Chemisches Imaging
Lebensmittel-Analytik mit Raman-Mikroskopie
Mit der Raman-Spektroskopie kann man Moleküle identifizieren. Die Raman-Mikroskopie geht einen Schritt weiter: Indem man an jedem Bildpunkt die spektroskopischen Daten einer Probe aufnimmt, kann man deren Inhaltsstoffe nicht nur bestimmen, sondern auch ihre Verteilung zwei- bzw. dreidimensional bildlich darstellen. Diese zerstörungsfreie Technik eignet sich sehr gut für die Analyse von Lebensmitteln.
Der Raman-Effekt ist allerdings ein sehr schwacher Effekt; nur eines von einer Million der auf die Probe auftreffenden Photonen wird Raman-gestreut. Deshalb musste man früher für ein Spektrum oft minutenlang an einem Messpunkt integrieren. Das ist kein Problem, wenn man nur ein Spektrum aufnehmen will. Diese Methode war aber wenig attraktiv für die Generierung von Bildern mit Tausenden von Probenpunkten respektive Spektren. Lange Zeit war Raman-Mikroskopie deshalb nur für Spezialisten interessant. Das hat sich mit der Entwicklung leistungsfähiger konfokaler Raman-Mikroskope geändert [3]. Konfokalität ist eine der wichtigsten Maßnahmen, um Streulicht von außerhalb der Fokusebene auszublenden und somit das Verhältnis von Raman-Signal zu Untergrund zu erhöhen. Aber auch die Frequenz des verwendeten Lasers, die Konfiguration des Spektrometers und eine sehr leistungsfähige CCD-Kamera sind von entscheidender Bedeutung, um höchsten Lichtdurchsatz zu erreichen und damit kontrastreiche und aussagefähige Bilder zu generieren. Die modular aufgebauten Mikroskopsysteme von Witec können mit verschiedenen Laserwellenlängen arbeiten, die Optiken und Spektrometer sind für maximalen Lichtdurchsatz an den jeweiligen Laser angepasst. Damit benötigt man heute nur wenige Millisekunden für die Aufnahme des Spektrums eines Proben- bzw. Bildpunkts, für ein 100 mal 100 Pixel großes Bild also nicht einmal eine Minute.
Themen im Artikel
Raman-Spektroskopie wird in der Analytik von Lebensmitteln gerne verwendet, um deren Komponenten wie Fette und Proteine nachzuweisen [4, 5, 6]. Die Raman-Mikroskopie ist aber in diesem Bereich noch fast unbekannt, obwohl es viele Einsatzmöglichkeiten gäbe. Bisher hat man mit dieser Methode beispielsweise Melamin in Milchpulver nachgewiesen [7] sowie die Verteilung der Inhaltsstoffe in Käse [8], Emulsionen [9], gefrorenem Brotteig [10], Mayonnaise [11] und Schokolade [12] bildlich dargestellt.
Beispiel Schokolade
Mit zunehmendem Alter bilden sich auf Schokolade ein weißer, aus Fett bestehender Film sowie Poren auf der Oberfläche. Das ist ein größeres Problem für die Hersteller, weil solche Produkte nicht appetitlich aussehen und somit unverkäuflich sind. Schokolade besteht im Wesentlichen aus Fett (Kakaobutter), Wasser, Saccharose und Zusätzen. Mit Raman-Mikroskopie kann man die Verteilung dieser Substanzen visualisieren (Bild 1). Im Rahmen des EU-Projekts Propraline wurde mit konfokaler Raman-Mikroskopie und Raman-Tiefenscans entlang der z-Achse von Schokoladenproben gezeigt, dass an der Oberfläche sichtbare Aufwölbungen mehrere Mikrometer tief in die Schokolade hineinreichen und meistens aus Fett bestehen, während ebenfalls sichtbare Poren nur Luft enthalten [12] . Anscheinend fließt mit zunehmendem Alter der Schokolade deren Fett von der Matrix über Kanäle nach außen und hinterlässt die leeren Poren. Hier bietet sich ein Ansatz für weitere Entwicklung.
Beispiel Emulsionen
Die Mikrostruktur von Salatdressings, Mayonnaisen oder fettigen Aufstrichen wie Margarine trägt wesentlich zu deren sensorischen Eigenschaften und der Streichfähigkeit bei. Raman-Mikroskopie ist eine geeignete Methode, um die Strukturen solcher flüssigen und festen Emulsionen mit Raman-Mikroskopie zu analysieren. In Bild 2 ist die Untersuchung einer in der Lebensmittelproduktion verwendeten Emulsion dargestellt, die eine Fettphase, Wasser und den Emulgator Polyglycerin-Polyricinoleat (PGPR) enthält. PGPR ist als Lebensmittelzusatz E 476 zugelassen und wird für Aufstriche und Soßen verwendet. Das Bild zeigt, dass die Probe eine Wasser-in-Öl-Emulsion ist und dass eine Fettphase die vom Emulgator umschlossenen Wassertröpfchen löst, während ein zweites Fett eher kristallin vorliegt. Van Dalen et al. zeigten in einer sehr schönen Studie an verschiedenen fettigen Aufstrichen, wie sich Veränderungen im Herstellungsprozess auf die Verteilung der Inhaltsstoffe auswirken [9].
Der Topografie nachfahren
Viele Proben sind an der Oberfläche nicht völlig glatt, sondern rau oder uneben. Um auch von solchen Oberflächen scharfe konfokale Raman-Bilder zu erhalten, hat Witec mit Truesurface™ ein optisches Profilometer entwickelt. Es hält den gewählten Abstand zwischen Objektiv und jedem Probenpunkt während der gesamten Messung konstant. Das Ergebnis ist ein scharfes Raman-Bild, das die Oberfläche dreidimensional zeigt (Bild 3). Hier wurde ein Zuckerriegel mikroskopiert, bei dem der Markenname eingeprägt ist. Man sieht, dass selbst am tiefsten Punkt der Einprägung die in dem Riegel enthaltenen Substanzen gemessen, identifiziert und abgebildet werden können.
Fazit
Die konfokale Raman-Mikroskopie ist eine leistungsfähige Methode für die chemische Analyse von Lebensmitteln. Über die Darstellung der Verteilung der Inhaltsstoffe lassen sich interessante Rückschlüsse für die Herstellung und Qualitätskontrolle ziehen.
AUTOREN
Dr. Karin Hollricher, Dr. Thomas Dieing, Dr. Wolfram Ibach, Dr. Olaf Hollricher
Witec GmbH, Ulm
www.witec.de
Referenzen