Gastkommentar
Ethik in der Unternehmenskultur
Doch wo bleiben bei diesen Denkstrukturen ethische Prinzipien bzw. steht die Gewinnmaximierung ethischem Denken und Handeln entgegen? Verantwortungsvolle Unternehmer schließen dies aus, denn erfolgreich zu sein und Gewinne zu erwirtschaften, bietet nämlich die Voraussetzung dafür, dass Unternehmen ihren ethischen Verpflichtungen nachkommen können. Andererseits kann ethisches Verhalten nicht vorgeschrieben oder verordnet werden, vielmehr ist Ethik eine Haltung, die man einnimmt und die man als Firmenleitung verkörpert und vorlebt!
Gerade heute, in der Zeit des Wandels, ist echtes Engagement nur über Identifikation der Mitarbeiter möglich, wobei sich die Führungsqualität im Unternehmen durch unternehmerisches Können, visionäre Weitsicht einerseits und andererseits in orientierungsstiftenden Unternehmern an der Spitze manifestiert. Die höchsten Güter im Unternehmen sind daher stets in der ökonomischen Funktionalität und der menschlichen Geborgenheit zu sehen. Stimmen diese beiden Parameter, lässt sich eine absolute Identifikation initiieren und damit eine nachhaltige Firmenkultur organisieren.
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Eine Studie der Psychonomics AG im Auftrage des Bundesarbeitsmininisteriums ergab signifikante Aussagen, die nachdenklich stimmen sollten. Die Studie zeigt nämlich, dass deutsche Unternehmen das Potenzial ihrer Mitarbeiter nicht genug nutzen und damit den eigenen Erfolg erheblich schmälern können. „30 % des finanziellen Unternehmenserfolges hängt nämlich davon ab, ob die Beschäftigten mit ihrer Arbeit zufrieden sind.“ Die Untersuchung belegt, dass das Engagement der Beschäftigten den Erfolg des Unternehmens überproportional beeinflusst. Vor allem der Stolz auf die Firma und die Identifikation mit dem Unternehmen sind bedeutsam und hängen eng mit der Firmenkultur und damit auch mit den ethischen Ansprüchen des Unternehmens zusammen. Firmen, die eine vorbildliche Unternehmenskultur leben, haben die geringste Fluktuation, kennen kein Mobbing, kommen mit ihren Mitarbeitern in finanziellen Angelegenheit stets zum fairen Ausgleich und können sich folglich auf breite Loyalität, auch in kritischen Zeiten, nachhaltig verlassen!
Hierzu gehört aber auch, dass alle Beteiligten stets – gleich welchen Ranges – miteinander reden, um somit auch dann im Einklang zu handeln. Voraussetzung ist jedoch, dass die Kommunikation auf „Augenhöhe“ abläuft und dem Gegenüber hierdurch bekundet wird, dass seine Autonomie, also seine Selbstständigkeit, seine Unabhängigkeit, ja seine Entscheidungsfreiheit im Unternehmen nicht angetastet wird, ja voll anerkannt ist. Ein derartiger Führungsstil, basierend auf ethischen Denkstrukturen, die absolute Identifikation sichert, dürfte unbestritten sein!
Der Begriff „Ethik“ erhält in diesen Tagen ganz besondere Aktualität! Sollte Ethik beim Standortwechsel von Unternehmen eine Rolle spielen? In Deutschland ist dieser Tage viel von Dankbarkeit die Rede. Der Handy-Hersteller NOKIA, so die Vorwürfe, hätten für die Millionenbeihilfe von Land und Bund dankbar zu sein, denn den Umzug nach Rumänien empfinden die Beschäftigten, die Öffentlichkeit, aber auch die Politiker als Treuebruch! Doch bei Finanzspritzen des Staates ist es genauso wie bei Geschenken im Privatleben. Man kann zwar erwarten, dass der Beschenkte Dankbarkeit zeigt, doch verlangen kann man dies nicht.
Ethische Maßstäbe spielen (leider) bei Standortentscheidungen selten eine Rolle. Im Vordergrund steht immer die Gewinnmaximierung, was mit Ethik nun wirklich nichts zu tun hat.
Sachlich muss einfach konstatiert werden, dass Subventionen allein fast nie Arbeitsplätze langfristig erhalten, wenn die Rahmenbedingungen nach Ansicht der Unternehmung nicht stimmen. Dies ist im Falle NOKIA exemplarisch!
Dr. Peter Reichelt, Heidelberg