HPLC-MS/MS-Analyse von Jasmonaten
Signalstoffe der pflanzlichen Abwehr
Pflanzen müssen auf klimatische Schwankungen, Tagesrhythmus, Wasser- und Nährstoffangebot und Insektenbefall reagieren können. Dazu benötigen sie ein Netzwerk regulierender Stoffe, die Phytohormone. Diese ermöglichen der Pflanze, durch fein aufeinander abgestimmte Aktionen sowohl auf biotischen als auch abiotischen Stress zu reagieren, aber auch entwicklungsspezifische Prozesse einzuleiten. In diesem Beitrag stellen wir eine hochempfindliche Analysenmethode zur quantitativen Bestimmung von Phytohormonen vor. Wesentliche Vertreter der pflanzlichen Hormone sind Jasmonsäure (JA), Cytokine, Auxine, Abscisinsäure, Salicylsäure, Gibberelline sowie Strigolactone.
Das Phytohormon JA spielt unter anderem als Wundsignal bei der Abwehr von Fraßinsekten eine zentrale Rolle. Fressende oder saugende Insekten (Bild 1) induzieren im Blatt die Aktivierung der JA-Biosynthese und damit die Akkumulation von JA. Alle JA-Derivate, die durch Methylierung, Glucosylierung, Hydroxylierung oder Veresterung mit Aminosäuren entstehen, werden unter dem Begriff Jasmonate zusammengefasst. Dabei kommt dem mit der Aminosäure Isoleucin veresterten Derivat, Jasmonyl-Isoleucin (JA-Ile), eine besondere Rolle zu. JA-Ile stellt die biologisch aktive Form des Phytohormons dar [1]. Es löst eine Vielzahl von Abwehrreaktionen aus, wie die Produktion lokal toxischer oder verdauungsinhibierende Substanzen. So können Pflanzen nach Insektenfraß Proteinase-Inhibitoren synthetisieren, die im Darm der Insekten die Verdauung des aufgenommenen Pflanzenmaterials stören [1]. Auch volatile Stoffe wie z.B. Methyljasmonat werden freigesetzt, die Predatoren (Fraßfeinde, räuberische Insekten) der Pflanzenschädlinge anlocken [2]. Außerdem können die nicht-befallenen Pflanzenteile einer betroffenen Pflanze durch Jasmonate als mobilem Signal in einen Alarmzustand mit erhöhter Abwehrbereitschaft versetzt werden [3].
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Aus der Sicht der Pflanze ist es wichtig, den Abwehrzustand zeitlich eng begrenzt zu halten, da dieser energieintensive Prozess das Wachstum und die Anpassungsfähigkeit gegenüber anderen Stressbedingungen verringert. Die Regulation der lokalen Anreicherung von JA und des biologisch aktiven Signalmoleküls JA-Ile erfordert eine strikte Kontrolle der Neusynthese, des Transports und des Abbaus dieser Stoffe. Die Charakterisierung der Substrate und Abbauprodukte des JA-Metabolismus und ihre Quantifizierung im verwundeten, gestressten oder befallenen pflanzlichen Gewebe stehen daher im Fokus aktueller Forschung.
HPLC-MS/MS-Analytik
Für die Untersuchung der Wundreaktion ist eine äußerst sensitive Analytik erforderlich, da die Phytohormone im Pflanzengewebe nur in sehr geringen Konzentrationen vorliegen (<10 nmol/g Frischgewicht). Außerdem stellt die pflanzliche Matrix ein höchst komplexes Stoffgemisch dar, das die Detektion und Quantifizierung von wenig abundanten Analyten erschwert. Für diese anspruchsvolle analytische Aufgabenstellung eignet sich die mit Massenspektrometrie gekoppelte Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie (HPLC-MS). Durch die Chromatographie werden die chemischen Verbindungen des Blattextraktes entsprechend ihrer chemischen Struktur über eine Trennsäule zeitlich aufgetrennt. Bei der hier verwendeten Umkehrphasenchromatographie werden die Substanzen durch hydrophobe Wechselwirkungen an der stationären Phase gebunden und mit Hilfe eines ansteigenden Gradienten organischen Lösungsmittels von der Säule eluiert. Anschließend erfolgt die Detektion der eluierten Verbindungen mittels Massenspektrometrie.
Zur Identifizierung einer chemischen Verbindung dient zum einen die spezifische Retentionszeit, zu der ein Stoff von der Trennsäule eluiert, und zum anderen sein durch das Massenspektrometer erfasstes Masse/Ladungsverhältnis (m/z-Wert). Bei dem hier verwendeten Tandem-Massenspektrometer, welches im Multiple-Reaction-Monitoring-Modus (MRM) eingesetzt wird, dient der m/z-Wert des intakten deprotonierten Moleküls ([M-H]-) in Verbindung mit dem m/z-Wert eines spezifischen Bruchstückes dieses Ions der eindeutigen Identifizierung der chemischen Verbindung.
Bei HPLC-MS-Anwendungen ist die Verwendung hochreiner Laufmittel (LC-MS Grade) bzw. die Verwendung von Reinstwasser essentiell, da die Sensitivität und die Verlässlichkeit der Methode maßgeblich von der Reinheit der Laufmittel abhängig ist.
Quantifizierung von Jasmonaten und Vorstufen
Das schockgefrorene Probenmaterial wird mit einem Zweiphasen-Extraktionssystem, basierend auf einem Gemisch aus tert-Butylmethylether, Methanol und Wasser, extrahiert [4]. Zur Quantifizierung werden entsprechende deuterierte Phytohormonstandards in definierten Mengen zugegeben. Die organische Phase wird nach der Extraktion zur Analyse verwendet. Diese wird an einem HPLC/nanoESI-MS/MS-System, bestehend aus einem Agilent-1100-HPLC-System (Agilent, Waldbronn, Deutsch- land) gekoppelt an ein Applied Biosystems-3200-Hybrid Triplequadrupol/Lineare Ionenfallen-Massenspektrometer (MDS Sciex, Ontario, Kanada) durchgeführt [5]. Die Nano-elektrospray-(nanoESI-)Ionisation wird dabei durch eine Chip-basierte Ionenquelle (TriVersa NanoMate; Advion BioSciences, Ithaca, NY, USA) gewährleistet (Bild 2).
Die Umkehrphasen-HPLC-Trennung erfolgt unter Einsatz einer C18-Säule (EC 50/2 Nucleodure C18 gravity 1,8 µm; 50 x 2,1 mm, Partikelgröße 1,8 µm; Macherey und Nagel, Düren, Deutschland) und Verwendung eines binären Lösungsmittelgradienten aus Aceto-nitril (Fisher Scientific, Leics, UK) und Reinstwasser des arium pro VF TOC-Systems (Sartorius, Göttingen, Deutschland), jeweils versetzt mit 0,1 % Essigsäure. Die Phytohormonspezies werden im negativen Elektrospray-Ionisations-Modus mittels Multiple-Reaction-Monitoring detektiert. Zur Quantifizierung werden Kalibrierungskurven auf der Basis der Intensitätsverhältnisse der m/z-Werte der unmarkierten Substanzen zu den entsprechenden Deuterium-markierten Substanzen vs. der molaren Mengen der unmarkierten Substanzen erstellt.
Herstellung von Reinstwasser
Das arium pro VF TOC System (Sartorius, Göttingen, Deutschland, Bild 3) wurde zur Herstellung von Reinstwasser für die HPLC/nanoESI-MS/MS-Analytik eingesetzt. Es entfernt aus vorbehandeltem Trinkwasser noch vorhandene Verunreinigungen.
Die Reinstwasserproduktion erfordert eine kontinuierliche Rezirkulation des Wassers im System sowie einen konstanten Wasserfluss, was durch ein Pumpensystem mit einer Druckregelung erreicht wird. Die Leitfähigkeit des Wassers wird sowohl am Speisewasser-Einlass als auch im Produktwasser am Wasser-Auslass gemessen. Der TOC-Gehalt (Total Organic Carbon = gesamter organisch gebundener Kohlenstoff) wird durch einen speziellen TOC-Monitor überwacht.
Das bei den hier dargestellten Untersuchungen verwendete arium pro VF TOC arbeitet mit zwei unterschiedlichen Kartuschen. Diese sind mit einem speziellen Aktivkohle-Adsorber und Mischbett-Ionenaustauscherharzen gefüllt, die in der Lage sind, hochreines Wasser mit einem TOC-Gehalt von bis <2 ppb zu liefern. Weiterhin ist eine UV-Lampe integriert, die bei den Wellenlängen 185 nm und 254 nm oxidierend und keimtötend wirkt.
Beim arium pro VF TOC System ist außerdem ein Ultrafilter-Modul eingebaut, das als Crossflow-Filter betrieben wird. Die verwendete Ultrafiltrationsmembran hält Kolloide, Mikroorganismen, Endotoxine, sowie RNA und DNA zurück. Ein 0,2-µm-Endfilter ist am Wasserauslass installiert und dient der Entfernung von Partikeln und Bakterien aus dem erzeugten Reinstwasser während der Dosierung. Der Prozess der gerätespezifischen Wasseraufbereitung ist in Bild 4 dargestellt.
Für die HPLC/nanoESI-MS/MS-Analytik wurde Reinstwasser mit einem TOC-Gehalt <5 ppb und einer Leitfähigkeit von 18,2 M Ω x cm (kompensiert auf 25 °C) genutzt.
Ergebnisse
Die Wundantwort von Pflanzen wird intensiv an vielen pflanzlichen Spezies, z.B. an Tomate (Lycopersicum esculentum), Tabak (Nicotiana tabacum) und Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana), untersucht. Für unsere Analysen nutzten wir die Modellpflanze Arabidopsis thaliana.
Dazu wurden die Rosetten von Arabidopsis mit einer gezahnten Pinzette über die Mittelrippe des Blattes verwundet (Bild 1B) und 30 min bzw. 120 min nach der Verwundung geerntet. Die Rosetten unverwundeter Pflanzen dienten als Kontrolle.
In die Analyse einbezogen wurden neben JA und dem biologisch aktiven Derivat JA-Ile auch deren Biosynthese-Vorstufen 12-Oxo-Phytodiensäure (OPDA) und 3-Oxo-2-(2-pentenyl)-cyclopentan-1-tetransäure (OPC-4) (Bild 5). Um die Mengen dieser Metabolite im Pflanzengewebe mittels HPLC/nanoESI-MS/MS-Analyse quantitativ zu erfassen, ist es nötig, eine definierte Menge deuterierter Substanzen identischer oder sehr ähnlicher chemischer Struktur (D5-OPDA, D6-JA, D3-JA-Ile) zur Extraktion hinzuzugeben und diese dann als interne Standards zu nutzen. Dafür wurden die Standardsubstanzen vor der Extraktion in Mengen von 30 ng (D5-OPDA) bzw. 10 ng (D6-JA und D3-JA-Ile) zu 200 mg Pflanzenmaterial hinzugefügt.
Die mittels HPLC/nanoESI-MS/MS-Analyse detektierten Signale der Analyten (OPDA, OPC-4, JA, JA-Ile) und der entsprechenden deuterierten Standardsubstanzen sind in Bild 6 als extrahierte Ionenchromatogramme (EIC) dargestellt. In den unverwundeten Kontrollpflanzen waren OPC-4, JA und JA-Ile nicht nachweisbar. Nur die jeweiligen deuterierten Standards und geringe Mengen an OPDA konnten hier detektiert werden (Bild 6A). Im Gegensatz dazu sind in den verwunderten Pflanzen (2 h nach Verwundung) deutliche Signale der endogenen Jasmonate (JA und JA-Ile) sowie weniger starke Signale der Vorstufen OPC-4 und OPDA messbar (Bild 6B).
Die HPLC/nanoESI-MS/MS-Analyse erlaubt durch den Einsatz der jeweiligen deuterierten Standards die exakte Quantifizierung der Jasmonate und ihrer Vorstufen in den Blattextrakten. Da ein Verwundungs-stimulus in Pflanzen innerhalb weniger Minuten wahrgenommen und verarbeitet wird [3], sind in den Rosetten von Arabidopsis bereits 30 min nach Verwundung die JA-Vorstufen (OPDA und OPC-4), JA und JA-Ile stark angereichert (Bild 7). Die Konzentration von JA beträgt in diesem Experiment jetzt 2,2 nmol/g Frischgewicht. JA-Ile ist in Konzentrationen von 0,8 nmol/g Frischgewicht vorhanden. Die Konzentration dieser beiden Jasmonate erhöht sich innerhalb der nächsten 90 min noch geringfügig auf 2,5 bzw. 1,2 nmol/g Frischgewicht. Diesem zeitlichen Verlauf parallel akkumulieren auch die Vorstufen OPDA und OPC-4 (Bild 7). Mit der hier vorgestellten HPLC/nanoESI-MS/MS-Analytik und unter Nutzung von Reinstwasser des Arium pro VF TOC Systems liegt die Nachweisgrenze der Jasmonate und deren Vorstufen im Blattgewebe von Arabidopsis thaliana bei 1 pmol/g Frischgewicht für OPDA und JA-Ile und 15 pmol/g Frischgewicht für OPC-4 und JA.
Diskussion
Die hier beschriebene Methode der HPLC gekoppelten Tandem-Massenspektrometrie erlaubt die quantitative Analyse pflanzlicher Hormone im picomolaren Konzentrationsbereich. Die dafür notwendige hohe Sensitivität und Spezifität der Methode stellt auch besondere Anforderungen an die Qualität der eingesetzten Lösungsmittel.
Während der chromatographischen Trennung ist der jeweils genutzte Gradient der Lösungsmittel für die schrittweise Elution der Analyten von der Säule verantwortlich. In der Quelle des Massenspektrometers werden die Lösungsmittel dann durch einen Gasstrom verdampft und die Analyten als freie Ionen in die Gasphase überführt.
Bei positiver Ionisierung liegen die Analyten idealerweise protoniert ([M+H]+), bei negativer Ionisierung deprotoniert ([M-H]-) vor. Bei der Elektrospray-Ionisierung können allerdings durch Aufnahme von Fremd-ionen (z.B. Na+, NH4+, Cl-, CH3COO-) auch Quasimolekül-Ionen entstehen, die durch das Spannungsfeld ebenfalls in das Massen- spektrometer geleitet werden und am Detektor Signale erzeugen. Es ist deshalb problematisch, wenn sich im Lösungsmittel Ionen als Verunreinigungen befinden, die dann zu einer Vielzahl möglicher Addukte am Analyten führen. Vor allem Natrium-Kationen spielen eine bedeutsame Rolle bei der Adduktbildung. Sie bilden in Konkurrenz zu [M+H]+ bzw. [M-H] - unter anderem [M+Na]+ - oder [M+Na+Essigsäure-2H]- -Adduktionen.
Bei intensiver Adduktbildung ist die Menge an protonierten bzw. deprotonierten Ionen (die im Allgemeinen zur Analyse genutzt werden) entsprechend stark reduziert. Damit kann die Adduktbildung die Sensitivität einer Methode erheblich reduzieren und die Nachweisgrenze für Analyten negativ beeinflussen.
Durch längere Aufbewahrung von Wasser auch hoher Reinheit (z.B. LC-MS Grade) in Glasflaschen können sich Natrium-Kationen aus dem Glas lösen, was zu einer steigenden Adduktbildung während der Analyse führt. Dieses Problem konnte durch die Nutzung des arium pro VF TOC Systems vermieden werden, da für die HPLC/nanoESI-MS/MS-Analysen stets frisch aufbereitetes Reinstwasser zur Verfügung stand.
In Vorversuchen wurde außerdem festgestellt, dass arium Reinstwasser mit durchschnittlich 3,82 ppb TOC einen wesentlich geringeren TOC-Gehalt aufwies als Wasser (LC/MS Grade) aus frisch geöffneten Flaschen marktüblicher Anbieter mit durchschnittlich 45,5 ppb TOC (Messungen vom 23.4.2013). Dieser Befund wurde auch durch die Analysen von Tarun et al. [6] bestätigt, die in handelsüblichem Flaschenwasser für die HPLC-Analytik erhöhte Werte an organischen Verunreinigungen, verglichen mit frisch aufbereitetem Reinstwasser, nachwiesen.
Danksagung
Ein besonderer Dank der Autoren gilt Prof. Dr. Ivo Feußner, Sabine Freitag, Pia Meyer und Hanno Resemann (Abteilung Biochemie der Pflanze des Albrecht-von-Haller-Instituts der Georg-August-Universität, Göttingen) für die Unterstützung der Arbeiten.
Autoren:
Dr. Tim Iven
Dr. Kirstin Feußner
Dr. Cornelia Herrfurth
Abteilung Biochemie der Pflanze, Albrecht-von-Haller-Institut, Georg-August-Universität, Göttingen
Dr. Elmar Herbig
Sartorius Lab Instruments GmbH & Co. KG, Göttingen
Literatur
[1] Wasternack C. und Hause B.: Jasmonsäure – ein universelles Pflanzenhormon, Biol. Unserer Zeit, 3/(2014) (44).
[2] Kessler A. und Baldwin I.T.: Defensive Function of Herbivore-Induced Plant Volatile Emissions in Nature. Science 291, 2141 (2001).
[3] Glauser G., Grata E., Dubugnon L., Rudaz S., Farmer E. E. und Wolfender J.-J.: Spatial and Temporal Dynamics of Jasmonate Synthesis and Accumulation in Arabidopsis in Response to Wounding, Journal of Biological Chemistry Volume 283, No. 24, June 13, (2008).
[4] Matyash V., Liebisch G., Kurzchalia T.V., Shevchenko A., Schwudke D.: Lipid extraction by methyl-tert-butyl ether for high-throughput lipidomics. J. Lipid Res. 49: 1137-1146 (2008).
[5] Iven T., König S., Singh S., Braus-Stromeyer S.A., Bischoff M., Tietze L.F., Braus G.H., Lipka V., Feussner I., Dröge-Laser W.: Transcriptional activation and production of tryptophan-derived secondary metabolites in Arabidopsis roots contributes to the defense against the fungal vascular pathogen Verticillium longisporum. Mol Plant. 5(6):1389-1402 (2012) Informationen in den Supplementary Data dieses Artikels.
[6] Tarun M., Monferran C., Devaux C. und Mabic S.: „Vor Gebrauch beachten – Wie wichtig ist Reinstwasser für die HPLC ?“, LaborPraxis LP 7/8, 38.Jhg. August 2014.