Blick in die Technik: Direktverdrängungsprinzip
Liquid-Handling-Prozesse mit geringen Volumina
Das genaue Pipettieren und Dispensieren von kleinen Flüssigkeitsmengen kann schwierig sein, insbesondere bei viskosen Flüssigkeiten oder anderen anspruchsvollen Proben oder Reagenzien. Automatische Liquid-Handling-Systeme, die auf dem Prinzip der Direktverdrängung (engl.: positive displacement) beruhen, haben sich bei Applikationen bewährt, bei denen ein genaues und reproduzierbares Handling von kleinen Flüssigkeitsvolumina erforderlich ist.
Bei der Direktverdrängertechnologie kommt ein Kolben direkt mit der Flüssigkeit in Berührung. Durch die Aufwärtsbewegung des Kolbens wird das Flüssigkeitsvolumen in die Pipettenspitze aspiriert. Beim Dispensieren senkt sich der Kolben und gibt das gewählte Flüssigkeitsvolumen ab. Der direkte Kontakt von Flüssigkeit und Kolben macht ein äußerst präzises Handling von Flüssigkeiten in einem sehr breiten Viskositäts- und Volumenbereich möglich.
Automatisierte Direktverdrängergeräte verwenden eine spezielle Art von Einweg-Pipettenspitzen. Im Unterschied zu Pipettier- und Dispensiergeräten, die nach dem Prinzip der Luftverdrängung (engl.: air displacement) arbeiten, verwendet die Direktverdrängungstechnologie keine Luftpolster. Bei Flüssigkeiten, die sich aufgrund bestimmter physikalischer Eigenschaften beim Pipettieren über Luftverdrängung eben durch das Luftpolster problematisch zeigen, kann mit der Direktverdrängungstechnik das Risiko minimiert werden, dass das aufgenommene Volumen je nach Flüssigkeitsart oder Umgebungsbedingungen variiert (s. hierzu auch Tabelle unten am Ende des Artikels). Hauptvorteile des Direktverdrängerprinzips sind Genauigkeit und Präzision auch bei solchen Flüssigkeiten. Auf dem Prinzip der Luftverdrängung basierende Pipettierverfahren können viele Flüssigkeiten sorgfältig transferieren. Doch Viskosität, Flüchtigkeit, Oberflächenspannung und Temperatur der Lösung können Genauigkeit und Präzision negativ beeinflussen.
Das Prinzip der Direktverdrängung ist effektiv und unabhängig von der Art der Flüssigkeit. Zudem eignet es sich für eine große Bandbreite von Viskositäten. Die verwendeten Pipettenspitzen sind komplexer im Aufbau, da sich innerhalb des Zylinders ein Kolben bewegt, was ein exaktes Pipettieren von Volumina im Sub-Mikroliter- Bereich ermöglicht. Dabei spielt die Art wie auch die Flüchtigkeit der Flüssigkeit, wie z. B. Glycerin oder Ethanol, keine entscheidende Rolle.
Miniaturisierung
Für Labore, die mit miniaturisierten Prozessen arbeiten, ist es entscheidend, mit jeder Art von Flüssigkeit umgehen zu können. Schon kleine Abweichungen vom erwarteten Messwert können hier erhebliche Folgen haben. Automatisierte Direktverdränger-Systeme in Verbindung mit Einweg-Mikropipettenspitzen mindern das Risiko einer Kontamination durch die Umgebung sowie von Probe zu Probe erheblich. Durch die Verwendung von Einwegpipetten kann eine Kreuzkontamination vermieden werden – im Sinne einer hohen Integrität der Daten sowie Zuverlässigkeit der Forschungsergebnisse. Bei Geräten, die auf dem Direktverdrängerprinzip basieren, ermöglicht ein Kolbenmechanismus die mehrfache Abgabe eines definierten Volumens nach vorheriger Aufnahme eines entsprechend großen Volumens. Zudem sind diese Geräte recht robust, da sie nicht auf Drucksysteme oder Ventile angewiesen sind.
In vielen Anwendungsbereichen, unter anderem in den Bereichen Strukturbiologie, Genomik sowie der Arzneimittelentwicklung, wechseln Labore zu automatisierten Lösungen, um ihre Workflows zu miniaturisieren. Dies macht deutliche Kosteneinsparungen bei Reagenzien, eine Steigerung der Geschwindigkeit bei der Durchführung wissenschaftlicher Studien und die Verarbeitung großer Probenmengen möglich. Reduzieren Labore die Volumen in ihren herkömmlichen Verfahrensweisen, so stoßen sie häufig auf zahlreiche Herausforderungen hinsichtlich unterschiedlicher Viskositäten von Flüssigkeiten und Reagenzienarten.
Mit dynamischen und automatisierten Liquid-Handling-Lösungen, die das Pipettieren nach dem Prinzip der Direktverdrängung mit der kontaktlosen Dispensierung von Nanoliter- bis Milliliter-Mengen miteinander vereinen, können bei der Miniaturisierung von Workflows auch Herausforderungen hinsichtlich unterschiedlicher Arten von Flüssigkeiten gemeistert werden.
Zahlreiche Anwendungen
Die Skalierbarkeit kann in Laboren zu einem entscheidenden Kostenfaktor werden, wenn die Anzahl an täglich zu verarbeitenden Proben steigt. Das Prinzip der Direktverdrängung gewinnt hier steigende Bedeutung. Zunehmend sind All-in-one-Lösungen gefragt, die eine flexible Miniaturisierung mit Hilfe der Verdränger-Technologie für Pipettier- und Dispensiervorgänge ermöglichen und sich für spezifische Liquid-Handling-Anforderungen in bestimmten Workflows wie z. B. NGS (Next Generation Sequencing) in der Genomik, Prozesse für die Arzneimittelentwicklung, wo hoher Durchsatz gefragt ist, sowie Crystal Screening in der Strukturbiologie eignen.
AUTOR
Joby Jenkins
SPT Labtech, UK-Melbourn
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