Interview

Probentemperierung beim automatisierten Liquid Handling

Kontrolliertes Heizen und Kühlen ist ein Kernprozess zur Steuerung von biochemischen Reaktionen, die bei der Bearbeitung von biologischen Proben in automatisierten Liquid-Handling-Workflows von großer Bedeutung sind. Bei Inheco wurde eine On-Deck-Temperierlösung für in Mikrotiterplatten befindliche Proben entwickelt, bei der die Wärmeabgabe außerhalb des Decks erfolgt. Günter Tenzler, Geschäftsführer von Inheco Industrial Heating & Cooling, erläutert im Interview Näheres zum Prinzip des Liquid Cooled-Systems.

LABO: Sie haben für Liquid-Handling-Plattformen eine Temperierlösung entwickelt. Was ist das Besondere an dieser Lösung? Und welche Vorteile hat Ihr System in Bezug auf die Proben?

Günter Tenzler. © Inheco

Günter Tenzler: Inheco bietet Heiz- und Kühlsysteme für flüssige Proben in Mikrotiterplatten als Probenträger, in denen biochemischen Reaktionen kontrolliert ablaufen sollen. Um Probentemperaturen von 0 °C bis 105 °C bei einer Umgebungstemperatur von + 15 °C bis + 32 °C zu ermöglichen, wird Peltier-Technologie verwendet. Beim Temperieren unterhalb der Umgebungstemperatur muss Wärme aus dem System an die Umgebung abgeführt werden, dies geschieht mithilfe eines Flüssigkeitskreislaufs bestehend aus Schlauchsystem, Pumpe und Reservoir sowie angepassten Wärmeübertragern.

Bei klassischen Temperiergeräten auf Peltierbasis wird die Abwärme über eine Kühlkörper-Lüfter-Kombination direkt an die Umgebungsluft abgegeben. Dieser warme Luftstrom kann im ungünstigen Fall direkt wieder auf die Probe in der Mikrotiterplatte einwirken und dadurch die Temperatur-Homogenität verschlechtern oder auch benachbarte temperatursensible Positionen direkt stören. Auch können Abwärme-Luftströme zu erhöhter Verdunstung der flüssigen Proben führen. Zudem werden moderne Liquid-Handling-Plattformen immer öfter eingehaust, um die Workflows vor störenden oder schwankenden Umgebungseinflüssen zu schützen (Wärmestrahlung, Zugluft, Kontamination etc.). Dadurch wird jede Wärmefreisetzung auf dem Deck zur Herausforderung für die Stabilisierung der Lufttemperatur innerhalb der Einhausung. Die Wärmeabfuhr aus unseren Heiz-, Kühlgeräten sowie Thermoschüttlern über einen geschlossenen und isolierten Flüssigkeitskreislauf vermeidet Störungen durch Abwärme-Luftströme auf dem Deck und bei den Proben und setzt die Abwärme kontrolliert dort frei, wo sie keinen Schaden anrichtet.

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Bei Ihren On-Deck-Heiz- und Kühlsystemen wird die Abwärme außerhalb des Decks abgeführt. Wie kann man sich das vorstellen?

In unseren Heiz-, Kühl- und Schüttelbaugruppen arbeiten Peltier-Systeme wie kleine Wärmepumpen, d. h. den Proben in den Mikrotiterplatten wird Wärme zu- oder abgeführt, je nach dem Verhältnis von Ziel- und Umgebungstemperatur. Will man z. B. bei + 20 °C Umgebungstemperatur eine Zieltemperatur von + 4 °C in den Proben halten, führt das Peltier-System geregelt und kontinuierlich so viel Wärme aus der probengefüllten Mikroplatte ab, wie aus der wärmeren Umgebung nachfließt. Dieser abgeführte Wärmestrom zusammen mit der Verlustleistung der Wärmepumpe ergeben die Abwärme der temperierten Position, die über einen kleinen kompakten Wärmeübertrager in den Flüssigkeitskreislauf eingespeist wird. Hier sorgt eine Pumpe für den Abtransport der Abwärme über ein Schlauchsystem weg vom Deck und aus der Einhausung hinaus. Dort erledigt ein Flüssigkeits-Luft-Wärmeübertrager die effiziente und kontrollierte Wärmeabgabe in die Raumumgebung.

Das On-Deck-CPLC-System von Inheco arbeitet mit einem Flüssigkeitswärmetauscher und gibt die Wärme außerhalb des Decks an die Umgebung ab. © Inheco

Ihre Lösung wird für ein System eingesetzt, das automatisiert „arbeitet“. Inwiefern wurde der Automatisierung bei der Entwicklung Ihrer Temperierlösung Rechnung getragen?

Automatisierte Lösungen sollen ohne Überwachung durch einen menschlichen Bediener präzise und zuverlässig funktionieren. Die genaue Messung und Regelung der Funktionsparameter sind genauso wichtig wie eine robust ausgelegte Lebensdauer aller Teilsysteme. In der aktuellen Lösung überwacht die On-deck- Einheit, z. B. ein flüssigkeitsgekühlter temperierter Schüttler, die Qualität der Funktion des Off-deck-Flüssigkeits-Luft-Wärmeübertragers. Störungen im Flüssigkeitskreislauf, bei den Lüftern oder in der Umgebung, die sich negativ auf den Wärmetransport im Flüssigkeitskreislauf auswirken, werden in der Temperier-Einheit erkannt und ggf. als Störung gemeldet.

Nun zu einem der großen Themen unserer Zeit: Nachhaltigkeit. Gibt es auch Vorteile für eine Energieeinsparung, wenn man eine Liquid-Handling-Plattform, bei der Ihr CPLC (Cold Plate Liquid Cooled)-Gerät genutzt wird, im Ganzen betrachtet? Ich denke da zum Beispiel an die Raumklimatisierung.

Ein wesentlicher Grundsatz bei effizienter und energiesparsamer Kühlung und Entwärmung ist, dass man nur genau das Objekt kühlt, welches man auf einer bestimmten Zieltemperatur halten möchte. Peltier-Technologie ermöglicht punktgenaue Temperierung einer Mikrotiterplatte mit Flüssigkeitsproben, ohne dass ein komplettes Instrument oder alle Komponenten im gesamten Workflow die Zieltemperatur annehmen müssen. Wenn es zudem um Energieeffizienz beim Wärmetransport geht, dann hat Flüssigkeitskühlung wesentliche Vorteile im Vergleich zu Kühlkörper-Lüfter-Systemen, dies wirkt sich direkt auf den Energieverbrauch der Peltiermodule aus. Die Wärmeleitfähigkeit von Wasser ist mehr als 20-mal größer als die von Luft, und Wasser kann, bezogen auf die Masse, viermal mehr Wärme aufnehmen als Luft. Da Wasser auch eine sehr viel höhere Dichte als Luft hat (Faktor > 800) kann man mit sehr viel weniger Wasservolumen sehr viel mehr Abwärme aufnehmen, transportieren und genau definiert in die Umgebung freisetzen. Es ist auch denkbar, dass man in zukünftigen Systemen sämtliche internen Wärmeproduzenten auf einem Liquid-Handling-Deck mit einem angepassten Kühlkreislauf verbindet und diesen direkt mit der Gebäudeklimatisierung verbindet. So wird die Abwärme aus dem automatisierten Workflow nicht in die Raum- sondern direkt in die Gebäudeumgebung abgegeben, was einen weiteren Effizienzgewinn darstellen würde.

© warut/stock.adobe.com

Auch das verwendete Heiz- und Kühlsystem ist ja „betroffen“, wenn die Pipettier-Plattform nicht nur für Forschungszwecke, sondern auch für diagnostische Zwecke eingesetzt wird und damit entsprechenden Regularien unterliegt? Ist Ihre Lösung hier geeignet?

In einem automatisierten Liquid-Handling-System werden mehrere CPLC-Einheiten verbaut; auf jedem befindet sich dann eine Mikrotiterplatte. © Inheco

Alle Produkte der Inheco werden „IVD/FDA-ready“ entwickelt, sie besitzen also die notwendigen Funktionen, um nach der Integration in einen diagnostischen Workflow die notwendigen Überwachungs- und Überprüfungsaufgaben unterstützen zu können. Zudem sind die Entwicklungs- und Produktionsprozesse der Inheco und die zugehörige Dokumentation so aufgesetzt, damit wir Kunden während der IVD/FDA-Zulassung kompetent unterstützen können. Darüber hinaus bietet Inheco Verifikationstools für den Endnutzer und den Vor-Ort-Service für alle seine Produkte an, damit entsprechende Vorgaben für diagnostische Systeme eingehalten werden können.

Vielen Dank für das Interview.

Die Fragen stellte Dr. Barbara Schick.

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