pH-Wert und Partikelgrößenverteilung

Die Bedeutung des pH-Werts für die Partikelgrößenbestimmung

Die Autoren beschreiben Einflüsse des pH-Werts auf die Partikelgrößenverteilung und zeigen die Bedeutung einer pH-Wert-Kontrolle beim Nass-Dispergieren auf.

Die Bestimmung der Partikelgröße einer Dispersion ist in vielen Industrie- und Forschungszweigen ein essenzieller Vorgang in der laborativen Analyse.
Die Partikelgröße des untersuchten Materials kann sich je nach Anwendung auf die physikochemischen, biologischen oder sensorischen Eigenschaften des Endprodukts auswirken. Aus diesem Grund ist eine möglichst exakte Bestimmung der Größenverteilung der Primärpartikel unerlässlich. Neben der Evaluation geeigneter Prozessparameter und einer exakten Probennahme ist die korrekte Dispergierung der Probe ein kritischer Faktor für die Genauigkeit der Messung. Insbesondere bei einer Nass-Dispergierung lässt sich dabei der Einfluss der Änderung verschiedener Parameter, wie beispielsweise des pH-Werts, strategisch nutzen, um die Qualität zu steigern.

pH-Wert und Nass-Dispergierung

Für eine ideale Nass-Dispergierung ist das Aufbrechen möglicher Partikelagglomerate durch die Zuführung von chemischer oder physikalischer Energie das Ziel. Im einfachsten Fall kann eine Homogenisierung und De-Agglomeration der Probe bei der Nassanalyse durch die Pumpbewegung der im geschlossenen Flüssigkeitskreislauf befindlichen Suspension oder Emulsion erfolgen. Darüber hinaus sorgen Tenside für ein Herabsetzen der Grenzflächenenergie der fest-flüssigen Phase oder eine Behandlung mit Ultraschall für einen zusätzlichen Energieeintrag, der zu einem sogenannten enddispergierten Zustand der Dispersion führen soll. Die Stabilität einer Nass-Dispersion ist neben der Temperatur insbesondere vom pH-Wert abhängig. Dies bedeutet, die Partikelgrößenverteilung kann bei unterschiedlichen pH-Werten der zu untersuchenden Suspension oder Emulsion durch die Bildung von Agglomeraten mitunter stark schwanken.

Anzeige

Neben der Bildung oder Auflösung von Agglomeraten kann sich der pH-Wert auch auf die Sinkgeschwindigkeit einer Sedimentation oder die Löslichkeit einer Dispersion auswirken. Für den Anwender kann bei unbekannten Proben durchaus die Suche nach einem reproduzierbaren und sinnvollen Ergebnis unendlich erscheinen, weil es gilt, eine Gleichung mit mehreren Unbekannten zu lösen. Angefangen bei der Qualität des Wassers über Wechselwirkungsphänomene bis hin zu den angesprochenen Zerfallsprozessen – die Schritte der Dispergierung müssen in die richtige Richtung angepasst werden. Folglich ist neben einer Kontrolle der Temperatur auch ein Monitoring des pH-Werts ebenso ratsam. Im Vergleich zur messtechnischen Bestimmung des Zeta-Potentials (elektrisches Potential eines bewegten, dissoziierten Partikels einer kolloidalen Dispersion) ist der pH-Wert ein leicht zu bestimmender und weitläufig verwendeter Parameter, der bei Variation das Gleichgewicht zwischen Dissoziation und Adsorption und somit das Zeta-Potential direkt beeinflusst.

Bild 1: Abhängigkeit der Partikelgrößenverteilung vom pH-Wert der Emulsion am Beispiel von Milch. Mit sinkendem pH-Wert erhöht sich der Anteil der agglomerierten Partikel. © FRITSCH

Abhängigkeit der Partikelgrößenverteilung vom pH-Wert einer Emulsion

Ein aus dem Alltag bekanntes Phänomen ist saure Milch. Die Milchsäurebakterien zersetzen dabei allmählich den Milchzucker, und das in der Milch enthaltene Kasein gerinnt. Eine Ausflockung wird sichtbar. Dieser Prozess der Milcheiweißgerinnung kann künstlich durch Herabsetzen des pH-Werts der Milch herbeigeführt werden, indem beispielsweise Zitronensäure beigesetzt wird. Bild 1 zeigt eine eindeutige Abhängigkeit der Partikelgrößenverteilung vom pH-Wert der Emulsion. Dargestellt ist sowohl die Summenkurve Q3(x) in Liniendarstellung als auch die Verteilung der Korngrößenklassen dQ3(x) als Säulendiagramm in Abhängigkeit des Partikeldurchmessers x.

Ausgehend von einem pH-Wert von pH = 7,07 und einer monomodalen Partikelgrößenverteilung mit einem d50-Wert von 0,583 µm (d50: 50 % des gesamten Probevolumens haben einen Partikeldurchmesser kleiner oder gleich diesen Werts) wird durch eine stetige Reduzierung des pH-Werts bis auf pH = 2,53 eine verstärkt auftretende Ausflockung beobachtet, welches sich in der bimodalen Verteilung der Partikelgröße und dem korrespondierenden d50-Wert von 60,435 µm widerspiegelt. Eine möglichst exakte Detektion des pH-Werts ist dabei essenziell, da schon Änderungen im Hundertstel-Bereich eine deutliche Veränderung der Partikelgrößenverteilung zur Folge haben. Ein zusätzliches pH-Wert-Monitoring ist daher für viele weitere proteinbasierte Proben, beispielsweise aus den Bereichen Food und Pharma.

Direkter Zusammenhang von pH-Wert und Dispergierung

Bild 2: Vergleich der Partikelgrößenverteilung vor und nach der Behandlung mit Ultraschall am Beispiel von Schnellzement. Dabei steigt der pH-Wert von pH = 10,99 auf pH = 11,30 an. © FRITSCH

Neben der Überwachung des pH-Werts bei pH-Wert-kritischen Proben oder für die Einhaltung stets gleicher Umgebungsbedingungen im Sinne der Qualitätssicherung kann anhand des pH-Werts auch auf den Grad der nicht-dispergierten, also noch agglomerierten Teilchen geschlossen werden. Beispiel Schnellzement: Bild 2 zeigt die Partikelgrößenverteilung in einer Schnellzement-Probe zum einen direkt nach Zugabe ins Dispergierbad und zum anderen nach 60 s langer Ultraschallbehandlung bei einer Leistung von 50 W, die zum De-Agglomerieren der Partikel eingesetzt wird. Im Zuge der Ultraschallbehandlung wird der d50-Wert von 36,029 µm auf 35,237 µm reduziert.

Im gleichen Zeitraum steigt der pH-Wert von 10,99 auf 11,30 an, was auf einen direkten Zusammenhang der beiden Parameter hindeutet. Es sei darauf hingewiesen, dass neben dem Dissoziationsprozess weitere chemische Umwandlungen stattfinden, die u. a. das Aushärten des Zements initiieren, die Partikelgröße beeinflussen und somit einen Einfluss auf den pH-Wert haben können.

Experimentelles

Bild 3: Laser-Partikelmessgerät „ANALYSETTE 22 NeXT“-Nass-Dispergiereinheit mit pH-Modul. Aufgrund des modularen Aufbaus des Systems kann die Analysette 22-Nass-Dispergiereinheit zur Bestimmung der Partikelgrößenverteilung von Suspensionen und Emulsionen mittels Laserbeugung nach ISO 13320 um ein pH-Modul ergänzt werden. © FRITSCH

Die beschriebenen Messungen wurden mit dem Laser-Partikelmessgerät "ANALYSETTE 22 NeXT" mit pH-Modul von Fritsch durchgeführt (Bild 3). Bei der Entwicklung dieser Lösung wurde der Bedeutung des pH-Werts für eine optimale Dispergierung Rechnung getragen. Durch eine unidirektionale Schnittstelle können dabei die gemessenen Werte von dem pH-Messgerät über einen SOP-Befehl direkt an die Software "MaS control" dieses Partikelmessgeräts übertragen werden. So ist eine exakte Bestimmung des pH-Werts des Probenbads sowohl vor als auch während und nach dem Dispergiervorgang möglich.

Zusammenfassung

Mittels zweier Anwendungsbeispiele ist gezeigt worden, dass nicht nur das klassische Monitoring der Temperatur einer Dispersion, sondern vielmehr eine dezidierte Überwachung und Kontrolle des pH-Werts bei der Partikelgrößenbestimmung für zahlreiche Arten von Proben sehr wichtig sind. Es wurde gezeigt, dass pH-Wert und Partikelgrößenverteilung bei bestimmten Suspensionen und Emulsionen in direkter Korrelation stehen. Darüber hinaus kann bei dispergierten Proben die Beobachtung einer pH-Wert-Veränderung ein Indikator für eine nicht enddispergierte Phase innerhalb des analysierten Probevolumens sein.

AUTOREN
Dr. Dominique Decker,
Anwendungsberater Partikelanalyse
Leos Benes,
Global Laboratory Manager
FRITSCH GmbH, Idar-Oberstein
Tel.: 06784/70-0
info@fritsch.de
www.fritsch.de

Anzeige

Das könnte Sie auch interessieren

Anzeige

Grenzen der Laserbeugung bei der...

Überkornanalyse

Wenige grobe Partikel in einer ansonsten deutlich feineren Probe stellen bei verschiedenen Anwendungen wie z. B. der Herstellung von Tintenstrahldruckpulvern oder Schleifmitteln ein Problem dar. Die Autoren zeigen hier mit Anwendungsbeispielen, wie...

mehr...
Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige