Korrelative In-situ-Oberflächenmikroskopie
Katalyse mit dem Mikroskop beobachten
Forschende der TU Wien haben das katalytische Verhalten von Rhodium-Partikeln auf drei verschiedenen Trägermaterialien bei der Oxidation von Wasserstoff untersucht und Effekte von Grenzflächen und Partikelgrößen festgestellt.
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Kleine Metallpartikel werden in zahlreichen Prozessen als Katalysatoren genutzt. Das Verhalten von Katalysatoren hängt von vielen Details ab, deren Zusammenspiel nicht leicht zu verstehen ist. Selbst wenn man zweimal den gleichen Katalysator herstellt, kann es durchaus sein, dass sich die beiden Katalysatoren wegen feiner Unterschiede chemisch recht unterschiedlich verhalten. Forschende der TU Wien versuchen, Ursachen dafür ergründen und Katalyse-Prozesse besser zu verstehen, indem sie die auf den Katalysatoren ablaufenden Reaktionen mit verschiedenen Mikroskopie-Techniken Punkt für Punkt abbilden. Dabei zeigte sich: Selbst verhältnismäßig "einfache" Katalyse-Systeme sind komplexer als bisher gedacht. So zeigt sich etwa, dass es nicht nur auf die Größe der verwendeten Metallpartikel und die chemische Natur des Trägermaterials ankommt, auch in einzelnen Partikeln können sich ganz unterschiedliche Bedingungen auf der Mikrometer-Skala einstellen. Im Zusammenspiel mit Computermodellierung konnte das Verhalten unterschiedlicher Katalysatoren erklärt und korrekt vorhergesagt werden.
"Wir untersuchen die Verbrennung des zukünftigen Energieträgers Wasserstoff mit Sauerstoff zu Wasser, wobei wir Rhodium-Partikel als Katalysatoren einsetzen", sagt Prof. Günther Rupprechter vom Institut für Materialchemie der TU Wien. Ganz unterschiedliche Parameter spielen dabei eine Rolle: Wie groß sind die Rhodium-Partikel? Auf welchen Träger werden sie aufgebracht? Bei welcher Temperatur und bei welchem Umgebungsdruck finden die Reaktionen statt?
"Der Katalysator aus Rhodium-Partikeln verhält sich aber nicht als einheitliches Objekt, das man mit einigen wenigen Parametern beschreiben kann, wie man das bisher oft versucht hat", erklärt Günther Rupprechter. "Es zeigt sich, dass das chemische Verhalten lokal stark variiert. Eine bestimmte Stelle auf einem bestimmten Rhodium-Partikel ist jetzt vielleicht gerade katalytisch aktiv – eine benachbarte Stelle, nur wenige Mikrometer daneben, aber nicht. Und einige Minuten später hat sich die Situation vielleicht wieder völlig geändert."
Verschiedene Katalysator-Konfigurationen verglichen
Es wurden Untersuchungen an verschiedenen Katalysator-Konfigurationen mit korrelativer Photoemissions-Elektronenmikroskopie (PEEM) und Raster-Photoemissions-Elektronenmikroskopie (SPEM) durchgeführt. Der Erstautor der veröffentlichten Studie, Dr. Philipp Winkler, stellte dazu eine besondere Katalysator-Probe her, bestehend aus neun verschiedenen Einzelkatalysatoren mit unterschiedlich großen Rhodium-Partikeln und verschiedenen Trägermaterialien (Rh, Au und ZrO2). In einem speziellen Versuchsaufbau konnten dadurch alle Katalysatoren gleichzeitig im selben Experiment beobachtet und verglichen werden.
"Mit unseren Mikroskopen können wir für jeden Punkt der Probe feststellen, ob der Katalysator an dieser Stelle gerade aktiv ist, welche chemische Zusammensetzung und welche elektronischen Eigenschaften er hat", sagt Philipp Winkler. "Mit herkömmlichen Methoden wird üblicherweise nur ein Mittelwert der ganzen Probe gemessen, aber wie wir zeigen konnten, reicht das eben bei Weitem nicht aus."
Übergänge zwischen Trägermaterial und Katalysator
Die chemische Analyse auf mikroskopischer Skala zeigte, dass die Katalysatorzusammensetzung lokal noch mehr variieren kann als bisher gedacht: selbst innerhalb der Metallpartikel gibt es starke Unterschiede. "Atome des Trägermaterials können auf die Partikel wandern oder sogar in sie eindringen", sagt Günther Rupprechter. "Es gibt dann teilweise keine scharfe Trennlinie mehr, sondern kontinuierliche Übergänge zwischen Katalysator-Partikel und Träger. Es ist wichtig, das zu berücksichtigen – denn dadurch ändert sich auch die chemische Aktivität."
Im nächsten Schritt wird das Team die gewonnenen Erkenntnisse und die erfolgreiche Methodik weiter anwenden, um noch komplexere katalytische Prozesse mikroskopisch zu untersuchen mit dem Ziel, sie genau erklären zu können. Solche Erkenntnisse können für die Weiterentwicklung von Katalysatoren und bei der Suche nach Katalysatoren mit optimaler Effizienz von Nutzen sein.
Publikation
Philipp Winkler, Maximilian Raab, Johannes Zeininger, Lea M. Rois, Yuri Suchorski, Michael Stöger-Pollach, Matteo Amati, Rahul Parmar, Luca Gregoratti, and Günther Rupprechter: Imaging Interface and Particle Size Effects by In Situ Correlative Microscopy of a Catalytic Reaction, ACS Catal. 2023, 13, 11, 7650–7660; https://doi.org/10.1021/acscatal.3c00060
Quelle: Technische Universität Wien