Life Sciences Innovations

Trendbericht zur COMPAMED 2011:

Führende Plattform für Innovationen der Medizintechnik-Zulieferer
Moderne Medizintechnik genießt offenbar eine hohe Wertschätzung bei der Bevölkerung: Bei einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid im Auftrag des Industrieverbandes SPECTARIS gaben rund 80 % der befragten Patienten an, dass sie unter gewissen Umständen bereit wären, höhere Krankenkassenbeiträge für die durchgehende Behandlung mit modernster und innovativer Medizintechnik zu bezahlen. Ungeachtet des bestehenden Kostendrucks insbesondere hinsichtlich des ersten (öffentlichen) Gesundheitsmarktes kann demnach von einem unveränderten Interesse seitens medizinischer Anwender und ihrer Patienten an fortschrittlichen Verfahren für Diagnostik und Therapie ausgegangen werden.

Zulieferunternehmen gebührt in Bezug auf die Entwicklung neuartiger medizintechnischer Geräte, Systeme und Verfahren hierbei eine wichtige Rolle, was jedes Jahr eindrucksvoll Bestätigung findet durch die Fachmesse COMPAMED – High tech solutions for medical technology in Düsseldorf. Als führende Marktplattform der Zulieferer befindet sie sich mit einem Themenspektrum, das von neuen Materialien über Komponenten und Systemen bis hin zu Produktions-Outsourcing und Dienstleistungen reicht, weiter auf Wachstumskurs und findet vom 16. bis 18. November in den Hallen 8a und 8b auf dem Düsseldorfer Messegelände statt parallel zur weltgrößten Medizinmesse MEDICA (16. bis 19. November 2011) statt.

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„Der sehr gute Anmeldeverlauf lässt eine Beteiligung von gut 600 Ausstellern und etwa 10000 Quadratmetern gebuchter Fläche erwarten“, erklärt Joachim Schäfer, Geschäftsführer der Messe Düsseldorf, die gegenüber 2010 noch einmal leicht gestiegenen Buchungszahlen. Treiber für diese positive Entwicklung, die den Aufwärtstrend der Medizintechnikindustrie wiederspiegelt, sind unter anderem eine rasch zunehmende Weltbevölkerung und der demografische Wandel, der zumindest in den Industrieländern zu einer deutlich alternden Gesellschaft führt, aber auch ein allgemein zunehmendes Gesundheitsbewusstsein und größerer Wohlstand in den Schwellenländern.

Gerade vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung gewinnt beispielsweise die regenerative Medizin immer mehr an Bedeutung. Ein Ziel dabei ist die Schaffung künstlicher Haut für Transplantationen oder zum Testen von Kosmetika und Chemikalien. Sie wird derzeit manuell im Labormaßstab hergestellt, die Kultivierung dauert sechs Wochen. Sogar etablierten internationalen Unternehmen gelingt es nicht, mehr als 2000 Hautstücke von je einem Quadratzentimeter Größe pro Monat zu produzieren. Vier Fraunhofer-Institute haben nun die erste voll automatisierte sterile Anlage entwickelt, um Haut schneller und in größeren Mengen zu erzeugen. „Uns ist es zum ersten Mal gelungen, eine durchgehende Prozesskette in einer einzigen Anlage zu realisieren – von der Zellextraktion über die Zellvermehrung bis hin zum dreidimensionalen Gewebeaufbau“, erklärt Professorin Heike Walles, Abteilungsleiterin Zellsysteme am Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik (IGB) in Stuttgart. Die Fabrik soll monatlich etwa 5000 briefmarkengroße Hautmodelle züchten. „Unser großer Vorteil ist, dass wir sowohl einen dermalen und einen epidermalen Teil der Haut, also sowohl Unter- als auch Oberhaut, nachbilden können“, so Walles. Doch das ist erst der Anfang: Die Technologie auf Basis von Stammzellen soll in den kommenden Jahren so weiter entwickelt werden, dass sich damit auch andere Gewebe wie z.B. Knorpel automatisch fertigen lassen. Auf lange Sicht haben die Forscher sogar das Ziel, Organe aus dem Labor zu ermöglichen.

Stützgerüste für Zellverbände

Einen Ansatz für die Herstellung von Gewebeimplantaten verfolgt das Fraunhofer-Institut für Lasertechnik (ILT) in Aachen. Forschern des ILT, das sich an der COMPAMED 2011 beteiligt (Halle 8a, Stand F 19), und weiteren Einrichtungen der Fraunhofer-Gesellschaft ist es gelungen, mit einem speziellen Laserverfahren biomimetische Hybridstrukturen zu erzeugen, die als Basis von Stütz- und Implantatstrukturen dienen können. Die Strukturen sind so naturgetreu wie möglich körpereigenem Gewebe nachempfunden. So wurde für Biologen eine wichtige Voraussetzung dafür geschaffen, künftig Gewebeimplantate zu generieren, die eine Zellbesiedlung und ein Einwachsen optimal erfolgen lassen. Dazu haben die Wissenschaftler das Verfahren des Rapid Prototyping auf körpereigene Materialien übertragen. Sie kombinieren organische Substanzen mit Polymeren und erzeugen dreidimensionale Strukturen. Als Basis dienen gelöste Proteine und Polymere, die gezielt mit Laserlicht bestrahlt und durch photolytische Wirkungen vernetzt werden. Zum Einsatz kommen spezielle Laseranlagen, die mit ultrakurzen Laserpulsen Prozesse auslösen, die zu einer Polymerisierung im Volumen führen. „Wir können auf diese Weise Stützgerüste für Zellverbände mit einer Auflösung von etwa einem Mikrometer direkt aus gelösten Proteinen und Polymeren exakt nach unserem Bauplan erzeugen“, betont Sascha Engelhardt, Projektleiter am ILT.

„Dauerbrenner“ bei der COMPAMED sind sowohl biokompatible Materialien als auch Nanotechnik, die im Medizinbereich immer mehr an Bedeutung gewinnt. Eine besonders gelungene Kombination aus beiden Gebieten haben Materialwissenschaftler der Universität Jena entwickelt. Für ein Biomaterial im Körper ist entscheidend, dass es nicht abgestoßen wird und optimal funktioniert. Wichtig für die Akzeptanz ist dabei, wie sich körpereigene Proteine an Implantat-Oberflächen anlagern. Diese menschlichen Eiweiße schmieren darüber hinaus beispielsweise die natürlichen Knie- oder Hüftgelenke, indem sie auf dem Knorpel eine Proteinschicht bilden. Proteine werden aber auch in künstlichen Gelenken eingesetzt, um dort die Reibung und die dadurch entstehende Schädigung des Materials zu reduzieren. Bisher war jedoch weitgehend unbekannt, wie man am besten solche Proteine auf künstliche Materialien aufbringt und wie deren Oberfläche dafür am besten beschaffen sein muss. Ultra-hochmolekulares Polyethylen (UHMWPE) dient als Verschleißpartner in den künstlichen Gelenken, die meist aus metallischen oder keramischen Komponenten bestehen. Dr. Thomas F. Keller vom Lehrstuhl für Materialwissenschaft des Instituts für Materialwissenschaft und Werkstofftechnologie (IMT) hat herausgefunden, dass sich Proteine, die selbst einige 10 nm groß sind, bevorzugt an nanokristalline Lamellen des UHMWPE anlagern. „Die Fähigkeit des UHMWPE, durch eine Nanostrukturierung Proteine gerichtet anzuordnen, kann für die Reibeigenschaften in neuen Gelenken wichtig sein“, sagt Dr. Keller. Denn Gelenke, wie das Knie oder die Hüfte, werden durch das eigene Körpergewicht oft einseitig belastet. „Und die Gelenke erzeugen während des Ganges eine zwar komplexe, aber im Wesentlichen unidirektionale Verschleißspur“, erläutert der Wissenschaftler. „Die neuen Erkenntnisse sollen am Lehrstuhl für Materialwissenschaft in Jena nun auch auf andere Implantatoberflächen mit Kontakt zur biologischen Umgebung, sogenannte „Biointerfaces“, übertragen werden“, so Lehrstuhlinhaber Prof. Dr. Klaus D. Jandt. „Durch molekulares Design auf der Nanoskala wollen wir weitere biologische Funktionen optimieren.“ Dabei denkt Jandt nicht nur daran, den Verschleiß künstlicher Gelenke zu minimieren, sondern auch an ein optimiertes Einwachsverhalten von Implantaten.

Nanotechnologie in Form winziger magnetischer Partikel spielt auch eine Hauptrolle bei einem neuen Verfahren der medizinischen Bildgebung. Das so genannte Magnetic Particle Imaging (MPI) wurde von Philips (Aussteller der MEDICA 2011) entwickelt und nutzt die magnetischen Eigenschaften von Eisenoxid-Nanopartikeln, auch Tracer genannt. Die winzigen Magneten werden zur Bildgebung in die Blutbahn injiziert. Ein MPI-System erkennt diese räumlich und quantitativ und kann so ein dreidimensionales Bild ihrer lokalen Konzentration auch im Verlauf von physiologischen Prozessen erstellen. Diese Art der Wiedergabe hat sich bereits in vorklinischen Untersuchungen bei der Aufnahme präziser Echtzeit-3D-Bilder von Blutfluss und Herzbewegung bewährt. Nun soll ein Konsortium mit Unterstützung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und Gesamtmitteln von 20,3 Millionen Euro die Geräte- und Tracerforschung voranbringen. „Ein wichtiges Ziel besteht darin, die Partikel in Größe und Form zu verbessern, weil die Qualität der Bilder auch davon abhängt. Zudem wollen wir die Ausbeute der „guten“ Teilchen auf 30 bis 60 % erhöhen“, erklärt Dr. Jörn Borgert, der für Philips den Forschungsverbund koordiniert. Vorteile der neuen Methode sind umfassendere und kürzere Untersuchungen mit verbesserter Aussagekraft ebenso wie der Verzicht auf Röntgenstrahlung oder radioaktive Materialien.

Fokus auf Präzision und Qualitätssicherung

Der Produktmarkt „High-Tech for Medical Devices“ in Halle 8a, der vom IVAM Fachverband für Mikrotechnik organisert wird, ist ein fester Bestandteil der COMPAMED. In diesem Jahr setzt er mit mehr als 30 Ausstellern vor allem den Fokus auf das Thema Präzision und Qualitätssicherung. So ist die 2E Mechatronic GmbH & Co. KG (Kirchheim unter Teck), die sich bereits seit 1998 mit der MID-Technologie beschäftigt (MID = Molded Interconnect Devices, also Schaltungsträger in Spritzgusstechnik), inzwischen auch in der Medizintechnik engagiert und nimmt 2011 zum ersten Mal an der COMPAMED teil. Das neueste Produkt aus dem Hause 2E ist ein besonders leistungsstarkes MID LED-Leuchtelement, das mittels Laserdirektstrukturierung (LDS) hergestellt wird. 2E ist es mit diesem Produkt erstmals gelungen ist, das LDS-Verfahren in der Medizintechnik zum Einsatz zu bringen. Nur sechs Monate dauerte die Entwicklungszeit bis zur Serienreife für ein kompaktes LDS-MID-basiertes LED-Leuchtelement, welches den Anwendern unter anderem im Bereich der Dentaltechnik wesentliche Vorteile im Vergleich zur bisherigen Lösung (Hochdrucklampe) bietet. Die Leuchtelemente haben eine bis zu sechsfache Lebensdauer bei gleichzeitig enorm gesteigerter Leuchtkraft und geringerem Energieverbrauch.

In Ergänzung zum Produktmarkt präsentieren IVAM und Messe Düsseldorf auch dieses Jahr wieder das COMPAMED-Forum (Halle 8a), eine hochrangig besetzte Vortrags- und Diskussionsveranstaltung für Medizintechnik-Experten. „Ein Highlight ist unter anderem die Russlandsession am zweiten Messetag“, berichtet Orkide Karasu, Projektleiterin Messen beim IVAM. Ein weiteres, neues Forum zu Zulieferer-Technologien findet in Halle 8b statt und wird von der Fachzeitschrift DeviceMed organisiert und inhaltlich ausgestaltet. „Beide Foren richten sich an hochqualifizierte Spezialisten und führende Experten aus der medizinischen Zulieferindustrie. Sie informieren in ihren Vorträgen über Neues aus den Bereichen Materialien, Produktionstechniken, Nanotechnologie sowie Prozesssteuerung und Global Sourcing“, skizziert Joachim Schäfer, verantwortlicher Geschäftsführer der Messe Düsseldorf, die Themen.

Die COMPAMED 2011 findet vom 16. bis 18. November in Parallelität zur mit 4500 Ausstellern weltgrößten Medizinmesse MEDICA in Düsseldorf statt. Von den 137200 Fachbesuchern der Gesamtveranstaltung interessierten sich im letzten Jahr mehr als 16000 Besucher speziell für das Themenangebot der COMPAMED.

Informationen zur COMPAMED 2011, zu Ausstellern, Innovationen oder auch zum Rahmenprogramm sind online abrufbar unter http://www.compamed.de sowie zur MEDICA 2011 unter http://www.medica.de.

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