Lebensmittelforschung

Ambivalenz einer Süßstoffmixtur – Geheimnis geklärt

Seit mehr als 60 Jahren ist bekannt, dass sich der unangenehme bittere Beigeschmack der Süßstoffe Saccharin und Cyclamat vermindert und sich ihre Süßkraft erhöht, wenn man sie nicht einzeln nutzt, sondern miteinander kombiniert. Warum dies so ist, war bislang nur wenig erforscht. In der Fachzeitschrift Cell Chemical Biology veröffentlichte ein Wissenschaftlerteam um Maik Behrens und Wolfgang Meyerhof vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE) nun erstmals den Mechanismus, der diesem Phänomen zu Grunde liegt und lüftet somit das Geschmacksgeheimnis der Mixtur.

Süßstoff: Saccharin (Bild: DIfE)

Wie die Forscher mit Hilfe eines von ihnen entwickelten zellulären Testsystems zeigen, liegt das Geheimnis in der Ambivalenz der Süßstoffe, denn sie sind paradoxerweise Süßstoff, Bitterstoff und Bitterblocker zugleich. Beide Süßstoffe aktivieren nicht nur den Süßrezeptor, weswegen sie vornehmlich süß schmecken, sondern auch einige der 25 Bitterrezeptoren, was für ihren bitteren Beigeschmack verantwortlich ist. Dabei blockiert Cyclamat die Bitterrezeptoren, die von Saccharin stimuliert werden und umgekehrt hemmt Saccharin den von Cyclamat aktivierten Bitterrezeptor. „In der Folge schmeckt das Gemisch deutlich weniger bitter und wird hierdurch vermutlich auch als süßer empfunden“, erklärt Studienleiter und Erstautor Behrens. „Überraschender Weise konnten wir nicht beobachten, dass im Vergleich zu den Einzelsubstanzen die Kombination der Süßstoffe zu einer gesteigerten Aktivität des Süßrezeptors führt“, ergänzt Meyerhof, der am DIfE die Abteilung Molekulare Genetik leitet.

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Erkenntnis für die Zukunft
Unabhängig von dem gelüfteten Geschmacksgeheimnis der Süßstoffmixtur ist nach Aussage der Forscher eine wesentliche Studienerkenntnis, dass Bitterstoffe – zu denen auch einige Süßstoffe zählen –, zugleich auch Bitterblocker sein könnten. „Es wäre daher denkbar, dass man zukünftig Bitterstoffe sogar gezielt als Bitterblocker einsetzt, um zum Beispiel den Geschmack von Süßstoffgemischen zu optimieren oder um den Bittergeschmack von Medikamenten zu maskieren. Leider sind Substanzen sehr rar, die reine Bitterblocker sind“, sagt Behrens. Voraussetzung für einen gezielten Einsatz von Bitterstoffen als Bitterblocker wäre jedoch, ihr genaues Wirkspektrum zu kennen. Das heißt, man müsste genau wissen, welche Rezeptortypen sie aktivieren bzw. hemmen. „Dass sich dies mit Hilfe von zellulären Testsystemen wie dem unseren prinzipiell ermitteln lässt, belegen unsere Ergebnisse schon heute“, so Meyerhof. „Daher bin ich zuversichtlich, dass sich geschmackliche Fehlnoten in Lebensmitteln oder Medikamenten in Zukunft noch besser vermeiden lassen, als dies heute bereits möglich ist.“

Zucker, Zuckeraustauschstoffe sowie Süßstoffe vermitteln ihren Süßgeschmack nur über einen einzigen Süßrezeptortyp. Demgegenüber stehen beim Menschen 25 verschiedene Bitterrezeptortypen, von denen einige auch durch Süßstoffe aktiviert werden. So konnten die Wissenschaftler um Meyerhof bereits vor einigen Jahren zeigen, dass Saccharin in höheren Konzentrationen seine bittere Fehlnote hauptsächlich über die Bitterrezeptoren TAS2R31 und -R43 vermittelt, wohingegen Cyclamat in hoher Dosis den Bitterrezeptor TAS2R1 stimuliert.

Studie:
Maik Behrens, Kristina Blank, and Wolfgang Meyerhof: Blends of non-caloric sweeteners saccharin and cyclamate show reduced off-taste due to TAS2R bitter receptor inhibition. Cell Chemical Biology (2017); http:dx.doi.org/10.1016/j.chembiol.2017.08.004

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