Spektroskopie

Matrixeffekte in der LC/MS

Teil 2: Kompensation
Bild 1: Kalibrierfunktion der Standardaddition (optimal, aber praxisfremd: vier Aufstockungen).

Wolfgang Brodacz*)

Matrixeffekte gelten als die Achillesferse der LC/MS und werden durch simultan eluierende Matrixbestandteile verursacht. Während im 1. Teil der Maßnahmen gegen diese gefürchteten Störungen der MS-Ionisationsverfahren die Reduktionsmaßnahmen behandelt wurden, werden hier die Möglichkeiten zu deren Kompensation aufgezeigt.


Matrix-Kalibrierung

Ziel ist es bei der Kalibrierung in der Ionenquelle möglichst ähnliche Bedingungen zu schaffen, wie bei Realproben. D.h. es müssen in gleicher Weise Matrixbestandteile beigefügt werden. Dafür werden die Kalibrierstandards mit Extrakten von Proben hergestellt, welche keine Zielanalyten enthalten dürfen (sog. „Blank“-Matrix). Die Matrixeffekte der Probenbestandteile beeinflussen die Kalibrierstandards jedoch nur dann im exakt gleichen Ausmaß wie bei den Routineproben, wenn die Matrixzusammensetzung gut übereinstimmt und bei allen Proben möglichst konstant bleibt. Daraus ergibt sich, dass dieses Kompensationsverfahren nur bei definierter und gleichbleibender Matrix einsetzbar ist und Matrix-Schwankungen zu Fehlquantifizierungen führen können. Selbst bei z.B. menschlichem Blutserum wird von deutlichen Schwankungen zwischen verschiedenen Individuen berichtet.

Außerdem ist Voraussetzung, dass Blank-Material für jeden Probentyp grundsätzlich verfügbar ist. Letztlich muss es dann nur noch die gleiche Probenvorbereitung wie bei den Realproben durchlaufen (manchmal nur Extraktion oder Proteinfällung, etc.).

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Bei umfangreichen Multimethoden in der Rückstandsanalytik kann die Suche nach Blank-Materialien schon zur unüberwindbaren Hürde werden. Sind jedoch alle Bedingungen erfüllt, ist die Matrix-Kalibrierung eine sehr effiziente und kostengünstige Kompensationsmethode.


Standardaddition

Bei der Methode der Standardaddition wird die Kalibrierfunktion nicht separat mit einer künstlich hergestellten Verdünnungsreihe aus externen Standards erstellt. Vielmehr wird der realen Probe eine definierte Menge des Analyten selbst zugesetzt. Das ist ein Unterschied zur Methode des internen Standards, wo eine dem Analyten ähnliche, aber nicht identische Substanz als Standard zudosiert wird. Nach Messung der Probe alleine erfolgt die Standardaddition. Durch gezielte Zugabe von zumindest zwei definierten unterschiedlichen Analytmengen kann die quantitative Auswirkung von Matrixeffekten bei jeder Probe bestimmt und damit individuell kompensiert werden (Aufstockmethode). Wie in Bild 1 dargestellt, werden mit den MS-Signalen für jede Proben/Analyt-Kombination eigene Kalibrierfunktionen gebildet. Auf der Abszisse werden die Konzentrationen nach den jeweiligen Zusätzen aufgetragen, der Nullwert entspricht dem Messwert der reinen Probe. Durch Extrapolation der erhaltenen Kalibriergerade wird ein Schnittpunkt mit der Abszisse gebildet, an dem die Ausgangskonzentration des Analyten abgelesen werden kann (Umkehrung des negativen Vorzeichens).

Die Standardaddition ist selbst bei nur zweifacher Aufstockung sehr arbeitsintensiv für die Routineanalytik. In Einzelfällen und bei nur wenigen Zielanalyten ist sie eine sehr gut geeignete und relativ kostengünstige Variante der individuellen Kompensation von Matrixeffekten. Für Multimethoden mit weiten Konzentrationsbereichen ist sie zu komplex in der Durchführung, zumal die gängigen Chromatographiedatensysteme sie auch nicht automatisiert unterstützen. Auch sollten die zu erwartenden Konzentrationen jedes Analyten bekannt sein, da die Dotierungen im selben Bereich liegen müssen. Letztlich bedeutet die Aufstockmethode eine Vervielfachung der Analysendurchgänge bei jeder Probe und durch die geringere Anzahl von statistischen Freiheitsgraden auch eine größere Messunsicherheit.


Echo-Peak-Technik

Bei der kurz aufeinander folgenden Injektion von Kalibrierstandards und Probe eluieren die Zielanalyten des Standards und der Probe zeitlich versetzt und gerade nicht überlappend, aber gemeinsam mit den meist breiteren Matrix-Störpeaks (Bild 2). Der erste Peak stammt von der reinen Kalibrierlösung und dient als interner Standard. Damit ist gleichzeitig eine gute Kontrolle über die chromatographischen Bedingungen verbunden. Beabsichtigt ist dieselbe Beeinflussung der Kalibrierstandards durch die Matrix, wie sie die Zielanalyten der Probe erfahren. Dabei setzt man darauf, dass Matrixpeaks durch Überladung meist deutlich breiter ausfallen und beide Peaks überdecken. Beide Injektionen müssen rasch aufeinander erfolgen bzw. der Standard wird nach, und die Probe wird vor einer kurzen Vorsäule dosiert. Das Verfahren ist zwar technisch aufwendiger, aber vergleichsweise günstig und automatisiert durchführbar. Da kleine und vor allem exakte Peakabstände zwischen den Zielanalyten und deren Echos notwendig sind, ist die Echo-Technik anfällig auf Retentionszeit-Schwankungen. Auch sollte die Analytkonzentration des Standards mit derjenigen der Probe vergleichbar sein, denn sehr große Peakunterschiede verhindern die richtige Integration des kleineren sehr nahe eluierenden Peaks. Ungeeignet ist das Verfahren für die Bestimmung von Isomeren mit gleicher Fragmentierung und geringem Retentionsabstand (führt zu Überlappungen mit den Echos).

Für Multimethoden mit sehr vielen Peaks ist die Echo-Technik als kostengünstige Alternative für Screening-Messungen geeignet. Besonders wenn primär auf Grenzwertüberschreitungen geprüft werden soll. Am Beispiel von 70 Pestiziden in vier verschiedenen Lebensmitteln konnte praxisgerecht gezeigt werden, dass bei 70 % der Fälle mit signifikanten Matrixeffekten bessere Ergebnisse erzielt werden konnten [1].


Strukturverwandte interne Standards

Dabei handelt es sich um die klassische interne Standardauswertung durch Zugabe eines sehr ähnlichen „Stellvertreteranalyten“, über den man die Zielanalyten auswertet. Die Substanz, die als interner Standard Verwendung findet, ist eine probenfremde Komponente, die dem Analyten meist chemisch sehr ähnlich, aber nicht mit ihm identisch ist. Sie wird in bekannter Konzentration zu jeder Probe und jedem Standard üblicherweise in immer gleicher Menge hinzugefügt und dient so als relative Bezugsgröße. Die Kalibrierfunktion bezieht sich im Gegensatz zur sog. externen Kalibrierung nicht auf die Kombination von Konzentration versus MS-Signal, sondern auf das Verhältnis der Konzentration des Kalibrierstandards zur Konzentration des internen Standards kombiniert mit dem Verhältnis des MS-Signals vom Kalibrierstandard zum internen Standard. Bei einer Probe wird der Quotient aus dem Signal des Zielanalyten und dem Signal des internen Standards in das Kalibrierdiagramm eingetragen. Dieses liefert das Verhältnis der unbekannten Analytkonzentration zur bekannten (und meist konstanten) internen Standard-Konzentration, woraus sich letztlich die Ergebniskonzentration ergibt (Bild 3).

Bei der interen Standard-Auswertung geht man davon aus, dass der Response des internen Standards und des Analyten durch die Matrix ähnlich beeinflusst werden. Voraussetzung ist allerdings eine sehr hohe Ähnlichkeit von Struktur und Eigenschaften (z.B. Homologe, Stellungsisomere, etc), und der interne Standard muss in der Ionenquelle den Matrixeffekten im selben Ausmaß unterliegen wie der Zielanalyt. Das erfordert eine ziemlich schwierige Suche nach geeigneten Substanzen und deren Verifizierungen unter verschiedenen Matrixeinflüssen. Zusätzlich sollte die Substanz praktisch dasselbe Elutionsvolumen aufweisen wie der Analyt, damit sie gleichzeitig ionisiert werden. Leider eluieren Homologe meist nicht simultan und sind daher oft nicht brauchbar.


Isotopenmarkierte interne Standards

Bild 4 zeigt das Prinzip der Stabilisotopenverdünnungsanalytik (SIVA), die darauf beruht, dass die gelabelten Zielanalyten als interne Standards dieselben physikalisch/chemischen Eigenschaften haben wie die nativen Analogen. Das Verhältnis zwischen nativen und markierten Analyten bleibt daher von der Dotierung der internen Standards bis zur LC/MS konstant, da auch die in der Abbildung übertrieben dargestellten Verluste (z.B. beim Clean up) dieselbe Verteilung aufweisen. Die massenspektrometrische Differenzierung ermöglicht letztlich die Auswertung über dieses Verhältnis.

Als ideale interne Standards zeigen isotopenmarkierte Ziel-analyten in Abhängigkeit vom Markierungsgrad und der Markierungsvariante auch bei der Chromatographie und der Ionisation mehr oder weniger identisches Verhalten im Vergleich zu ihren nativen „Vorbildern“. Voll 13C-markierte interne Standards zeigen praktisch völlig gleiches Verhalten und sind damit z.B. den kostengünstigeren internen Standards mit nur geringem Deuterierungsgrad überlegen. Trotz des höheren sog. Isotopeneffekts bei hohem Deuterierungsgrad sind praktisch alle gelabelten Standards gut bis sehr gut als interne Standards geeignet. Im Idealfall können sie schon vor dem Clean up zugesetzt werden, um auch diesen kritischen Schritt optimal kontrollieren zu können.

Da die beschriebenen Matrixeffekte nur in der Ionenquelle auftreten, ist es oft ausreichend, die kostspieligen isotopenmarkierten Standards kurz vor der HPLC zu dosieren. Die Haltbarkeit von deuterierten Substanzen in wässrigen Lösungen kann durch den möglichen Austausch von Deuterium gegen Wasserstoff beeinträchtigt sein. Bei entsprechender Verfügbarkeit ist die SIVA die technische Ideallösung in der Massenspektrometrie. Meist sind isotopenmarkierte Standards aber nur für einen Teil der Zielanalyten von Multimethoden kommerziell erhältlich. Primäre Nachteile sind aber die hohen Kosten von deuterierten Standards bzw. die sehr hohen Kosten bei vollständiger 13C-Markierung.

Wenn die Verfügbarkeit gegeben ist und die Kosten reduziert werden können, sind voll 13C-markierte Zielanalyten als ideale interne Standards die beste Strategie gegen Matrix-effekte.

In der nächsten Ausgabe lesen Sie, wie diese Einsparung mit einer üblichen HPLC-Ausrüstung in Form der automatisierten „Online-SIVA“ erreicht werden kann.


Literatur

  1. Lutz Alder, S. Lüderitz, K. Lindtner, H.-J. Stan; „The ECHO technique - the more effective way of data evaluation in liquid chromatography-tandem mass spectrometry analysis“, J. of Chromatography A, 1058, 67-79, 2004.

*) AGES Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit, Inst. f. Lebensmittelsicherheit – Kontaminantenanalytik, Linz. E-Mail: wolfgang.brodacz@ages.at

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