Neuer Line-Probe-Assay
Schneller und gezielter Nachweis von 13 Carbapenemasen
Das gewöhnlich in gramnegativen Bakterien aus der Familie der Enterobacteriaceae vorkommende Enzym NDM-1, das auch ß-Laktam-Antibiotika zerstört, hat vor gut fünf Jahren auch in Europa ein erstes Todesopfer gefordert. Schon seit geraumer Zeit sind multiresistente Erreger eine der zentralen Herausforderungen für das Gesundheitssystem.
Carbapeneme galten lange als letzte Waffe im Kampf gegen diese Infektionen. Zuletzt stieg jedoch auch hier die Zahl der resistenten Bakterienstämme. Vor allem in Krankenhäusern und deren Umfeld war eine zunehmende Verbreitung Carbapenem-hydrolisierender ß-Laktamasen bei Enterobacteriaceae zu beobachten. Die Mortalitätsrate der Betroffenen liegt bei 40 bis 50 Prozent, da zu der Unempfindlichkeit gegen ß-Laktam-Antibiotika häufig eine Ko-Resistenz gegen weitere Antibiotika-Klassen hinzukommt.
Eine schnelle und spezifische Diagnose kann unter Umständen lebensrettend sein und eine weitere Ausbreitung verhindern. Bisherige Tests weisen jedoch nur wenige Carbapenemasen nach. Mit dem Line-Probe-Assay, den AID Diagnostika für den Nachweis von Carbapenemase-Genen entwickelt hat, lässt sich hingegen mit nur einem Test eine Vielzahl häufiger Gene, die für Carbapenemase kodieren, identifizieren.
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Multiresistenz ist ein immer größer werdendes Problem, das seinen Ursprung unter anderem in dem allzu häufigen, nicht indikationsgerechten und oft unnötigen Einsatz von Antibiotika hat. Vor allem Bewohner von Alten- und Pflegeheimen, aber auch Patienten mit Immundefizienz, offenen Wunden, intravasalen Kathetern und Dialyse- oder Beatmungspflicht sind einer kontinuierlichen Ansteckungsgefahr ausgesetzt. Da viele Problemstämme mittlerweile gegen mehrere Antibiotika-Gruppen, selbst gegen die lange Zeit erfolgreich eingesetzten Carbapeneme unempfindlich sind, kommt es immer häufiger zu Therapieversagen, langen Liegezeiten und einer erhöhten Mortalitätsrate. Umso wichtiger ist eine schnelle und zielgerichtete Diagnostik, um adäquate Hygiene- und Therapiemaßnahmen einleiten zu können, so dass eine weitere Ausbreitung der Keime vermieden wird.
Klinisch relevante Unterschiede
Drei molekulare Klassen von Carbapenemasen sind derzeit bekannt: Penicillinasen (Klasse A), Metallo-ß-Laktamasen (Klasse B) und Oxacillinasen (Klasse D). Bei Enterobacteriaceae sind KPC-Enzyme (Klasse A) die derzeit vorherrschenden Carbapenemasen. Zur Klasse A gehören auch die Carbapenemasen IMI/NMC-A und BIC, die beide chromosomal codiert sind. Metallo-ß-Laktamasen (Klasse B) unterscheiden sich biochemisch stark von KPC und schließen die häufig vorkommenden Enzym-Familien IMP, VIM und Neu Delhi Metallo (NDM) ein.
Eine größere Rolle spielen allerdings VIM Carbapenemasen, die sich schnell in Enterobacteriaceae, vor allem in Klebsiella pneumoniae, verbreitet haben. NDM, die wohl am häufigsten publizierten Metallo-ß-Laktamasen, stammen aus Indien und haben sich durch Reisende oder Patienten, die auf dem indischen Subkontinent behandelt worden sind, auch auf Europa, Asien, Nordamerika und Australasien ausgeweitet. Wie bei VIM, findet die Übertragung hauptsächlich durch Plasmid-Transfer statt. Weitere Mitglieder der Klasse B sind AIM, DIM, GIM, SIM und SPM. Zu Klasse D gehört die letzte Carbapenemase bei Enterobacteriaceae, nämlich OXA-48.
Die Kosten für einen Patienten, der mit einem multiresistenten Keim infiziert ist, liegen bei etwa 10 000 Euro pro Fall, da sich die Behandlung sehr schwierig gestaltet. Dies gilt insbesondere für Carbapenemasen. KPC etwa inaktivieren alle ß-Laktame. Aztreonam ist zwar gegenüber IMP, VIM und NDM stabil, diese Enzyme werden allerdings oft von Aztreonam-hydrolisierenden ESBL begleitet. Analog dazu hat OXA-48 zwar keine Wirkung gegenüber Ceftazidim, es ist aber oft zusammen mit Ceftazidim-hydrolisierenden ESBLs zu finden. Die Resistenzraten gegenüber Nicht-ß-Laktamen sind zwar verschieden, aber viele Carbapenemase-Produzenten sind nur gegenüber Colistin, Tigecyclin und/oder Fosfomycin empfindlich. Wegen dieser Unterschiede ist ein differenzierter Nachweis von höchster Bedeutung für Managemententscheidungen.
13 Carbapenemasen in nur fünf Stunden nachweisbar
Konventionelle Nachweismethoden sind allerdings zeitaufwändig und häufig auch unspezifisch beziehungsweise nicht für alle Spezies geeignet. Besonders schwierig ist beispielsweise der gleichzeitige Nachweis von ESBL-Bildnern und AmpC-ß-Laktamasen sowie die Differenzierung klinisch relevanter Carbapenemasen.
Der genotypische Nachweis liefert zwar präzise und sichere Ergebnisse innerhalb kurzer Zeit, mit den bisher verfügbaren kommerziellen Tests waren jedoch nur wenige Carbapenemasen nachweisbar. Deshalb hat die AID Diagnostika GmbH, basierend auf epidemiologischen Analysen und der Häufigkeit des Auftretens, einen Test für die wichtigsten 13 Carbapenemase-Gene entwickelt. Mit dem Kit lassen sich AIM, BIC, DIM, GIM, IMI, IMP, KPC, NDM-1, NMC-A, OXA-48, SIM, SPM und VIM zuverlässig detektieren. Die Testdurchführung und die elektronische Auswertung mit dem AID Scannersystem nimmt von der Probennahme bis zum Ergebnis etwa fünf Stunden in Anspruch. Die Interpretation erfolgt mit Hilfe einer spezifischen Software, die die Ergebnisse einfach und übersichtlich darstellt. So können die verschiedenen Resistenzmechanismen aufgezeigt werden und ein gezielter Antibiotika-Einsatz wird möglich, was einer weiteren Vermehrung der Resistenzen entgegenwirkt.
Erfolgreiche Implementierung in Routinediagnostik
Das Testverfahren von AID beruht auf der Methode der Polymerase-Kettenreaktion (PCR) mit anschließender Hybridisierung. Dabei werden die biotinylierten Amplifikate denaturiert und an die auf dem Nitrocellulose-Streifen aufgebrachten, sequenzspezifischen Gensonden (Oligonukleotide) gebunden. Anschließend gewährleisten verschiedene Waschschritte, dass die Bindung nur erhalten bleibt, wenn die Sequenz der Sonde zu 100 Prozent mit der des Amplifikats komplementär ist. Das Ergebnis wird mit dem AID Scannersystem ausgewertet.
Der Line-Probe-Assay wurde am Institut für Medizinische Mikrobiologie der Universität Zürich erfolgreich auf seine Aussagefähigkeit hin untersucht. Dabei wurde insbesondere der Nutzen zur schnellen Detektion von Carbapenemase-Genen in 151 klinischen Bakterienstämmen ausgewertet. Zuvor wurden diese Stämme phäno- und genotypisch charakterisiert, wobei 113 Stämme, die keine Carbapenemase produzieren, dazu dienten, die Möglichkeit falsch positiver Signale zu evaluieren. Das Ergebnis der Studie belegt die Sensitivität und Spezifizität des Tests, da alle Zuordnungen zu 100 Prozent korrekt waren. Die Handhabung erwies sich als schnell und einfach, zumal keine größeren Investitionen für besondere Geräte notwendig waren.
Auch für Extended Spectrum ß-Laktamase (ESBL-)produzierende Erreger ist ein entsprechendes Test-Kit von AID erhältlich. Es ermöglicht über verschiedene biotinylierte Primer den DNA-Nachweis der ß-Laktamase-Gene CTX-M und KPC sowie der wichtigsten Mutationen der ß-Laktamase-Gene TEM und SHV. Die entsprechenden Bakterien sind resistent gegen Penicilline, Cephalosporine der Generation 1-4 und gegen Monobactame. Betroffen sind hauptsächlich die gram-negativen Enterobakterien Escherichia coli und Klebsiella pneumoniae, die zum Beispiel nosokomiale Harn- und Atemwegsinfektionen bis hin zu Sepsis und Pneumonie verursachen können.
Bettine Kuhnert
E-Mail: pressebuero@gebhardt-seele.de