzung der Partikel“, erklärt Dr. Natalia Ivleva vom Lehrstuhl für Analytische Chemie und Wasserchemie der TUM. Zusammen mit ihrem Team hat die Wissenschaftlerin ein Verfahren für die Mikroplastikanalyse entwickelt.
Die Forschenden nutzen Raman-Mikrospektroskopie, bei der mit Hilfe eines Lasers monochromatisches Licht von den Molekülen einer Probe gestreut wird. Um Kunststoff-Partikel mit mehr als einem Mikrometer Durchmesser damit zu analysieren, werden die Teilchen aus der wässrigen Lösung herausgefiltert, unter dem Mikroskop detektiert und dann mit Laserlicht beleuchtet. Weil Kunststoffe wie Polyethylen, Polystyrol oder Polyvinylchlorid die Photonen auf charakteristische Weise streuen, erzeugen sie jeweils spezifische Signale.
Software für die Partikelcharakterisierung
Die Entwicklung des Nachweisverfahren hat Jahre gedauert: „Als wir angefangen haben, waren manuelle Messungen erforderlich“, erinnert sich Chemikerin Dr. Ivleva. „Da haben wir Monate gebraucht, um ein paar Tausend Partikel zu untersuchen.“ Mittlerweile ist es dem Team gelungen, den Nachweis von Mikroplastik zu automatisieren. Eine Analyse dauert nicht mehr Wochen, sondern nur noch Stunden. Man muss die winzigen Partikel zwar immer noch aus einer wässrigen Probe herausfiltern und den Filter unter das Raman-Mikrospektroskop legen, doch alles Weitere steuert eine eigens entwickelte Software: Die Kunststoffteilchen werden zunächst lichtmikroskopisch lokalisiert, fotografiert und vermessen, wobei Partikel und Fasern unterschieden werden. Das Computerprogramm berechnet aus diesen Daten die Anzahl von Partikeln und Fasern sowie die Auswahl von Bildausschnitten für die anschließende Raman-Spektroskopie, die für ein statistisch signifikantes Ergebnis benötigt werden. Mit Hilfe der Raman-Spektroskopie lassen sich dann Anzahl, Größe, Form und Zusammensetzung von Mikroplastik analysieren. Die Software „TUM-Particle Typer 2“ ist Open Source basiert und kann ab sofort von Forschenden auf der ganzen Welt genutzt werden.
Feldflussfraktionierung
Um auch Partikel untersuchen zu können, die Durchmesser von weniger als einem Mikrometer aufweisen, arbeitet Ivleva‘s Gruppe bereits an einem modifizierten Verfahren. „Solche Nanoteilchen sind unter einem Lichtmikroskop nur schwer oder gar nicht zu detektieren. Um die Partikel nachweisen zu können, müssen wir sie zuerst nach Größe fraktionieren und dann identifizieren“, erklärt die Forscherin.
Hierfür wird ein System für Feldflussfraktionierung verwendet. Dieses erzeugt einen Wasserstrom, der die Partikel erfasst und – abhängig von ihrer Größe – schneller oder langsamer transportiert und auf diese Weise trennt. Eine speziell entwickelte Vorrichtung macht in Kombination mit Raman-Mikrospektroskopie die chemische Charakterisierung von unterschiedlichen Arten von Nanoplastik möglich. „Die neuen Analyseverfahren ermöglichen eine schnelle und genaue Untersuchung der Konzentration, Größe und Zusammensetzung von Mikro- und Nanoplastik“, resümiert Ivleva. „Damit wird es künftig möglich sein, auch den Einfluss dieser Partikel auf die Umwelt und die menschliche Gesundheit zu erforschen.“
Publikationen:
Jacob, O., Ramírez-Piñero, A., Elsner, M. et al. TUM-ParticleTyper 2: automated quantitative analysis of (microplastic) particles and fibers down to 1 μm by Raman microspectroscopy. Anal Bioanal Chem 415, 2947–2961 (2023). https://doi.org/10.1007/s00216-023-04712-9
Huber, M.J., Ivleva, N.P., Booth, A.M. et al. Physicochemical characterization and quantification of nanoplastics: applicability, limitations and complementarity of batch and fractionation methods. Anal Bioanal Chem 415, 3007–3031 (2023). https://doi.org/10.1007/s00216-023-04689-5
Quelle: Technische Universität München